26. September 2024, 6:37 Uhr | Lesezeit: 4 Minuten
Der Verkaufsraum von Pfunds Molkerei in Dresden sieht aus wie direkt aus einem Märchenbuch gefallen. Das einzigartige Gesamtkunstwerk mit seinen Jugendstil-Elementen ist so atemberaubend, dass das Geschäft vom Guinness-Buch der Rekorde offiziell als schönster Milchladen der Welt geehrt wurde. Und auch seine Geschichte ist spannend, denn sein Gründer war in vielerlei Hinsicht ein Pionier. Heute ist der Ort längst ein kleiner Touristenmagnet in der Stadt an der Elbe.
Die Bautzener Straße 79 in Dresden könnte man vielleicht als eine Art Geheimtipp unter den touristischen Highlights in Sachsens Landeshauptstadt bezeichnen. In der an beeindruckenden Monumenten so reichen Metropole ist es ein eher stiller Ort, der von einer beispiellosen Erfolgsgeschichte erzählt. Besucher dürften sich beim Betreten von Pfunds Molkerei so fühlen, als seien sie direkt in ein modernes Märchenbuch gestolpert. Denn alles in dem Laden ist über und über mit wunderschönen Fließen dekoriert, die Decke, Wände und sogar den Fußboden bedecken. Und auch die Erfolgsgeschichte seiner Gründer ist erstaunlich.
Laut der offiziellen Seite von Pfunds Molkerei begann alles mit einem jungen Mann, der schon früh einen außerordentlichen Geschäftssinn bewies. Paul Pfund, der Gründer des vom Guinness-Buch der Rekorde als schönster Milchladen der Welt geadelte Geschäft, begann auf dem Hof von seinem Vater im Jahr 1863 mit gerade einmal 14 Jahren eine Ausbildung zum Landwirt. Er bewirtschaftete das Gut in Rainholdshain vor den Toren von Dresden so erfolgreich, dass er es seinem Vater bereits 1874 abkaufen konnte. Doch der junge Pfund strebte nach Höherem. Sein Traum: Seine Milchprodukte sollten in der großen Stadt verkauft werden.
Durchschlagender Erfolg
In dieser Zeit war die Industrialisierung in Dresden in vollem Gange, womit der Bedarf an landwirtschaftlichen Produkten rasant wuchs. Jedoch konnten vor allem bei Milch die Hygienestandards oftmals nicht eingehalten werden, weswegen sie leicht verdarb. Als Pfund nun mit seiner Familie 1879 in Dresden ankam, gründete er zunächst in der Waldgasse 1 eine sogenannte Milchkuranstalt, wo Kunden seine Produkte frisch konsumieren konnten. Der Erfolg war so durchschlagend, dass man schon bald in ein größeres Geschäft in der Bautzener Straße umziehen konnte. Damals eine der wichtigsten Verkehrsadern der Stadt, brachte die Lage auch jede Menge neue Kundschaft.
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Die Nachfrage nach Produkten aus Pfunds Molkerei erhöhte sich dementsprechend rasch. Verarbeitete man dort im Gründungsjahr noch 500 Liter Milch, waren es 1985 bereits 40.000 Liter. Pfund konnte eine weitere Filiale sowie eine große Milchtrinkhalle eröffnen, 1887 erfolgte dann der Umzug des Stammgeschäfts an die heutige Adresse in der Bautzener Straße 79. Doch er stand nun vor einem Problem: Mittlerweile wurde mehr Milch produziert als verkauft. Pfund, ganz Businessman, machte sich das Problem zur Tugend und wurde so quasi nebenbei zum ersten deutschen Hersteller von besser haltbarer Kondensmilch. Er entwickelte auch Kindernahrung mit Muttermilchqualität und Milchseifen für empfindliche Haut.
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Pionier-Produkte
Diese Pionier-Produkte ließen den Ruf von Pfunds Molkerei bis ins Ausland dringen, die Geschäfte florierten weiter. Pfund war auch einer der ersten, der die Wichtigkeit erkannte, Milch vor dem Konsum zu pasteurisieren. Im Herbst 1892 eröffnete er dann sein heute weltberühmtes Geschäft. Für die legendäre Innendekoration arbeitet er mit der Firma Villeroy und Boch zusammen, die die Fliesen für sein begehbares Märchenbuch entwarf und lieferte. Hier entdeckt der Besucher vielleicht spielende Kinder, da ein Eichhörnchen, oder sogar eine amerikanische Flagge. Fest steht: Wer den Laden betritt, kommt aus dem Staunen nicht mehr raus.
Das wunderschöne Geschäft überstand die Feuernacht von Dresden 1945 wie durch ein Wunder unbeschadet, doch es folgten unter Sowjetherrschaft dunkle Jahre. 1972 wurden die Besitzer von Pfunds Molkerei enteignet, ihr Besitz ging als Staatseigentum in die „VEB Dresdner Molkerei“ über. 1978 wurde der Betrieb komplett still gelegt. Eine Zerstörung des heute als schönstem Milchladen der Welt anerkannten Geschäfts konnte nur verhindert, werden, weil dieses bereits seit 1966 unter Denkmalschutz stand. Erst mit dem Fall der DDR erlangte die Familie Pfund 1990 ihre Besitzrechte zurück. Sie verkauften jedoch schon bald an einen Dresdner Geschäftsmann, der das Geschäft in der Folge erstmals aufwendig renovieren ließ.
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1999 folgte dann ein ganz besonderer Ritterschlag: Die Ehrung durch das Guinness-Buch der Rekorde als schönster Milchladen der Welt. Noch heute kann man in Pfunds Molkerei nicht nur staunen, sondern auch Milchprodukte aller Art kaufen. Die lokale Käsetheke erhielt 2019 das Prädikat als beste in ganz Deutschland. Das Geschäft hat von Montag-Samstag jeweils von 10-18 Uhr seine Türen geöffnet. Die Produkte kann man auch, ganz modern, über einen eigenen Online-Shop beziehen. Schöner allerdings ist natürlich ein echter Besuch in Dresdens zauberhaftem Jugendstil-Märchenladen.