11. November 2024, 17:48 Uhr | Lesezeit: 4 Minuten
In Rumäniens Hauptstadt steht ein Gebäude mit wahrhaft gigantischen Ausmaßen. So gewaltig ist der Parlamentspalast in Bukarest, dass er laut dem Guinness-Buch der Rekorde sogar als das schwerste Gebäude auf der ganzen Welt gilt. Die Einheimischen erinnert der Mega-Klotz aber auch heute noch an eines der dunkelsten Kapitel der Geschichte ihres Landes.
In der rumänischen Hauptstadt gibt es ein abschreckendes und zugleich faszinierendes Beispiel für menschlichen Größenwahn. Und das ist sprichwörtlich gemeint, denn der Parlamentspalast in Bukarest ist ein Klotz von solch unvorstellbaren Dimensionen, dass er auch direkt einer dystopischen Vision entsprungen sein könnte. Laut dem Guinness-Buch der Rekorde handelt es sich bei dem Gebäude um das schwerste auf der ganzen Welt, und als solches ist es auch heute noch ein stummes Mahnmal für eines der düstersten Kapitel in der Landesgeschichte Rumäniens.
Es ist der 25. August 1984, als laut der Seite „History“ der Grundstein gelegt wird für den Parlamentspalast in Bukarest. Bereits ein Jahr zuvor hatten erste Bauarbeiten begonnen, der damals herrschende Diktator Nicolae Ceausescu wünscht eine schnelle Fertigstellung seines Prestigeobjektes. Das Gebäude und seine immensen Dimensionen sollen jedermann seine Souveränität als oberster Herrscher des Landes beweisen. Ironischerweise nennt der Despot seine Stein gewordene Machtdemonstration „Casa Poporului“, was übersetzt Haus des Volkes bedeutet. Doch genau dieses rumänische Volk ist es, das unter dem Bau am meisten zu leiden hat.
30.000 Vertriebene
Denn um Platz zu schaffen für seinen Parlamentspalast in Bukarest, lässt Ceausescu weite Teile der historischen Altstadt einfach abreißen. Mehr als ein Dutzend Kirchen und sechs Synagogen werden unter anderem zerstört, schätzungsweise 30.000 Menschen für den gigantischen Bau aus ihren Häusern vertrieben. Ein Architekt leitet mit einem 700-köpfigen Team die Errichtung, unzählige Arbeiter schuften Tag und Nacht. Am Ende steht ein wahres Monument von einem Gebäude mit einer Grundfläche von unfassbaren 340.000 Quadratmetern. Manche der insgesamt 1100 Räume in dem Palast sind so groß wie Fußballfelder.
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Der offiziellen Seite des Guinness-Buches zufolge besteht der Parlamentspalast in Bukarest bei seiner Fertigstellung aus eine Million Kubikmeter Marmor und 700.000 Tonnen Stahl. Utopische 4,1 Millionen Tonnen wiegt das 270 Meter lange, 245 Meter breite und 45 Meter hohe Gebäude demnach. Verbaut sind hier unter anderem auch 900.000 Kubikmeter Holz sowie 3500 Tonnen an Kristallglas. Zwölf Etagen liegen über der Erde, mindestens sechs darunter. Wenig verwunderlich sind auch die Kosten für das schwerste Gebäude der Welt astronomisch. Ein Loch von etwa vier Milliarden US-Dollar reißt die Errichtung in die Staatskasse.
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Aufstand und Hinrichtung
Der gewaltige Klotz steht damit auch symbolisch für den Untergang des Ceausescu-Regimes. Als der Parlamentspalast in Bukarest im Winter 1989 beinahe fertig ist, bricht der Volkszorn gegen den Diktator los. Während er sich eine pompöse Residenz erschaffen ließ, litt sein Volk immer stärker unter Armut. Die Kosten für den Bau hatten die ohnehin labile rumänische Wirtschaft weiter geschwächt, und so kommt es schließlich zu einem blutigen Aufstand. Ceausescu flieht aus der Hauptstadt, wird aber bald gefasst. Am 25. Dezember 1989 endet eines der dunkelsten Kapitel der rumänischen Geschichte mit der Hinrichtung des Diktators und seiner Frau.
Der Parlamentspalast in Bukarest beherbergt auch heute noch beide Kammern des rumänischen Parlaments. Viele andere staatliche Ressorts haben hier ebenfalls ihren Sitz. 2004 eröffnete in dem schwersten Gebäude der Welt zudem das Nationale Museum für zeitgenössische Kunst. Für viele Einheimische ist der Klotz natürlich aber weiterhin ein Symbol des Schreckens. Eine Erinnerung an den 35 Jahre währenden Alptraum eines Regimes, das das Land fest in seinem Würgegriff hielt. Auch daran sollte man als Besucher denken, wenn man dieses gigantische Gebäude, das auch heute noch die Innenstadt von Bukarest dominiert, einmal mit eigenen Augen sieht.