30. Januar 2023, 15:41 Uhr | Lesezeit: 5 Minuten
Seit dem Mittelalter spannt sich die beeindruckende Brücke Pont Valentré bei der Stadt Cahors über den Lot-Fluss. Heute ein Unesco-Welterbe, dauerte ihr Bau einst derart lange, dass darum eine düstere Legende geboren wurde. Noch bis heute bringt sie der Stadt jedes Jahr hunderttausende Besucher.
In der französischen Stadt Cahors, im Südwesten des Landes, befindet sich eines der beeindruckendsten Zeugnisse mittelalterlicher Baukunst in ganz Europa. Die Rede ist von der Pont Valentré, einer mächtigen Brücke, die sich mit ihren Bögen wie ein Motiv aus einem Fantasy-Film über den Fluss Lot spannt. Mit ihren drei Wehrtürmen ist sie bereits seit dem Mittelalter das Wahrzeichen der Stadt, gehört heute zum Unesco-Welterbe. Doch der Grund, warum sie jedes Jahr hunderttausende Menschen sehen wollen, dürfte ein anderer sein: Denn hier kann man dem Teufel begegnen.
Natürlich nicht dem wirklichen Leibhaftigen aus der Bibel, aber einem Abbild von ihm. Denn vom zentralen Turm der Pont Valentré blickt eine Teufelsfigur hinab. Beinahe etwas ängstlich aussehend, klammert sie sich an eine Ecke des Turms, und erinnert damit an die Legende um die Entstehung der berühmten Brücke. Denn dem Aberglauben nach soll der Beelzebub persönlich seine Finger bei der Errichtung des monumentalen Bauwerks im Spiel gehabt haben. Doch was steckt wirklich hinter dieser düsteren Geschichte?
Der Pakt mit finsteren Mächten
Es ist das Jahr 1308, als laut der offiziellen Tourismusseite der Region die Stadtväter von Cahors entscheiden, eine festungsartige Brücke zu bauen. Die Stadt war bereits mehrfach geplündert worden, unter anderem von den Barbaren und den Normannen, und so wollte man sich gegen mögliche zukünftige Invasionen wappnen. Zu diesem Zeitpunkt konnte aber wohl niemand ahnen, dass der Bau der Pont Valentré sich gelinde gesagt ziemlich hinziehen würde. Ganze 70 Jahre lang, um genau zu sein. Und so entstand nach ihrer Fertigstellung eben auch die Sage, nur der Teufel persönlich könne dieses Kunststück vollbracht haben.
Der Zeitung „La Depeche“ zufolge gab es für die immense Dauer freilich andere, näher liegende Erklärungen. So war die Stadt Cahors bereits bei Baubeginn finanziell stark angeschlagen. Vor allem wiederkehrende Epidemien und Überflutungen durch den Lot sorgten dafür. Die Geschichte aber, die man Besuchern der Pont Valentré bis heute erzählt, geht so: Demnach war der verantwortliche Architekt über die Verzögerungen beim Brückenbau derart frustriert, dass er sich auf einen ziemlich heiklen Deal einließ. Er versprach dem Teufel seine Seele, wenn dieser dafür die Brücke endlich fertigstellen würde.
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Den Teufel zweimal überlistet
Luzifer leistete nun angeblich in der Folge tatsächlich ganze Arbeit, und so bekam es, der Sage nach, der Architekt es so langsam mit der Angst zu tun. Bis er schließlich auf eine Idee kam, wie er seine Seele doch noch retten könnte. Als die finalen Feinarbeiten an der Pont Valentré anstanden, bat er also den Teufel, Wasser zu holen, um den letzten Mörtel anzurühren. Er gab ihm dafür jedoch ein Sieb, und natürlich schaffte es der Namenlose damit nicht, das Wasser zu holen. So konnte sich der Baumeister darauf berufen, dass die Brücke ja technisch betrachtet noch nicht fertig sei.
Der Teufel, so heißt es, entschied sich daher für seine ganz eigene Art von Rache. Fortan kletterte er jede Nacht auf den zentralen Wachturm der Pont Valentré und entfernte dort einen Stein. Doch auch für dieses Ärgernis überlegten sich die braven Bürger von Cahors schließlich eine List. Sie ließen den Stein, den Luzifer jede Nacht aufs Neue herausbrach, von einem Bischof segnen. Und das nächste Mal, als Satan es versuchte, versteinerte er der Überlieferung nach selbst. In dieser Form wacht er nun bis heute über die Pont Valentré, die im Volksmund daher auch „Teufelsbrücke“ genannt wird.
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Heute ein Besuchermagnet
Und das, obwohl historisch belegt ist, dass die kleine Figur erst aus dem Jahr 1879 stammt. Damals machte sich der Architekt Paul Gout daran, die nach mehreren Jahrhunderten marode Pont Valentré umfassend zu restaurieren. Als man ihm von der Legende um den Brückenbau erzählte, entschied er sich dafür, der Geschichte ein für alle sichtbares Denkmal zu setzen. Eines, das noch bis heute Besucher aus aller Welt begeistert. Etwa 250.000 sind es jedes Jahr, die die imposante Brücke und ihren dunklen Patron sehen wollen. Seit dem Jahr 1998 ist sie auch als Unesco-Welterbe eingetragen.
Bei vielen der Touristen in Cahors dürfte es sich um Pilger handeln, denn die Stadt und ihre Pont Valentré liegen auf dem Jakobsweg. Bis in die 1980er Jahre konnte man noch mit dem Auto darüber fahren, heute ist sie nur noch für Fußgänger geöffnet. Mit ihren 138 Metern Länge ist sie ein imposantes mittelalterliches Bau-Meisterwerk, das man von April bis Oktober auch bei einer Bootsfahrt auf dem Lot bestaunen kann. Auf diese Weise würde man zumindest auch kein Risiko eingehen, dem Teufel zu nahezukommen.