22. Juli 2023, 15:27 Uhr | Lesezeit: 6 Minuten
Die Verbotene Stadt in Peking diente über einen Zeitraum von fast 500 Jahren als Sitz der chinesischen Kaiser. Doch sie war viel mehr als das, wurde gar als Mittelpunkt des Universums angesehen. Und auch heute noch beeindruckt der Palast durch seine schiere Größe und spektakuläre Bauweise.
Es gibt Orte auf der Welt, die so erhaben sind, dass man ihre Geschichte förmlich atmen kann. Sie erzählen von glanzvollen, längst vergangenen Zeiten, die vor dem Auge der Besucher aufgrund ihrer immer noch erkennbaren Pracht wieder auferstehen. Ein solcher Ort ist die Verbotene Stadt in Peking, die über 500 Jahre als Sitz der chinesischen Kaiser diente. Heute ist sie einer der weltweit größten Touristenmagneten.
Es ist das Jahr 1405, als der chinesiche Imperator Yongle, der dritte Herrscher der Ming-Dynastie, einen Palast in Auftrag gibt, wie ihn die Welt noch nie gesehen hat. Zwei Jahre zuvor hat er den Thron bestiegen und Chinas Hauptstadt vom fast 1000 Kilometer entfernten Nanjing nach Peking verlegt. Nun wünscht er sich einen Thronsitz, der nicht nur seine Allmacht bezeugen soll, sondern gar seinen Platz als Mittelpunkt des Universums. Einen Ort, den die Chinesen ehrfürchtig Zijincheng nennen: Wörtlich übersetzt bedeutet das laut „National Geographic“ die „lilane Verbotene Stadt“.
Eine Million Zwangsarbeiter
Die Farbe Lila symbolisiert für die Chinesen seit jeher Göttlichkeit und Unsterblichkeit – welch bessere Attribute könnte sich ein Kaiser wünschen? Und so entsteht über einen Zeitraum von nur 15 Jahren bis 1420 ein wahrhaft beeindruckender Prunkbau. Etwa 100.000 Handwerker und bis zu eine Million Zwangsarbeiter sind an seinem Bau beteiligt. Als die Verbotene Stadt ihre Funktion als Herrschaftssitz aufnimmt, ist sie ein Regierungspalast von nie dagewesenen Ausmaßen.
Ihre Mauern, Tore und Tempel erstrecken sich auf einer Fläche von unglaublichen 72 Hektar. Zum Vergleich, der englische Buckingham Palace würde hier 50-mal hinein passen. Und so wird die Verbotene Stadt zum Sitz von insgesamt 24 Kaisern der Ming- und Qing-Dynastien, die hier bis zum Jahre 1911 als gottgleiche Regenten die Geschicke des riesigen Staates lenken.
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Das Zentrum des Universums
Die Verbotene Stadt lässt Kaiser Yongle nach den Prinzipien des Feng Shui errichten. Das bedeutet, dass alle Gebäude laut „Encyclopedia Britannica“ auf einer Nord-Süd-Linie liegen. Die wichtigsten von ihnen sind dabei sämtlich nach Süden ausgerichtet, so dass sie die Sonne grüßen können. Im Zentrum dieser Gebäude, auf der zentralen Schnittstelle der Nord-Süd-Achse, liegt das wichtigste von ihnen, die sogenannte Halle der höchsten Harmonie. In ihr befindet sich der Drachen-Thron, der sprichwörtliche Sitz des Kaisers, und damit das erklärte Zentrum des Universums.
Quasi zu seinen Füßen liegt der Äußere Hof mit einer immensen Fläche von drei Hektar. Empfing der Kaiser von seiner erhobenen Position hier seine Bediensteten oder das Volk zu Kundgebungen, blickte er immer Richtung Süden. „National Geographic“ zufolge diente der immense Platz dazu, seine Allmacht auszudrücken. Doch warum wurde der gigantische Palast auf den Namen Verbotene Stadt getauft? Nun, offiziell galt der Kaiser als einziger rechtmäßiger Bewohner, alle anderen Menschen um ihn herum wurden lediglich als Besucher betrachtet. Und natürlich war, bis auf wenige Ausnahmen, Normalsterblichen das Betreten der heiligen Mauern streng untersagt.
Seit fast 100 Jahren ein Museum
Und so diente die Verbotene Stadt von 1420 bis 1911 als Herrschaftssitz der chinesischen Kaiser. Bis schließlich Puyi, der letzte von ihnen, im Zuge der Chinesischen Revolution abgesetzt wurde. Noch bis 1924 war es ihm gestattet, weiter hier zu leben. Bereits ein Jahr später wurde der Palast in ein National-Museum umgewandelt. Doch auch danach blieb er ein Ort von wichtiger symbolischer Bedeutung für die Mächtigen des Landes. So erklärte Mao Zedong hier 1949 die Gründung der Volksrepublik China. Seit 1987 zählt die Verbotene Stadt zum Unesco-Welterbe und lockt jedes Jahr unzählige Besucher an.
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Diese betreten den immensen Komplex über das südliche Eingangstor, das auch „Fünf-Phönix-Tor“ genannt wird. Durch die mittlere der fünf mächtigen Eingangstüren durfte damals nur der Kaiser persönlich schreiten. Gleich dahinter erwartet Touristen eine Skurrilität, nämlich der sogenannte „Goldene Fluss“, ein künstlich angelegtes Gewässer. Sein Wasser hatte damals vor allem symbolischen Zweck, aber auch einen ganz praktischen. Die meisten Gebäude innerhalb der Verbotenen Stadt bestanden bzw. bestehen aus Holz, und so konnte im Fall eines Brandes schnell gelöscht werden.
Heilige Hallen und Gärten
Über den Fluss führen fünf Brücken, die damals die Eigenschaften der Kaiser repräsentierten: Güte, Rechtschaffenheit, Wissen, Vertrauenswürdigkeit und Anstand. Nur der Kaiser durfte die mittlere der Brücken beschreiten. Das Zentrum des riesigen Komplexes bilden auch heute noch die drei Heiligen Hallen der Harmonie. Ihre Dächer sind mit gelben Schindeln gedeckt, da Gelb die Farbe des Kaisers war. Der Höhepunkt ist hier natürlich die Halle der höchsten Harmonie mit ihrem auch heute noch beeindruckenden Drachenthron. Überall in dem Raum finden sich Abbilder der legendären Sagenkreatur.
Ein weiteres Highlight ist der gut einen Hektar große kaiserliche Garten. Hier konnte der Kaiser sich in einem der vier Pavillons entspannen. Sie repräsentieren die vier Jahreszeiten. In der Mitte der Gartenanlage befindet sich der Tempel des kaiserlichen Friedens, wo sich die Herrscher der Ming-Dynastie „National Geographic“ zufolge der Alchemie und Wahrsagerei widmeten. Von zwei Kaisern der Qing-Dynastie ist bekannt, dass sie in den Gärten gerne Poesie verfassten.
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Tageslimit von 24.000 Besuchern
Heute ist die Verbotene Stadt als Palast-Museum Peking in Betrieb und kann das ganze Jahr über besucht werden. Vom 1. April bis 31. Oktober kostet der Eintritt 60 Yuan, das sind umgerechnet gut acht Euro. Vom 1. November bis 31.März zahlen Besucher nur 40 Yuan, also etwa 5,50 Euro. Auf der Webseite werden auch verschiedene Touren für jedes Zeitbudget empfohlen, von Tagesausflügen bis hin zu zweitsündigen Besuchen. Neben den beeindruckenden Anlagen gibt es zahlreiche Ausstellungen und Kunstsammlungen zu bestaunen.
Egal, wann Sie die Verbotene Stadt besuchen, eines ist sicher: Es wird auf jeden Fall sehr voll werden. So beträgt das Tageslimit des Komplexes aktuell 24.000 Besucher. Vielleicht gelingt es Ihnen ja trotzdem, in der Anlage einmal ein ruhigeres Eckchen zu finden, wo Sie sich dann ganz fühlen können wie einst die mächtigen Kaiser, die hier für fast 500 Jahre herrschten. Aber ganz ehrlich, eine derart beeindruckende Anlage ist viel zu schön, um nur eine einzige Person zu erfreuen.
Anmerkung der Redaktion: TRAVELBOOK berichtet für Sie über sehenswerte Orte auf der ganzen Welt. Dazu gehören auch solche in China, das an sich ein totalitärer Staat ist, und die Menschenrechte mitunter massiv mit Füßen tritt. Die Redaktion distanziert sich ausdrücklich von der politischen Ausrichtung des Landes.