15. Juni 2023, 7:21 Uhr | Lesezeit: 6 Minuten
Das Guggenheim Museum Bilbao ist das vielleicht außergewöhnlichste Museum der Welt. Und das nicht nur wegen seiner futuristischen Form. Sein Bau rettete die baskische Hafenstadt vor dem Verfall und machte sie zu einer weltweit bekannten und beliebten Kulturmetropole. Der Kunst-Tempel wurde zum Wahrzeichen der Stadt und inspiriert bis heute weltweit zahllose Nachahmer. TRAVELBOOK erzählt die spannende Geschichte.
An den Ufern des Nervión-Flusses steht in des baskischen Hafenstadt Bilbao das vielleicht ikonischste Museum der Welt. Das Gebäude aus Titan, Sandstein und Glas erinnert manche mit seinem hypermodernen Aussehen vielleicht an ein Schiff oder einen Fisch. 26 Jahre nach seiner Eröffnung im Jahr 1997 ist das Guggenheim Museum Bilbao nicht nur einer der wichtigsten Kunst-Tempel überhaupt, sondern hat auch das Bild der Stadt völlig gewandelt. In dieser Zeit hat sich die City, Anfang der 90er-Jahre noch stark von Verfall geprägt, zu einer Kulturmetropole entwickelt. Diese Veränderung war so erstaunlich und regte derart viele Nachahmer an, dass man bis heute auch vom „Bilbao-Effekt“ spricht.
Zu Beginn der letzten Dekade des vergangenen Jahrhunderts scheint Bilbao eine dem Untergang geweihte Stadt zu sein. Wie „Deutsche Welle“ berichtet, kam der Verfall schleichend, aber brutal. Einst war man wegen der Lage am Golf von Biskaya am Atlantik eine wichtige Industrie- und Hafenstadt, das pulsierende und immer arbeitende Herz des Baskenlandes. Bis in die 1970er-Jahre hatte der Status als wichtigster Handelsplatz der Region der Metropole eine Blütezeit beschert. Doch irgendwann konnte sie mit den neusten Entwicklungen in der Industrie nicht mehr Schritt halten.
Chance zur Wiederbelebung
Werften und Fabriken waren hoffnungslos veraltet und verfielen zusehends, wer konnte, ergriff mit der Familie die Flucht. Die, die blieben, hatten oft weder Arbeit noch eine Aussicht darauf. Erschwerend hinzu kam, dass Bilbao zu dieser Zeit eine Hochburg der baskischen Terror-Organisation ETA war, die das Land mit blutigen Anschlägen überzog. Zu dieser Zeit hätte sich wohl niemand träumen lassen, dass hier mit dem Guggenheim Museum Bilbao schon bald eines der heute bedeutendsten Museen der Welt stehen würde.
Doch 1993 begibt sich die renommierte Guggenheim-Foundation auf die Suche nach einem Standort in Europa, an dem ihr neuster Kunst-Tempel entstehen könnte. Man steht mit zahlreichen Metropolen in Verhandlung, doch Bilbao sticht sie schließlich alle aus. In der Stadt war man sich durchaus bewusst, was für eine Chance zur Wiederbelebung von Bilbao das Guggenheim Museum bedeuten könnte. Und so bieten Stadt und Region an, die Kosten für den Bau zu übernehmen. Die Stiftung soll dafür das neue Museum mit Leben, also eigenen Werken füllen, und das Management übernehmen.
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Beispiellose Wandlung
In der Stadt regt sich zunächst massiver Protest. Die Bevölkerung versteht nicht, warum man nicht statt eines Museums die am Boden liegende Industrie wieder aufbaut. Auch fürchten spanische und vor allem regionale Künstler, dass die amerikanische Stiftung ihre Werke vielleicht nicht genug repräsentieren würde. Laut „Guardian“ nennen sie das ambitionierte Projekt daher mitunter verächtlich „McGuggenheim“. Niemand glaubt zu diesem Zeitpunkt, dass das Guggenheim Museum die Stadt Bilbao wirklich retten kann.
Dennoch: Mangels einer besseren Idee zur Rettung ihrer Stadt stimmen alle Beteiligten dem Projekt zu. Bereits im selben Jahr ist die Grundsteinlegung. Als Architekt wird der Kanadier Frank Gehry, bekannt für seine gewagten, futuristischen Entwürfe, angeheuert. Das Guggenheim Museum Bilbao wird so etwas wie sein Lebenswerk. Zwar ist er zur damaligen Zeit bereits international bekannt, aber das Museum katapultiert ihn in die Ränge eines Superstars. Und auch die Stadt selbst erlebt eine außergewöhnliche Wandlung.
Eine Ikone moderner Architektur
Im Zuge des Baus des Guggenheim Museum Bilbao verschwinden die alten Lagerhallen und Fabrikgebäude. Sie machen modernen Promenaden mit Grünflächen Platz, in deren Zentrum die Galerie heute wie ein Raumschiff herausragt. Als sie am 18. Oktober 1997 vom damaligen spanischen Königs Juan Carlos feierlich eröffnet wird, ist sie längst zu einer Ikone moderner Architektur geworden. Gehry soll von seinem Bau zunächst übrigens weniger begeistert gewesen sein, wie der „Guardian“ zitiert. Demnach habe er beim Anblick des fertigen Gebäudes einen Monat vor dessen Eröffnung bei sich gedacht: „Was zum Teufel habe ich diesen Menschen angetan?“
Doch die internationale Presse und die Kollegen vom Fach sind von Anfang an voller Lob und Begeisterung für Gehrys‘ Guggenheim Museum Bilbao. Was folgt, ist ein wahrer Besucher-Run, der auch die optimistischsten Schätzungen bei Weitem übertrifft. Statt der erhofften halben Millionen Besuchern kommen bereits anfangs mehr als doppelt so viele. Bis heute wollen etwa eine Million Menschen pro Jahr den Kunst-Tempel sehen. Diese zeigt laut offizieller Seite auf einer Fläche von 9000 Quadratmetern vor allem moderne Werke von Andy Warhol, Gerhard Richter, Jeff Koons, Jackson Pollock und vielen anderen. Berühmt ist das Haus mit seinen insgesamt 24.000 Quadratmetern Fläche auch für seine riesigen Statuen. Spanische und baskische Künstler haben hier übrigens ihre eigene Abteilung.
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Der „Bilbao-Effekt“
Die Wandlung, die das Guggenheim Museum Bilbao in die Stadt brachte, ist vielleicht beispiellos. Heute ist die baskische City nicht nur für ihre Kunst, sondern auch für ihre Küche weltberühmt. Zahllose andere Metropolen auf der Welt haben mit ähnlichen Projekten versucht, vergleichbare Erfolge zu erzielen. Die Transformation im Zuge des Baus des ikonischen Gebäudes bezeichnet man daher heute auch als „Guggenheim-“ oder „Bilbao-Effekt“.
Die Stadt am Nervión ist laut „Deutsche Welle“ heute so etwas wie ein Freilicht-Museum internationaler Star-Architekten. So baute der Brite Norman Foster im Fahrwasser von Gehrys‘ Erfolg gleich eine ganze U-Bahn-Linie, der Spanier Santiago Calatrava entwarf eine dem Museum nahe Fußgängerbrücke.
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Größe, Öffnungszeiten, Eintrittspreise: Weitere Informationen zum Guggenheim Museum Bilbao
2017 nahmen an der 20-Jahr-Feier des Guggenheim Museum Bilbao 200.000 Menschen teil. Die größte Galerie des Hauses ist 130 Metern lang und 30 Meter breit, der höchste Raum ist mit 50 Metern die Atriumhalle. Auf drei Ebenen zeigen die verglasten und daher sehr lichtdurchfluteten Räume ihre Kunst.
Laut der offiziellen Seite ist das Museum Dienstag-Sonntag von 10 bis 19 Uhr für Besucher geöffnet. Die Kasse schließt bereits eine halbe Stunde zuvor. Der Eintritt für Erwachsene kostet aktuell 16 Euro, kann jedoch je nach Ausstellung variieren.