1. September 2019, 12:10 Uhr | Lesezeit: 7 Minuten
Es ist nicht lange her, da wunderten sich die meisten Berliner über riesige Plakate, die plötzlich überall in der Hauptstadt hingen: „Belantis – Berlins neuer Freizeitpark“ war darauf zu lesen. Sollte eine Stadt, die nicht einmal ein Flughafen-Terminal zu Ende bauen kann, tatsächlich einen Erlebnispark aus dem Boden gestampft haben? Natürlich nicht. Belantis gab es längst, nur aber eben 213 Kilometer von Berlin entfernt, in Zwenkau bei Leipzig. Aber der PR-Coup war gelungen, Leipzig in Sachsen gehörte plötzlich zu Berlin und einige Hauptstadt-Familien hatten nun einen Plan: Belantis besuchen. TRAVELBOOK war dort – und verrät, ob sich der laut eigenen Angaben größte Freizeitpark Mitteldeutschlands lohnt.
In Berlin mangelt es wirklich nicht an Freizeitmöglichkeiten für Familien, das Angebot ist riesig. Eines fehlt allerdings seit der Pleite des Spreeparks im Jahr 2002: ein echter Erlebnispark mit Achterbahnen. Ein Besuch im Heidepark, Phantasialand oder Europa-Park ist immer mit mehrstündigen Trips verbunden, an einem Tag hin- und zurückzufahren, ist unmöglich. Daher ist das Belantis bei Leipzig durchaus attraktiv: 213 Kilometer entfernt, ist der Park mit dem Auto in rund zwei Stunden erreichbar – und damit perfekt für einen Ausflug mit der ganzen Familie.
An einem wettermäßig perfekten Samstag fahren meine Frau, unsere zwei Töchter (9 und 11 Jahre) und ich so zeitig los, dass wir um 10 Uhr in Zwenkau ankommen, pünktlich zur Öffnung des Belantis. Ein Parkplatz ist auf dem großen Gelände vor dem Park schnell gefunden, und dank Online-Tickets für insgesamt 145 Euro sind wir relativ schnell drin. Großer Andrang? Fehlanzeige! Trotz des idealen Wetters (angenehme 25 Grad, keine Wolke am Himmel). Hatten wir uns voller vorgestellt.
Der erste Eindruck im „Schloss Belantis“ genannten Eingangsbereich des Parks: etwas enttäuschend. Wo anderswo schon erste Highlights geboten werden, sehen wir hier nur eine als nordamerikanische Ureinwohnerin verkleidete Frau. Karl May lässt grüßen. Die Reaktion meiner Kinder: „Können wir bitte weitergehen?“
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Der „Fluch des Pharao“
Wir entschließen uns, ins „Tal der Pharaonen“ zu gehen, eine der acht Themenwelten des Belantis. Dort wollen wir die Wildwasserbahn „Fluch des Pharao“ ausprobieren – eine der Hauptattraktionen. Die Boote stürzen aus der laut Parkbetreiber „höchsten Pyramide Europas“ (38 Meter) in die Tiefe. Da der Park alles andere als voll war und wir zu den ersten gehörten, rechneten wir nicht mit viel Wartezeit. Tatsächlich mussten wir jedoch 45 Minuten in der Sonne ausharren – trotz einer sehr kleinen Schlange. Kaum vorstellbar, wie lange es dauert, wenn der Andrang groß ist.
Die Fahrt selbst entschädigt allerdings etwas für den Frust des Wartens: Ein Lift hievt das Boot auf 26 Meter Höhe, dann geht es im 45-Grad-Winkel hinunter und anschließend durch Strömungskanäle. Wer nicht nass wird, hat irgendwas falsch gemacht.
Nächster Stopp: die Familienachterbahn „Cobra des Amun Ra“. Dieses Mal ist die Wartezeit angemessen und die Fahrt selbst knackig, wild und: für Kinder geeignet.
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Der richtige Kick bleibt aus
Wir ziehen weiter Richtung „Strand der Götter“. Die „Fahrt des Odysseus“ – eine laut Park „spannende und aufregende“ Bootsfahrt über das „Belantis-Meer“ – müssen wir unfreiwillig von unserer Liste streichen. „Ist heute leider kaputt“, klärt uns ein sehr nett lächelnder Mitarbeiter auf. Schade. Stattdessen testen wir die Mini-Seilbahn „Flug des Ikarus“ (langweilig) und den Panorama-Turm „Säule der Athene“ (na ja!), bevor wir uns eine kurze Pause mit Eis und Erfrischungsgetränk gönnen und uns eine Runde auf der Riesenschiffschaukel „Santa Maria“ gönnen.
Schon in den ersten zwei Stunden fällt auf, dass im Belantis richtige Euphorie nicht aufkommen mag. Dem Park fehlt es irgendwie an Leben. Während in anderen Freizeitparks an fast jeder Ecke etwas Aufregendes geboten wird, fühlt man sich hier stellenweise wie in einer unmotiviert leuchtenden Einkaufspassage an einem Feiertag erinnert. Mitunter kann aber auch das einen gewissen Charme haben.
Im „Land der Grafen“ erneut eine kurze Schlange, lange Wartezeit dagegen beim „Gletscherrutscher“. Die Attraktion selbst: Durchschnitt. Mittlerweile findet man solche Rutschen auch auf Erlebnishöfen rund um Berlin – und das sogar kostenlos. Besser: der Höhenflugturm „Drachenflug“, der eine gute Sicht über den Park bietet.
Auf der „Insel der Ritter“ wartet die nächste, durchaus fahrenswerte Familienachterbahn, „Drachenritt“, sowie das mehr lustige als gruselige „Mad House“, bevor wir uns am „Labyrinth von Avalon“ vorbei zur „Prärie der Indianer“ bewegen. Highlights dort: die Kanus, mit denen man das „Belantis-Meer“ erkunden kann, und das Riesenschwungpendel „Belanitus‘ Rache“, das für Kleinere auch ein etwas abgeschwächtes „Hasenfuß-Programm“ anbietet. Lohnt sich!
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Achterbahn „Huracan“ – das Highlight des Belantis
Nach einer weiteren Pause machen wir uns auf ins „Reich der Sonnentempel“. Dort wartet die größte Attraktion des Parks: „Huracan“, eine 2010 in Betrieb genommene Achterbahn (Modell Gerstlauer Euro-Fighter). Gleich zu Beginn der Fahrt geht es senkrecht nach oben auf 32 Meter Höhe, um dann im freien Fall in die Tiefe zu stürzen, fünfmal durchquert man dabei Überkopf-Bereiche.
Insgesamt 90 Sekunden dauert der Trip auf der 560 Meter langen Strecke. Es sind 90 Sekunden, die für die etwas langweiligeren Momente im Park teilweise entschädigen. Mehr davon!
Tatsächlich waren auch weitere Attraktionen geplant, nachdem 2018 Parques Reunidos das Belantis gekauft und Investitionen angekündigt hatte. Bis 2020 sollte der Park deutlich ausgebaut werden, doch die spanische Unternehmensgruppe, der auch das Tropical Islands gehört, hat die Pläne zunächst auf Eis gelegt. Für das Belantis und seine Besucher heißt das: Man muss sich weiter mit dem zufriedengeben, was da ist. Und das ist definitiv noch ausbaufähig.
Die Top-Attraktionen des Belantis (Fahrgeschäfte)
Für Kinder
- Drachenritt (Familienachterbahn)
- Cobra des Amun Ra (Familienachterbahn)
- Huracanito
Für Erwachsene
- Huracan (Achterbahn)
- Drachenflug
- Belanitus‘ Rache
- Fluch des Pharao
Gestaltung des Parks
Das Belantis ist in insgesamt acht Themenwelten gegliedert:
- Schloss Belantis (Eingangsbereich)
- Reich der Sonnentempel
- Prärie der Indianer
- Küste der Entdecker
- Insel der Ritter
- Land der Grafen
- Strand der Götter
- Tal der Pharaonen
Wie in vielen Freizeitparks bildet auch hier ein großer See den Mittelpunkt. Egal in welche Richtung man vom Eingang aus geht, kommt man sehr einfach einmal um den Park herum, ohne die Orientierung zu verlieren.
Am besten gefallen hat mir …
… neben der Nähe zu Berlin und der Achterbahn „Huracan“ die Überschaubarkeit des Belantis. Im Gegensatz zu großen Freizeitparks, bei denen oft das Gefühl bleibt, man habe etwas verpasst, sind im Belantis die wichtigsten Attraktionen und noch mehr an einem Tag zu schaffen – Pausen inklusive.
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Nicht gefallen hat mir …
… das Preis-Leistungsverhältnis. Im Vergleich zu anderen Freizeitparks bekommt man im Belantis für sein Geld relativ wenig geboten. Zwar gibt es durchaus einige gute Attraktionen, aber insgesamt fällt das Angebot zu klein aus. Zudem wirkt der Park unbeseelt. Unterhaltsames zwischen den Fahrgeschäften gibt es kaum.
Die wichtigsten Informationen im Überblick
Preise:
- Einmal-Ticket (ab 11 Jahren): 37,50 Euro
- Einmal-Ticket (4 bis 10 Jahre): 32,50 Euro
- All-Inclusive-Familien Ticket (3 Personen): 134 Euro
- All-Inclusive-Familien Ticket (4 Personen): 169 Euro
- All-Inclusive-Familien Ticket (5 Personen): 199 Euro
- All-Inclusive-Familien Ticket (6 Personen): 229 Euro
Kinder bis einschließlich 3 Jahren haben freien Eintritt.
Das All-inclusive-Ticket enthält pro Person den Eintritt, ein Menü (Hauptspeise, Beilage, Cookie plus 0,3-Liter-Softgetränk) und 10 Prozent Einkaufsvorteil im Schloss-Shop.
Eine vierköpfige Familie (2 Erwachsene, 2 Kinder unter 11 Jahre) zahlt für einen Tag im Belantis 145 Euro, sofern sie sich nicht für das All-inclusive-Ticket entscheidet. Zum Vergleich: Ein Tag im mehrfach ausgezeichneten und wesentlich größeren Europa-Park Rust kostet für die gleiche vierköpfige Familie 193 Euro.
Öffnungszeiten:
Saisonabhängig; 10:00 bis 17:00 Uhr, Ende Juni bis Mitte August 10:00 bis 18:00 Uhr, an einzelnen Tagen 10:00 bis 20:00. Anfang November bis Mitte März geschlossen.
Wie viel Zeit sollte man einkalkulieren?
1 Tag reicht für den Besuch des Parks aus.