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Hier tagt der US-Kongress

Das Kapitol in Washington ist das politische Herz der USA

Kapitol
Das Kapitol in Washington ist das symbolträchtigste Gebäude der gesamten USA. Seit mehr als 200 Jahren wird hier über die Geschicke des Landes bestimmt Foto: Getty Images
Robin Hartmann Autorenkopf
Freier Autor

10. Juni 2024, 11:12 Uhr | Lesezeit: 7 Minuten

Wohl kaum ein Gebäude in den USA kann es an Symbolkraft mit dem Kapitol in Washington aufnehmen. Seit seiner Eröffnung vor mehr als 220 Jahren beherbergt es den US-Kongress, wurde unzählige Male erweitert und umgebaut, stand sogar mehrfach in Flammen. Noch heute ist es die Kulisse für alle wichtigen Staatsakte – und war erst vor wenigen Jahren Schauplatz einer der düstersten Stunden der Geschichte des Landes.

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Wenn es ein Gebäude in den USA gibt, das symbolisch für den Stolz und das Selbstverständnis einer ganzen Nation steht, dann ist es zweifellos das Kapitol in Washington. Seit über 200 Jahren wird hier über die Geschicke einer ganzen Nation entschieden und immer wieder der Weg in Richtung Zukunft gewiesen. Und genau wie das Land an sich hat auch das gewaltige Gebäude, das in seiner Form ein wenig an einen antiken Tempel erinnert, eine bewegte Geschichte hinter, und auch sicher noch vor sich. Heute ist es nicht nur der Sitz des US-Kongresses, sondern auch eine der wichtigsten politischen Touristenattraktionen der Welt.

Es ist das Jahr 1790, als George Washington, seines Zeichens erster US-Präsident der Geschichte, in der gerade erst entstehenden, nach ihm benannten Stadt, den sogenannten Jenkins‘ Hill zum zukünftigen Standort des bald wichtigsten Gebäudes der neu gegründeten Nation bestimmt. Hier soll einst der Regierungssitz stehen, und errichten darf ihn der französische Architekt Pierre Charles L’Enfant, wie die offizielle Seite „Architect of the Capitol“ berichtet. Dieser bezeichnet den Hügel, auf dem er das Kapitol bauen will, als „einen Sockel, der nur auf ein Denkmal wartet.“ Doch seine Version des Gebäudes wird niemals Realität.

Party zur Grundsteinlegung

Kapitol
Die Rotunde im Kapitol mit ihrem Deckengemälde des italienischen Künstlers Constantino Brumidi Foto: Getty Images

Denn bevor überhaupt der erste Spatenstich gesetzt ist, entlässt Washington den Franzosen. Dieser hatte sich geweigert, seinen Bauherren nachvollziehbare Pläne für das Kapitol vorzulegen. Die Begründung: Diese befänden sich alle allein in seinem gesalbten Kopf. 1792 ist der Posten des Chef-Ingenieurs also wieder vakant, ruft man einen Wettbewerb für das beste Design für den zünftigen US-Regierungssitz ins Leben. Allein, sämtliche 17 eingereichten Entwürfe wissen nicht vollends zu begeistern. George Washington selbst sagt zu seinem Staatssekretär Thomas Jefferson über seine Vision: „Das Kapitol sollte bei Weitem größer sein als alles andere in diesem Land.“

Die Rettung der hochtrabenden Pläne erscheint dann in Gestalt von Dr. William Thornton. Einem begeisterten Hobby-Architekten, der eigentlich selten praktizierender Mediziner ist. Er schlägt ein Gebäude mit einer Kuppel vor, flankiert von zwei rechteckigen Flügeln. In einem davon könnte der Senat tagen, in dem anderen das Abgeordnetenhaus. Washington ist von der Einfachheit begeistert, und so erhält Thornton den Zuschlag für die erste Version des Kapitols. Am 18. September 1793 legt er selbst den ersten Eckstein des Gebäudes, begleitet von großem öffentlichem Interesse, Pomp und Feierlichkeiten, die den ganzen Tag andauern.

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Das Kapitol brennt

Kapitol
Das Kapitol ist in seiner Bauweise griechischen und römischen Tempeln nachempfunden Foto: Getty Images

Nachdem man bereits nach zu Beginn der Bauarbeiten gleich zwei Architekten entlassen musste, beaufsichtigt schließlich James Hoban den Prozess bis zum Einzug des Kongresses und anderer politischer Organe im Jahr 1800. Er hatte sich mit dem Bau des Weißen Hauses bereits einen Namen gemacht. Die Arbeiten sind mühsam und kostenaufwendig, der Sandstein für das Kapitol muss auf Wasserwegen aus Brüchen von Virginia nach Washington gebracht werden. 1803 übernimmt dann Benjamin Henry Latrobe den Posten des Chef-Architekten, als die Baubestrebungen dank neuer Fonds fortgesetzt werden können.

Doch die Errichtung und vor allem Instandhaltung erweist sich als Daueraufgabe. Als 1808 die Arbeiten am Südflügel beginnen, ist der Nordflügel schon wieder renovierungsbedürftig. Zudem fließt jetzt viel Geld statt in den Bau in die Vorbereitungen für einen zweiten Krieg mit der einstigen Besatzungsmacht Großbritannien. Als diese 1812 erneut in das noch junge Land eindringt, scheint auch die Geschichte des Regierungssitzes bereits wieder vorbei, bevor sie überhaupt richtig begonnen hat. 1814 stecken die Briten das Kapitol und zahlreiche weitere Gebäude in Washington in Brand. Nur ein heftiger Regen verhindert, dass es bis auf die Grundmauern niederbrennt.

Die Baustelle der Nation

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In der Nationalen Statuen-Halle des Kapitols sind berühmte Persönlichkeiten aus allen US-Bundesstaaten zu sehen Foto: Getty Images

Erst 1819 können nach dieser Katastrophe die Regierungsorgane wieder in das Kapitol einziehen. Aus dieser Zeit datiert auch die erste Version der charakteristischen Kuppel, damals noch aus Holz und mit Kupfer bedeckt. Bis 1829 arbeitet der 1818 ernannte Architekt Charles Bulfinch noch an seinem Projekt. 1830 ist das Kapitol gut 106 Meter lang, knapp 86 Meter breit und hat weit mehr als zwei Millionen Dollar an Baukosten verschlungen, eine für damalige Zeiten geradezu aberwitzige Summe. Dennoch ist es 1850 schon wieder zu klein, wie die offizielle Seite des Besucherzentrums im Kapitol berichtet.

Zur damaligen Zeit wächst das ganze Land rapide. Die Anzahl der Bundesstaaten hat sich seit 1793 mehr als verdoppelt, und so muss natürlich auch der Kongress wachsen. Aus 13 Senatoren werden 62, die Anzahl der Abgeordnete schießt von 69 auf 233 in die Höhe. Somit ruft man einen neuen Wettbewerb für eine Erweiterung des Kapitols ins Leben, aus dem schließlich 1851 der Architekt Thomas U. Walter als Sieger hervorgeht. Er beaufsichtigt die nächste 14 Jahre die Bauarbeiten an dem amerikanischen National-Symbol, wählt als Material für das neue Kapitol unter anderem Marmor statt schnödem Sandstein.

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Feuer, Explosionen und Renovierungen

Trotze eines weiteren Feuers noch im selben Jahr schreiten die Arbeiten schnell voran, und so kann der Senat bereits 1859 den Saal beziehen, in dem er bis heute tagt. Es folgt ein kurzes, aber skurriles Kapitel, in dem das Kapitol im Zuge des US-Bürgerkrieges 1861 zwischenzeitlich umgenutzt wird. So dient es in diese Zeit unter anderem als Baracke für Soldaten, als Krankenhaus und sogar als Bäckerei. Bereits 1855 hatte man die alte Kuppel des Gebäudes durch eine modernere aus Gusseisen ersetzt. Bis 1868 sind alle größeren Arbeiten am Kapitol abgeschlossen, unter anderem das monumentale Deckengemälde des italienischen Künstlers Constantino Brumidi im Inneren der Kuppel. Es befindet sich bis heute in gut 54 Metern Höhe in der Rotunde des Gebäudes.

Es folgen zahlreiche Vergrößerungen und Ausbesserungen. 1873 erhält das Gebäude den ersten Fahrstuhl, in den 1880er-Jahren elektrisches Licht. 1898 ereignet sich eine zerstörerische Gas-Explosion, nach der der Brandschutz im gesamten Gebäude-Komplex dramatisch verbessert wird. Seitdem befindet sich das Kapitol eigentlich permanent in einem Wartungszustand, kamen zu den bereits bestehenden fast 200 Räume hinzu. Während das Kapitol so unter anderem in Sachen Computer- und Überwachungstechnik auf dem neusten Stand ist, versetzte man schon anlässlich des 200-jährigen Geburtstags der USA 1976 zahlreiche Räume wieder in ihr Erscheinungsbild aus der Mitte des 19. Jahrhundert zurück.

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Bis zu 20.000 Besucher täglich

Die wichtigste Addition zu dem beeindruckenden Gebäude war in jüngster Vergangenheit wohl die Eröffnung des Besucherzentrums im Jahre 2008. Nach siebenjährigen Bauarbeiten konnte es, komplett unterirdisch liegend, in Betrieb genommen werden. Heute besuchen das Zentrum laut offizieller Seite jährlich bis zu drei Millionen Menschen, mitunter bis zu 20.000 Personen täglich. Im Januar 2021 war das Kapitol dann aber leider Schauplatz einer der bittersten Stunden der US-Geschichte. Aufgestachelt von Ex-Präsident Donald Trump, erstürmten zahllose seiner Anhänger randalierend die Heiligen Hallen, wobei mehrere Menschen sogar ihr Leben verloren.

Dennoch ist das Kapitol immer noch das politische Herz einer gesamten Nation. Der Ort, an dem alle wichtigen nationalen Feierlichkeiten stattfinden, und in dem sich ein ganzes Land immer wieder einen neuen Kurs verordnet. Wer das Gebäude heute einmal besuchen möchte, bucht sich am besten über die offizielle Seite Tickets bzw. eine Tour. Montag bis Samstag ist das Besucherzentrum von 8.30 bis 16.30 Uhr für Touristen geöffnet, Führungen starten alle 10 Minuten bis 15.20 Uhr. Die Touren werden auch auf Deutsch, Italienisch, Französisch, Spanisch, Mandarin-Chinesisch und weiteren Sprachen angeboten. Sie beinhalten die Krypta, die Rotunde und die Nationale Statuen-Halle, in der bekannte Persönlichkeiten aus jedem US-Bundesstaat zu sehen sind. Der Eintritt in das Kapitol und die Touren sind für jedermann umsonst. Nur über eine Führung darf man das Gebäude besichtigen. Weitere eventuelle Fragen zu einem Besuch im Kapitol beantwortet Ihnen die offizielle Website.

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