20. April 2024, 14:13 Uhr | Lesezeit: 4 Minuten
Erbaut im 17. Jahrhundert von einem Vorgänger des heutigen Dalai Lama, ist der Potala-Palast in Tibets Hauptstadt Lhasa seit jeher einer der heiligsten Orte für Buddhisten weltweit. Und das, obwohl seit der Besetzung des Landes durch China ihr spirituelles Oberhaupt im Exil leben muss. Das immense Gebäude hat eine derartige kulturelle Bedeutung, dass es leider sogar für Propaganda-Zwecke missbraucht wird.
In der tibetischen Hauptstadt Lhasa thront auf dem 130 Meter hohen Mar-po-ri-Hügel mit dem Potala-Palast eines der beeindruckendsten Bauwerke auf der Welt. Mit seiner Lage auf 3700 Metern über dem Meeresspiegel handelt es sich bei der immensen Festung um den höchstgelegenen Palast überhaupt. Er ist außerdem einer der heiligsten Orte des Buddhismus, seit er im 17. Jahrhundert von einem Vorgänger des heutigen Dalai Lama erbaut wurde. Doch seit China vor über 70 Jahren Tibet besetzte, wird der Ort wegen seiner großen kulturellen Bedeutung leider auch immer wieder für Propaganda-Zwecke missbraucht.
Bereits im 7. Jahrhundert entstand laut „Encyclopedia Britannica“ in Lhasa eine erste Version des heutigen Potala-Palast. König Srong-brtsan-sgam-po ließ ihn errichten, und gab seinem Prunkbau den Namen Potala. Übersetzt aus dem Sanskrit bedeutet das so viel wie „Reines Land“ oder „Hohes himmlisches Königreich“. Woher die Idee für diesen Namen stammt, lässt sich heute nicht mehr nachvollziehen. Vermutlich war die Inspiration dafür aber der in Indien liegende Berg Potalaka. Dem buddhistischen Glauben nach lebte dort einst der heilige Avalokiteshvara. Er gilt als Vorvater der Dalai Lamas, die sich als seine Reinkarnation betrachtet, sowie auch als Schutzheiliger von Tibet.
Letzte Ruhestätte mehrerer Dalai Lamas
Der Seite „Wonders of Tibet“ zufolge meditierte der König gerne auf dem Mar-po-ri-Hügel, da Avalokiteshvara auch hier zeitweise gelebt haben soll. Und so entschied er sich dann auch für den „roten Berg“ (die Übersetzung von Mar-po-ri) als Standort für seinen Potala-Palast. Doch es sollte noch weitere tausend Jahre dauern, bis der Ort die spirituelle und kulturelle Bedeutung erlangen würde, die er heute besitzt. Denn Srong-brtsan-sgam-po’s Festung fällt irgendwann der Zerstörung anheim. Als geschichtlich gesichert gilt, dass die Bauarbeiten am Potala-Palast, wie er noch heute steht, im Jahr 1645 begannen.
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Auftraggeber ist der fünfte Dalai Lama, seines Zeichens damals sowohl religiöses wie auch politisches Oberhaupt des Landes. In nur drei Jahren entsteht der erste Gebäude-Komplex des Potala-Palasts, der sogenannte Potrang Karpo. Übersetzt bedeutet das „Weißer Palast“. Erst 1694 dann ist auch der Potrang Marpo, der „Rote Palast“, fertig gestellt. Bereits 12 Jahre zuvor war der fünfte Dalai Lama gestorben, doch erst jetzt wird sein Tod auch offiziell dem Volk bekannt gegeben. Mit allen Ehren setzt man den heiligen Mann in der gewaltigen Burg bei, bis heute ist sie die letzte Ruhestätte für insgesamt acht Dalai Lamas. Doch, noch wichtiger: Sie wird fortan auch deren Hauptsitz zu Lebzeiten.
Gigantische Dimensionen
Die Dimensionen des Potala-Palast sind nur schwer vorstellbar. So verfügt er über mehr als 1000 Räume, in denen auch heute noch bedeutende kulturelle Schätze aus mehreren Jahrhunderten buddhistischer Geschichte ausgestellt sind. So finden sich hier unter anderem insgesamt mehr als 200.000 Statuen und 10.000 Altäre. Zudem gibt es der „Unesco“ zufolge fast 700 kunstvoll gearbeitete Wandbilder und etwa 10.000 Schriftrollen. Der bedeutendste Raum im gesamten Komplex ist der sogenannte Phakpa Lhakhang, wo eine Statue von Avalokiteshvara aufbewahrt wird.
Als im 18.Jahrhundert dann ebenfalls in Lhasa der sogenannte „Juwelen-Palast “ Norbulingka entsteht, verliert der Potala-Palast zunehmend an Bedeutung. Einst der Hauptsitz der Dalai Lamas und der tibetischen Regierung, nutzt man ihn jetzt nur noch als Winter-Residenz. Die düsterste Stunde der auch heute noch bedeutenden Pilgerstätte kommt dann 1950, als China Tibet überfällt und seinen kleinen Nachbarn annektiert. Dieser Status gilt bis heute, und so muss damals der 14. Dalai Lama, das spirituelle Oberhaupt der Tibeter und Buddhisten weltweit, ins indische Exil fliehen. Seitdem lebt er in der Stadt Dharamsala.
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Große kulturelle Bedeutung
Welche Bedeutung der Potala-Palast und die Hoffnung auf eine mögliche Rückkehr dorthin aber auch heute noch für den Dalai Lama hat, zeigt sich auf dessen offizieller Webseite. Diese ziert ein Abbild des heiligen Ortes. Indes haben aber die Chinesen auf sehr eindeutige Weise klargemacht, dass sie das Mega-Bauwerk nun als Teil ihrer eigenen Kultur betrachten. So zeigt die Rückseite des chinesischen 50-Yuan-Scheins den Potala-Palast. Und auch die zahlreichen Webseiten, die man zu dem Ort im Netz findet, verorten den einstigen Wohnsitz der Dalai Lamas fast unisono in China.
Trotz dieser Tatsache ernannte die Unesco den Potala-Palast bereits 1994 zum Welterbe. In der Hauptsaison strömen laut der Seite „Tibet Travel“ mehrere tausend Menschen täglich zu der beeindruckenden Festung auf dem roten Berg. Der heilige Palast ist täglich von 9.30-15 Uhr für Besucher geöffnet. Der Eintritt in der Hauptsaison von Mai-Oktober beträgt pro Erwachsenem 200 Yuan (knapp 27 Euro), ansonsten 100 Yuan (gut 13 Euro).