12. Dezember 2020, 6:40 Uhr | Lesezeit: 3 Minuten
Statt einem normalen Haus wollte ein polnischer Künstler sich gleich ein ganzes Schloss bauen – doch sein Traum war schon bald ausgeträumt. TRAVELBOOK erzählt die unglaubliche Geschichte von Lapalice Castle.
Es gibt Träume, die für einen einzelnen Menschen zu groß scheinen – umso beeindruckender, wenn sie trotzdem Realität werden. Wer von der polnischen Stadt Danzig aus etwa 40 Kilometer in den kleinen Ort Lapalice fährt, kann einen solchen Traum bewundern. Oder besser gesagt, das, was davon heute noch übrig ist.
Der polnische Künstler Piotr Kazimierczak hat eine Vision. Das war Anfang der 80er Jahre. Die Vision kann man als ambitioniert bezeichnen – oder auch einfach nur als größenwahnsinnig. Wie die lokale Nachrichtenseite „Troj Miasto” berichtet, möchte sich Kazimierczak selbst eine Zuhause bauen. Aber nicht einfach ein Haus, sondern gleich ein Schloss. Genug Geld dafür scheint er zu haben, er ist mit dem Verkauf und der Instandhaltung von Kirchenmobiliar reich geworden.
Lapalice Castle wird sechsmal so groß wie erlaubt
1984 fängt er schließlich an zu bauen, errichtet sich ein riesiges Anwesen, aufgeladen mit Symbolik: 365 Fenster, genauso viele wie das Jahr Tage hat, 52 Räume, einen für jede Woche des Jahres. Und dann sind da noch die zwölf Türme, von denen jeder einen Apostel aus der Bibel repräsentieren soll. Ein gigantisches Projekt, das sich schon bald auf etwa 6000 Quadratmetern Fläche ausbreitet. Leider hat Kazimierczak lediglich eine Baugenehmigung für ein Grundstück von 1000 Quadratmetern.
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Kazimierczak kleckert nicht, er klotzt und baut für sein eigenes Schloss auch einen Ballsaal und einen riesigen Swimmingpool. Sieben Jahre arbeitet der Künstler an seinem Zuhause, bis der Bau schließlich abgebrochen wird. Das hat zwei Gründe: Zunächst einmal haben die Behörden bemerkt, dass sich Kazimierczak einfach Land angeeignet hat, das ihm nicht gehört. Und letztlich ist dem Bauherren am Ende schlicht das Geld ausgegangen, um weiter an seinem Traum zu arbeiten.
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Wird der Traum doch noch wahr?
Mehrfach stellte Kazimierczak seitdem Anträge, doch an seinem Schloss weiter bauen zu dürfen, aber bislang wurden sie alle abgelehnt. Und doch wurde das unfertige Gebäude schon allein aufgrund seiner unglaublichen Größe zu einer Touristenattraktion, die jedes Jahr tausende Menschen besuchen. Bei Einheimischen ist der Ort genauso beliebt, um vor der beeindruckenden Kulisse zu picknicken.
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Offiziell gilt das Gelände immer noch als Baugrundstück, weshalb das Betreten verboten ist — jeder, der es dennoch wagt, tut dies auf eigene Gefahr. Sich den ehemaligen Prunkbau von außen anzusehen, ist aber auch schon ein Erlebnis. Im Übrigen gibt es laut „Troj Miasto” nun Hoffnung, dass Schloss Lapalice eines nicht allzu fernen Tages doch noch fertig werden könnte: Demnach habe der Stadtrat zugestimmt, Ideen für eine künftige Nutzung zu entwickeln, und das fast 40 Jahre, nachdem der Traum anfing, Gestalt anzunehmen. Kazimierczak soll bereits Interesse an einer Zusammenarbeit bekundet haben.