4. November 2024, 17:02 Uhr | Lesezeit: 3 Minuten
Mitten im Mecklenburg steht diese alte Burg symbolisch für ein düsterstes Kapitel der Geschichte, das unzähligen Menschen Leid und Tod brachte. Es geht um Hexen und Folter. Wo früher vermeintliche Hexen gefoltert wurden, gibt es heute ein Museum, das sich mit der dunklen Vergangenheit auseinandersetzt – auch mittels immer noch vorhandener Folterinstrumente.
Zwischen Neubrandenburg und Waren liegt das kleine Nest Penzlin. Es ist ein Städtchen mit knapp 3000 Einwohnern und einer Burg, die auf den ersten Blick schön, aber unspektakulär ist. Nichts deutet darauf hin, dass dieser Ort einst Schauplatz grausamer Gewalttaten im Namen des Glaubens war. Und doch, Penzlin war im Mittelalter ein Zentrum der Hexenverfolgung, deren Wahn allein hierzulande laut dem „Buch der unheimlichen Orte in Deutschland“ 25.000 Menschen zum Opfer fielen, 80 Prozent davon Frauen.
„Unser Verlies ist europaweit einzigartig“
Die Alte Burg Penzlin spielt bei diesem Wahnsinn eine ganz „besondere“ Rolle, denn hier wurde im Jahr 1560 ein sogenannter Hexenkeller gebaut. Ein Folterverlies, sieben Meter unter dem Erdboden, in dem vermutlich unzählige Menschen gequält wurden. Belegt sind laut TRAVELBOOK-Anfrage bei der Burg aber nur noch fünf Fälle. „Viele Akten wurden wahrscheinlich vernichtet“, vermutet eine Mitarbeiterin des Burgmuseums. Europa befand sich damals auf dem grausamen Höhepunkt des Hexenwahns. So wurden allein auf dem heutigen Gebiet von Mecklenburg-Vorpommern wurden zwischen 1336 und 1777 schätzungsweise 4000 „Prozesse“ geführt, bei denen wohl 2000 Menschen zum Tode verurteilt wurden. „Unser Verlies ist europaweit einzigartig“, sagt die Sprecherin.
12 Jahre lang gefoltert
Zahlreiche Unglücke wie der Ausbruch der Pest, Missernten oder auch der Dreißigjährige Krieg wurden zum Anlass genommen, Sündenböcke zu suchen. Hierzu trug dann entscheidend das 1487 veröffentlichte Buch „Hexenhammer“ bei. In diesem wurde detailliert geschildert, welche vermeintlichen Verbrechen welche Folter rechtfertigten. Den so Gequälten sollte unter Schmerzen ein Geständnis abgerungen werden, tatsächlich mit dem Teufel im Bunde zu stehen. Das Grausige: Jeder konnte ohne Vorwarnung von jedem als Hexe denunziert werden, als Grund reichten oft auch Eifersucht oder Neid.
Besonders perfide wurde diese Praxis anscheinend in der Burg Penzlin betrieben. Dort hörte tief unter der Erde niemand die Schreie der gepeinigten Seelen, und zahlreiche Instrumente wie Stühle mit Nägeln kamen zum Einsatz. Ein Prozess, in dem Benigna Schultzen der Hexerei beschuldigt wurde, dauerte laut der Burg-Sprecherin ganze zwölf Jahre. Am Ende verstarb das Opfer wohl aufgrund der Folter im Jahr 1711 schließlich an einem Schlaganfall.
Von der Folterkammer zum Kinderspielplatz
1648 verfiel die Schreckensburg Penzlin nach dem Ende des Dreißigjährigen Krieges teilweise. Sie wurde danach immer wieder auf- und umgebaut, war aber bis in die 1990er Jahre fast durchgehend bewohnt.
Zur Erinnerung an die dunkle Vergangenheit befindet sich heute in der Burg ein „Kulturgeschichtliches Museum für Alltagsmagie und Hexenverfolgungen“. Allerdings ist etwas befremdlich, dass es neben dem Museum, in dem auch echte Folterinstrumente stehen, für Kinder auch einen „Hexenspielplatz“ gibt, und man wohl allgemein ein wenig versucht, die Dramatik des Themas herunterzuspielen.
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Hexentanz und Mittelalterfest
Die Website der Burg lockt jedenfalls mit allerlei Veranstaltungen und Festen. Verliebte versucht man in die ehemalige Folter-Burg zu locken, so befindet sich im Rittersaal mittlerweile ein Standesamt. Jedes Jahr am 30. April, in der Walpurgisnacht also, findet hier ein Hexentanz statt, am jeweils vorletzten August-Wochenende gibt es ein großes Mittelalterfest. Und am zweiten Dezemberwochenende lockt ein Weihnachtsmarkt Besucher auf die Burg.
Die Burg-Sprecherin: „Unser Angebot wird sehr gut aufgenommen, jedes Jahr haben wir etwa 20.000 Besucher, aus ganz Deutschland, Europa und sogar aus Übersee.“ Im Übrigen sei man sich des sensiblen Themas durchaus bewusst: „Kleinen Kindern zeigen wir die Folterinstrumente natürlich nicht – hier versuchen wir eher, sie über die Märchenschiene an das Thema Hexen heranzuführen.“