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13. Februar 2025, 6:30 Uhr | Lesezeit: 8 Minuten
Die Singapore Airlines-Tochter Scoot mischt seit einigen Jahren den Markt für Flüge nach Asien mit zum Teil verdächtig günstigen Preisen auf. Für unseren Autor war bei seiner jüngsten Reise nach Bali daher schnell klar, dass er sich den Anbieter einmal selbst anschauen muss. Beziehungsweise ihn am besten gleich testen. Was er auf dem Flug erlebt hat, berichtet er hier.
Mit über 40 Jahren bin ich mittlerweile in einem Alter, wo ich mitunter (und leider immer öfter) das Gefühl habe, mir manchmal selbst etwas beweisen zu müssen. Ich würde noch nicht soweit gehen, das als Midlife Crisis zu bezeichnen, aber ich beobachte die Vorzeichen misstrauisch und genau. Vielleicht ließ ich mich auch deshalb so bereitwillig von meiner Freundin überreden, nicht nur unsere kürzliche dreiwöchige Reise auf die Trauminsel Bali zu einem Abenteuer zu machen, sondern auch den Flug dorthin. Als Anbieter für diesen Marathon, der am Ende auch dank Zeitverschiebung mehr als einen ganzen Tag dauern sollte, entschieden wir uns nämlich für Scoot.
Sicherlich haben sie von der Gesellschaft in den letzten Jahren schon einmal gehört. Die Tochter von Singapore Airlines ist nun bereits seit 2012 am Markt und bietet über ihren Hub in dem Stadtstaat Singapur vergleichsweise mitunter sehr niedrige Preise für Flüge aus Deutschland nach Asien an. Dafür gibt es bei Scoot für die Gäste aber keinerlei kostenfreies Onboard-Entertainment, wie es bei „klassischen“ Anbietern Gang und Gäbe ist. Auch eventuelle Verköstigung sowie jegliche Getränke muss man sich während des Fluges dazukaufen, sofern man sie nicht bereits vorab online bestellt hat. Für die Auswahl bestimmter Sitze wird der Fluggast mitunter zusätzlich noch einmal deftig zur Kasse gebeten, und natürlich muss man auch für größere Gepäckstücke zahlen.
Flug mit der Pokémon-Maschine
Meine Freundin, die 2022 bereits einmal mit Scoot nach Thailand geflogen war, versicherte mir strahlend, dass sei aber alles nicht so wild. Proviant könne man sich selbst mit an Bord nehmen, Wasserflaschen an jedem Zwischenstopp auffüllen. Mit einem guten Buch oder sprichwörtlich im Schlaf verginge so einen Reise dann insgesamt doch überraschend schnell und reibungslos. Also, bevor noch der innere Zweifler in mir aufkommen kann, schnell auf „Buchen“ gedrückt. Etwa 150 Euro Zuzahlung, damit wir dann auch auf jeden Fall nebeneinander sitzen. Kein Extragepäck, nur die im Preis inkludierten 10 Kilo. Verteilbar auf eine große und eine kleine Tasche, die von den Maßen her unter den Sitz passen müssen. Am Ende steht dann die zumindest für mich als Freiberufler gar nicht mal so kleine Summe von knapp 1500 Euro für uns beide. Aber so einen Urlaub auf Bali gönnt man sich ja auch nicht alle Tage.
Abflughafen Berlin BER, Mitte Januar, das Wetter so, dass man nichts als Mitleid mit all jenen empfindet, die leider zuhause bleiben müssen. Absolut pünktlich geht es ans Boarding, nachdem wir vorher am Scoot-Schalter unser Gepäck haben wiegen lassen müssen, und man uns unsere Bordkarten ausgehändigt hat. In der Gangway kommt es dann beim Zusteigen zu einem größeren Stau, denn zum Entzücken Aller fliegen wir mit einer Boeing, auf die Konterfeis von niedlichen Pokémon-Monstern abgebildet sind. Und das will natürlich im Zeitalter von Social Media ausgiebig fotografisch dokumentiert sein. In der Folge stochern und drängeln wir uns dann den Weg zu unseren Plätzen frei – wo ich eine ziemlich unwillkommene Überraschung erlebe.
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Unerwarteter Flugbegleiter
Dafür kann allerdings Scoot selbst nichts, doch als ich an meinem Sitz ankomme, wartet dort schon mein „Banknachbar“ auf mich. Dessen barocke Formen haben bereits auf gefühlt die Hälfte meines Platzes übergegriffen. Es ist wirklich nur meiner Houdini-haften Geschmeidigkeit zu verdanken, dass wir überhaupt beide nebeneinander passen, denn ich bin auch nicht mehr so schlank wie früher einmal. Der Mann stellt sich in der Folge aber als höchst unterhaltsamer Mensch heraus, der das ganze Jahr zwischen Destinationen in Südamerika und Asien unterwegs ist, seit seine Rente ihn vom Joch der Arbeit befreit hat. Er selbst wird von Singapur erst nach Vietnam fliegen, dann Thailand, dann Kolumbien und so weiter. Unterwegs sein als Lebensinhalt, ein großer Teil von mir beneidet ihn darum.
Dann geht es los, das Flugzeug setzt sich auf der Rollbahn in Bewegung, der Scoot-Kapitän begrüßt in selten so klar gehörter Verständlichkeit die Passagiere. Die Flugbegleiter stellt er fröhlich als „Scooties“ vor, als handele es sich bei ihnen um Umpa-Lumpas aus Willy Wonkas Schokoladenfabrik. Sie sind allesamt asiatischer Abstammung, tragen aber der westlichen Zunge gefälligere Namen wie Derek, Judy, Sophia, und, mein Liebling, Junior. Diese wuseln dann in der Folge auch ununterbrochen an Bord hin und her, verteilen hier Getränke oder Snacks, verkaufen dort schon einmal Kleinigkeiten aus dem Bordshop. Nach etwa zweieinhalb absolut ruhigen Flugstunden landet die Maschine sicher in Athen, dem ersten unserer zwei Zwischenstopps auf der Route nach Bali.
Willkommene Stärkung in Athen
Hier findet ein Crew-Wechsel statt, und hier ist auch meine einzige Kritik an dem Anbieter Scoot überhaupt. Denn nach der Landung müssen wir Passagiere aussteigen und etwa eine Stunden am Flughafen warten. Nur, um dann in die exakt selbe Maschine wieder einzusteigen und an den exakt selben Platz zurück zu kehren. Das hat auch den Hintergrund, dass in Athen noch neue Passagiere zusteigen. Meine Freundin, ewige Optimistin, macht aus der Not einfach eine Tugend, und kauft uns im Flughafen-Shop griechischen Salat, Tzatziki und Oliven. Den herzinfarkt-starken griechischen Kaffee noch dazu, und schon wird aus der Wartezeit ein angenehmes Picknick.
Dann kommt der eigentliche Hammer der Scoot-Reise, 11 Stunden Flugzeit von Berlin nach Singapur. Hier muss man der Airline wirklich zugute halten, dass die Sitze genauso bequem oder unbequem sind wie die etablierter Anbieter. Zudem bieten sie auch für einen Menschen wie mich, mit knapp 1,90 Meter Körpergröße, eine zwar nicht üppige, aber doch erfreuliche Beinfreiheit. Dank einer Augenmaske und Ohrstöpseln gelingt es mir sogar ein wenig zu schlafen. Doch als mein Rubens-Sitznachbar die Stewardess zwischendurch einmal hoffnungsfroh fragt, ob wir denn bald da seien, sind es immer noch sieben Stunden. Noch nicht einmal Halbzeit, und der Allerwerteste schmerzt, als hätte man wochenlang ununterbrochen auf spitzen Steinen gesessen.
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Stretching gegen den Schmerz
Also aufstehen, ein wenig herumlaufen, Leute in jedem erdenklichen Zustand der Erschöpfung und Resignation beobachten. Tja, so ein Traumurlaub hat eben seinen Preis, und den zahlt man mitunter nicht nur in Geld, sondern auch mit Sitzfleisch. Als meine Freundin prophylaktisch mit ein paar leichten Dehnübungen beginnt, kommt gleich ein besorgter „Scootie“, um zu fragen, ob denn auch alles in Ordnung sei. Ich erlebe derweil ein anderes bizarres Szenario. Völlig ermattet lasse ich mich gedankenverloren auf einen der bequemeren Sitze darnieder sinken, die frei geblieben sind. Schon ist ein Flugbegleiter zur Stelle, der mich fragt, ob ich mir ein Upgrade wünsche, selbstverständlich kostenpflichtig. Er zuckt nicht einmal mit der Augenbraue, als er den Aufpreis von mehreren hundert Euro nennt.
Wer sich nicht für teures Geld Bord-Entertainment dazu kauft, dem bleibt als Unterhaltungsprogramm quasi nur das, was man sich selbst mitgebracht hat. Ein kurzer Blick in die knallbunte Scoot-Speisekarte verrät, dass sehr gut daran tat, wer sich eigene Verpflegung mitbrachte. Auch in diesem Punkt unterscheidet sich die Airline aber meiner Meinung nach keinesfalls negativ von anderen. Denn was heutzutage generell in der Luft mitunter als „ Essen“ angeboten wird, kann man streng genommen nur als Körperverletzung bezeichnen. Offiziell ist der Verzehr von mitgebrachten Speisen an Bord unserer Maschine zwar nicht erlaubt, aber die „ Scooties“ drücken aus Kulanz oder auch einfach Mitleid beide Augen zu.
![Scoot Fluggesellschaft](https://cdn.book-family.de/travelbook/data/uploads/2018/01/gettyimages-537803196_master_1516014222.jpg?impolicy=channel&imwidth=128)
Hin- und Rückflug schon für 335 Euro Billigflieger Scoot fliegt von Deutschland nach Singapur
![Scoot](https://cdn.book-family.de/travelbook/data/uploads/2021/08/251660876.jpg?impolicy=channel&imwidth=128)
Nach 15 Monaten Pause Billigairline Scoot nimmt Strecke Berlin – Singapur wieder auf
![Flug sterben](https://cdn.book-family.de/travelbook/data/uploads/2024/09/sterben-im-flugzeug-gettyimages-578683980.jpg?impolicy=channel&imwidth=128)
Wussten Sie das? Warum Sterben auf einem Flug technisch oft nicht möglich ist
Kein Anschluss unter diesem Flughafen
Ohne größere Zwischenfälle oder Turbulenzen kommt unsere Maschine dann irgendwann, gefühlt nach Tagen, auf dem Scoot-Hub in Singapur an. Hier haben wir uns einen sechs-stündigen Layover gebucht, um uns einmal den Airport anzuschauen, der regelmäßig in den Rankings als „bester der Welt“ den Spitzenplatz einnimmt. Unfairerweise verfliegt diese Zeit, als wären es nur ein Paar Minuten, denn soviel sei hier verraten, der Changi Airport ist wirklich absolut spektakulär. Unsere letzte Etappe nach Bali ist, derart erfrischt, dann auch nur noch ein längerer Wimpernschlag.
Ich hatte in meinem Leben wirklich schon oft das zweifelhafte Privileg, längere Flugreisen zu absolvieren. Und kann sagen, die Erfahrung mit Scoot war eine, die ich jederzeit auch wiederholen würde, um andere Ziele in Asien zu erreichen. Bis auf die Länge des Fluges an sich verlief die Reise absolut reibungslos, was das Zutun der Airline betrifft. Leider werde ich aber wohl als Berliner zukünftig nicht mehr so einfach die Gelegenheit haben, in den Genuss eines Scoot-Fluges zu kommen. Denn wie die Seite „Aerotelegraph“ berichtet, wird die Verbindung nach Asien ab Berlin Ende März eingestellt und nach Wien verlegt. Sollte das stimmen, fände ich persönlich es schade, und für den BER wäre es der Verlust einer weiteren bedeutenden Strecke.
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