12. Juli 2019, 15:02 Uhr | Lesezeit: 10 Minuten
Von insgesamt 29 Stätten, die das Unesco-Welterbekomitee in diesem Jahr in die Welterbeliste aufgenommen hat, befinden sich 12 in Europa und davon zwei in Deutschland. TRAVELBOOK stellt sie vor.
Wer auf der Suche nach neuen Abenteuern in Europa ist, bekommt dank des Unesco-Welterbekomitees jetzt neue Inspiration. Die neuen Welterbestätten sind allesamt dank eindrucksvoller Gebäude, prähistorischer Fundorte oder einzigartigen Naturschauspielen interessante Reise- oder Ausflugsziele.
Island: Nationalpark Vatnajökull
Der Vatnajökull-Nationalpark ist eine Vulkanregion in Island, die bekannt für einzigartige Naturschauspiele ist. Das spektakulärste ist der sogenannte „jökulhlaup“, ein Gletscherlauf: Durch Vulkanaktivitäten staut sich unter der Eisdecke Schmelzwasser, das bei erneuten Aktivitäten als Flutwelle hervorbrechen und die umliegenden Täler überschwemmen kann. Dadurch entstehen u. a. Sanderflächen, Flüsse und tief eingeschnittene Schluchten. Der Vatnajökull-Nationalpark nimmt rund zehn Prozent der Fläche Islands ein.
Portugal: Das Heiligtum des Bom Jesus do Monte
Das Heiligtum des Bom Jesus do Monte ist ein Wallfahrtsort im östlichen Teil der Stadt Braga in Nordportugal. Die Kulturlandschaft mit der Nachbildung eines heiligen Berges und einer Kirche ist dem christlichen Jerusalem nachempfunden. Das Heiligtum veranschaulicht die europäische Tradition der „Sacri Monti“, der heiligen Berge.
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Portugal: Königlicher Gebäudekomplex von Mafra
Portugal ist in diesem Jahr um noch eine weitere Welterbestätte reicher geworden. Der Königliche Gebäudekomplex von Mafra wurde 1711 unter König Johann V. entworfen und verkörpert dessen Vorstellung von Monarchie und Staat. Im Palastgebäude befinden sich die Königsgemächer, die königliche Kapelle in Form einer römischen Barockbasilika, ein Franziskanerkloster sowie eine Bibliothek. Drumherum liegen der geometrisch angelegte Cerco-Garten und die Tapada, das königliche Jagdrevier.
Spanien: Risco Caído und die Kulturlandschaft der heiligen Berge
Risco Caído liegt in einer Bergregion im Zentrum der Insel Gran Canaria. Zu der Kulturlandschaft zählen die Höhlensiedlungen einer prähispanischen Inselkultur, die mit der Ankunft der Berber aus Nordafrika vor 2000 Jahren entstand. Der Höhlenkomplex umfasst u. a. Behausungen, Zisternen, Kultstätten und zwei als heilig geltende Tempel, die sogenannten Almogarenes.
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Tschechien: Landschaft für die Zucht und Dressur von zeremoniellen Wagenpferden
In der flachen Landschaft in Kladruby nad Labem mit ihren zahlreichen Wäldern waren Pferde für den Transport und die Landwirtschaft einst unerlässlich. In der Kulturlandschaft mit Zucht- und Dressuranlagen werden traditionell Kladruber gezüchtet. Diese als Wagenpferd gezüchtete Rasse kam früher am Habsburgischen Kaiserhof bei Zeremonien zum Einsatz. Das kaiserliche Gestüt wurde 1579 gegründet und züchtet auch heute noch als Nationalgestüt Kladruber.
Vereinigtes Königreich: Jodrell-Bank-Observatorium
Das Jodrell-Bank-Observatorium ist eins ersten Observatorien für Radioastronomie der Welt. Es besteht seit 1945 und spielte eine wichtige Rolle u. a. bei der Erforschung von Meteoriten und des Mondes. Das Observatorium, das auch heute noch in Betrieb ist, kennzeichne laut Unesco den Übergang von der traditionellen optischen Astronomie zur Radioastronomie. Das Jodrell-Bank-Observatorium befindet sich im Nordwesten Englands.
Deutschland: Augsburger Wassermanagement-System
Das Wassermanagement-System der Stadt Augsburg ist eine von zwei neuen Welterbestätten in Deutschland. Es umfasst u. a. ein Kanalsystem, Wassertürme mit Pumpwerken aus dem 15. bis 17. Jahrhundert und Wasserkraftwerke, in denen auch heute noch Strom erzeugt wird.
Frankreich: Französische Südgebiete und Meere
Zu den Französischen Südgebieten und -meeren zählen die Crozetinseln, der Kerguelen-Archipel und die Inseln Sankt Paul und Amsterdam. Sie liegen im südlichen Indischen Ozean und sind Heimat zahlreicher Seevögel und Meeressäuger, darunter Königspinguine und Gelbnasenalbatrosse. Die abgelegenen Inseln mit intakten Lebensräumen sind vor allem für die Wissenschaft interessant, da sie Einblicke in evolutionsbiologische Entwicklungen geben.
Deutschland und Tschechische Republik: Montanregion Erzgebirge/Krušnohoří
Im sächsisch-böhmischen Erzgebirge, das sich zwischen 1460 und 1560 zur größten Silbererzquelle Europas entwickelte, wurde der Grundstein für zahlreiche technologische Neuerungen wie Bergwerke, innovative Erzaufbereitungsanlagen und Schmelzhütten gelegt. Beinahe 800 Jahre war die Kulturlandschaft des Erzgebirges maßgeblich vom Bergbau geprägt.
Italien: Die Hügel des Prosecco
Charakteristisch für die Kulturlandschaft zwischen Conegliano und Valdobbiadene im Nordosten Italiens sind steil abfallende Hügeln, Rebparzellen auf engen Terrassen (Ciglioni), Wälder, Dörfer und Ackerland. Die Ciglioni, die seit dem 17. Jahrhundert angelegt wurden, haben mit ihren parallel und vertikal zu den Hängen verlaufenden Rebstöcken eine Mosaiklandschaft geformt.
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Polen: Krzemionki – Montanregion der prähistorischen Gewinnung von gebändertem Feuerstein
Zur Montanregion Krzemionki im Heiligkreuzgebirge im Südosten Polens zählen vier jungsteinzeitliche und bronzezeitliche Abbaugebiete für die Gewinnung von gebändertem Feuerstein. Dieser wurde in erster Linie zu Beilen verarbeitet. Die Montanregion mit unterirdischen Abbauräumen und rund 4000 Schächten und Gruben aus der Zeit von 3900 bis 1600 vor Christus verfügt über eines der umfassendsten, bisher bekannten prähistorischen Systeme zur Gewinnung und Verarbeitung von Feuerstein.
Russland: Kirchen der Architekturschule von Pskow
Zu der Welterbestätte zählen Kirchen, Kathedralen und Klöster im Zentrum der Stadt Pskow im Nordwesten Russlands. Charakteristisch für die Gebäude der Pskower Architekturschule, die bis ins 12. Jahrhundert zurückgehen, sind quadratische Formen, Kuppeln, Veranden und Glockentürme. Die Pskower Schule prägte im 15. und 16. Jahrhundert die Architektur Russlands und hat ihre Entwicklung über Jahrhunderte beeinflusst.
Albanien: Natur- und Kulturerbe der Ohrid-Region
Der in Nordmazedonien gelegene Teil des Ohridsees und die Stadt Ohrid sind bereits seit 1979 Welterbestätte. Nun wurde die Stätte um den albanischen Teil des Ohridsees, die Halbinsel Lin, die Quellen im Park von Drillon und einen Uferabschnitt an der nordmazedonischen Grenze erweitert. Auf der kleinen Halbinsel Lin befinden sich die Überreste einer Kirche aus dem 6. Jahrhundert, nahe Seeufer zeugen Fundorte von prähistorischen Pfahlbausiedlungen.
Neue Welterbestätten 2018 in Europa
Aasivissuit in Dänemark
Im zentralen Westgrönland, nördlich des Polarkreises, liegt das Inuit-Jagdgebiet namens Aasivissuit. Es erstreckt sich über 2400 Quadratkilometer, zu denen auch Fjorde, Seen und Eiskappen gehören. Insgesamt umfasst die Kulturlandschaft sieben Orte, die von Nipisat im Westen bis zu Aasivissuit im Osten nahe der Eiskappe reichen. Besucher bekommen durch Relikte aus 4200 Jahren menschlicher Geschichte vor allem Einblicke in die damalige Lebensweise. Ab und an stehen sogar noch Gebäude in der Winterlandschaft, obwohl sie weitestgehend unbewohnt ist.
Archäologischer Grenzkomplex Haithabu und Danewerk in Deutschland
Diese archäologische Stätte, die in Schleswig-Holstein liegt, bietet Relikte einer Handelsstadt aus dem ersten und frühen zweiten Jahrtausend nach Christus. Durch immer noch vorhandene Spuren von Straßen, Gebäuden, Friedhöfen und einem Hafen kann das Leben seinerzeit auch heute noch rekapituliert werden. Der Grenzkomplex galt damals wegen seiner Lage, zwischen dem fränkischen Reich im Süden und dem dänischen Königreich im Norden, als Knotenpunkt zwischen Kontinentaleuropa und Skandinavien sowie der Nord- und Ostsee. Durch gut erhaltene archäologische Funde kann die Entwicklung der wirtschaftlichen, sozialen und historischen Entwicklung im Europa zu Zeiten der Wikinger auch heute noch erforscht werden.
Große Teile des Danewerks und ganz Haithabu sind Naturschutzgebiet.
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Naumburger Dom in Deutschland
Der Naumburger Dom, der in der gleichnamigen Stadt zu finden ist, wurde zwischen 1213 und 1250 errichtet und gehört zu den bedeutendsten Kathedralbauten des Hochmittelalters. Ein Gang durch die Hallen des Kulturdenkmals im Stil der Spätromantik und Frühgotik lässt auf die damalige Technologie, Kunst und Architektur schließen. Weltbekannt ist der heute evangelische Dom wegen der Arbeiten des „Naumburger Meisters“ – ein namentlich nicht bekannter Steinbildhauer des Mittelalters. In den Hallen der Stätte stehen zwölf überlebensgroße Stifterfiguren, die aus der Werkstatt des Künstlers stammen.
Von Montag bis Sonntag ist der Naumburger Dom für Schaulustige geöffnet. Erwachsene müssen 6,50€ Eintritt zahlen. Ermäßigungen gibt es für ALG-II-Empfänger, Studenten, Azubis, Schüler und Gruppen.
Ivrea, Industriestadt des 20. Jahrhunderts, in Italien
In den 1930er und 1960er Jahren wurde Ivrea von führenden italienischen Stadtplanern und Architekten entworfen. Olivetti, ein Hersteller von Schreibmaschinen, mechanischen Rechenmaschinen und Computern, experimentierte seinerzeit in der Industriestadt. Sie verkörpert die moderne Version der Beziehung zwischen Fertigungsindustrie und Architektur und wird als beispielhaftes gesellschaftliches Projekt angesehen.
Ivrea liegt in der Metropolitanstadt Turin in der Region Piemont.
Kalifatsstadt Madīnat az-Zahrā in Spanien
Fast 1000 Jahre war die Kalifastadt Madīnat az-Zahrā in Andalusien in Vergessenheit geraten, bis sie im frühen 20. Jahrhundert wiederentdeckt wurde. Die archäologische Stätte diente als Sitz des Kalifats von Córdoba, die Mitte des zehnten Jahrtausends durch die Umayyaden-Dynastie errichtet worden war. Urlaubern oder auch Einheimischen wird ein komplett erhaltenes städtisches Ensemble geboten mit Straßen, Brücken, Gebäuden und sogar Alltagsgegenständen. Bei einem Besuch taucht man in die heute verschwundene westliche islamische Zivilisation von Al-Andalus ein – damit wurden Teile der Iberischen Halbinsel bezeichnet, die zwischen 711 und 1492 muslimisch beherrscht worden waren.
Von Dienstag bis Sonntag kann die Stadt für etwa 26€ pro Person besucht werden.
Göbekli Tepe in der Türkei
Die türkische Welterbestätte liegt in der Bergkette von Germuş im Südosten Anatoliens, nordöstlich der Stadt Şanlıurfa. Errichtet wurde sie zwischen 9600 und 8200 vor Christus durch Jäger und Sammler der vorkeramischen Jungsteinzeit. Bei einer Entdeckungstour werden einem dank in Säulen verewigten Abbildungen von bedrohlichen Tieren und Menschen die Weltanschauung und der Glauben der damaligen Einwohner Obermesopotamiens nähergebracht. Besonderheit der Grabungsstätte: Es handelt sich um die älteste Hochkultur der Menschheit.
Ausflüge werden im Internet in mehrtägigen Gruppen-Touren angeboten. Es sind aber auch private Tagestrips beispielsweise von Istanbul aus möglich.
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Chaîne des Puys – Tektonikarena der Limagne-Verwerfung in Frankreich
Erstaunlich, aber auch in Zentralfrankreich gibt es Vulkane. Die Welterbestätte bilden die Limagne-Verwerfung, die Vulkankette der Chaîne des Puys und das nach innen gekehrte Relief der Montagne de la Serre. Der größte Vulkan der Kette ist übrigens der Puy de Dôme mit einer Höhe von etwa 1465 Metern in der Lavakuppel. Bei dieser Stätte sind vor allem die geologischen Merkmale interessant: Sie verdeutlichen, wie die kontinentale Kruste seinerzeit aufgerissen und aufgebrochen war, sodass das Magma aufsteigen und die Oberfläche anheben konnte.
Im Internet werden Touren zum Puy de Dôme und dem umliegenden Land angeboten. Wanderer und Abenteurer können den Vulkan auch selbst besteigen – den bequemeren Reisenden steht eine Bahn zum Gipfel zur Verfügung.