12. Mai 2024, 14:46 Uhr | Lesezeit: 3 Minuten
Der Reichenturm in Bautzen ist das unbestrittene Wahrzeichen der ostdeutschen Stadt. Und eine sprichwörtlich schräge Touristenattraktion, denn wie sein weltberühmtes Pendant im italienischen Pisa steht er schief, hat einen beachtlichen Neigungswinkel. Und das schon seit mehreren hundert Jahren.
Seit mehr als 530 Jahren steht in der ostdeutschen Stadt Bautzen ein Bauwerk, das heute das unbestrittene Wahrzeichen der Stadt ist. Zwischen Kornmarkt und Buttermarkt in der Reichenstraße gelegen, bietet sich hier in 56 Metern Höhe die wohl beste Aussicht über den Ort in der Lausitz. 135 schmale Stufen führen auf den Reichenturm in Bautzen, den man wohl auch als einzigen „echten“ Touristenmagneten bezeichnen könnte. Und dass pro Jahr mehrere tausend Menschen kommen, um ihn zu besteigen, liegt daran, dass er quasi Deutschlands Schiefer Turm von Pisa ist.
Laut der offiziellen Seite der Stadt wurde die erste Version des Reichenturms in Bautzen von 1490 bis 1492 gebaut. Im Jahr seiner Fertigstellung erreichte Kolumbus gerade Amerika, da entstand er als Schutzturm für die Stadtbefestigung. Bei Feuer, Angriffen oder anderen Gefahren konnte ein sogenannter Türmer von oben sprichwörtlich die Alarmglocken läuten und so die Bevölkerung warnen. Und so viel sei gesagt: In der sprichwörtlich bewegten Geschichte des Bauwerkes gab es in dieser Hinsicht reichlich zu tun.
Der Reichenturm wurde vielfach zerstört
Alleine während des Dreißigjährigen Krieges zwischen 1618 und 1648 wurde der Reichenturm in Bautzen zweimal zerstört. Das erste Mal 1620, als ihn die sächsischen Belagerer in Brand setzten. Nur elf Jahre nach seinem Wiederaufbau bis zum Jahr 1628 zerstörten ihn dann dieses Mal schwedische Truppen. Es sollte danach bis 1663 dauern, bis wieder ein neuer Turm über die Stadt wachte. Dieser seinerseits brannte dann aber schon 1686 erneut. Und auch seinem „Nachfolger“ war keine lange „Existenz“ beschert: Bis 1696 erneuert, vernichtete das große Stadtfeuer in Bautzen von 1709 auch den neuen Turm.
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Doch die Stadtbewohner machten auch diesmal das, was sie am besten konnten. Sie bauten den Reichenturm in Bautzen kurzerhand abermals wieder auf. Dabei wäre es der „Sächsischen Zeitung“ zufolge fast nie dazu gekommen. Denn schon 1492, also bei der ersten Version, hatte man das Gemäuer auf viel zu lockeren Untergrund gebaut. In der Folge begann er, sich nach Nordwesten zu neigen. Und zwar so deutlich, dass man ihn nur 100 Jahre nach seinem Bau eigentlich abreißen wollte.
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Endgültige Rettung durch die Stadtbewohner
Dazu kam es nicht, und so ist der Reichenturm in Bautzen heute so etwas wie Deutschlands Schiefer Turm von Pisa. Mit einer Neigung von aktuell 1,44 Metern ist er sogar einer der schrägsten Türme nördlich der Alpen überhaupt. An die Dimensionen seines italienischen Pendants reicht er aber trotzdem nicht einmal annähernd heran. Denn der Turm in Pisa neigt sich laut jüngsten Messungen fast genau vier Meter Richtung Erde. Deutschland hat dafür mit dem Kirchturm im ostfriesischen Suurhusen und einem Wehrturm im rheinland-pfälzischen Gau-Weinheim aber gleich Nummer Zwei und Eins der Welt in Sachen schiefe Türme.
Dass heute noch jedes Jahr tausende Touristen den Reichenturm in Bautzen besteigen können, ist wiederum der Hartnäckigkeit der Stadtbewohner zu verdanken. Denn nach dem Zweiten Weltkrieg drohte das mehr als 3000 Tonnen schwere Trumm einfach umzukippen. Die Bebauung um ihn herum war komplett zerstört, deren Abriss bewegte den Untergrund und den Turm selbst in seinem nur 80 Zentimeter tiefen Fundament. Unter dem Baumeister Hans-Ernst Hentschke konnte das Wahrzeichen der Stadt aber bis 1954 endgültig gerettet werden. Noch heute werden der Turm und sein Neigungsgrad zur Sicherung regelmäßig vermessen.
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Wer möchte, kann den Reichenturm in Bautzen in den Monaten April bis Oktober täglich von 10 bis 17 Uhr besteigen.