7. April 2020, 17:44 Uhr | Lesezeit: 4 Minuten
Die Coronakrise hat das Aus für die Lufthansa-Tochter Germanwings besiegelt. Zahlreiche Gewerkschaften und Personalvertreter, unter anderem die Vereinigung Cockpit e.V. und die Unabhängige Flugbegleiter Organisation (UFO) e.V., hatten schon befürchtet, Lufthansa könnte die Corona-Krise dafür ausnutzen, um Germanwings abzustoßen.
Noch am Dienstagmittag hatte Lufthansa-Sprecher Jörg Waber TRAVELBOOK mitgeteilt, es gebe keine „Beschlussvorlage zur Betriebsschließung für Germanwings“ und man werde „die Optionen für Germanwings zu bewerten.” Die Corona-Krise treffe die Lufthansa Group mit voller Wucht und man nutze konsequent alle Mittel, die zur Liquiditätssicherung zur Verfügung stehen. Wenige Stunden nach dieser Aussage steht nun fest, wie diese Liquiditätssicherung aussehen wird.
Am Dienstagabend wurde bekannt, dass Lufthansa wegen der Coronakrise eine Restrukturierung ihrer Flugbetriebe beschlossen hat und die Tochter Germanwings eingestellt wird. Man wolle möglichst viele Mitarbeiter innerhalb der Lufthansagruppe weiter beschäftigen. Außerdem sollen bei nahezu allen Flugbetrieben des Konzerns Kapazitäten verringert und die Verwaltung verkleinert werden. Man erwarte, dass die Nachfrage auch nach der Coronakrise deutlich geringer bleibt.
Das Ende von Germanwings trifft vor allem die 1400 dort beschäftigten Mitarbeiter hart. In einer Petition der UFO auf „Change.org“ , die vor der Verkündung erstellt wurde, hieß es bereits: „Wenn Manager hier jetzt auf Kosten der Allgemeinheit ungehindert menschliche Schicksale in der Flut der Krisennachrichten untergehen lassen wollen, dann kann, darf und muss sich empört werden.“
Warum gab es keine Kurzarbeit bei Germanwings?
Zuletzt gab es Anschuldigungen, die Lufthansa sei bewusst perfide vorgegangen. Demnach gab es für die Beschäftigten von Germanwings, anders als beim Mutterkonzern, bislang keine Vereinbarung beim Kurzarbeitergeld.
Dadurch sei eine Regelung für Kurzarbeitergeld vermieden worden – denn diese wäre automatisch mit einem Bestandsschutz für die betroffenen Arbeitsplätze für die 1400 Germanwings-Mitarbeiter einhergegangen. Keine Kurzarbeitsregeln bedeutet also ganz konkret: keine Sicherheit der Arbeitsplätze, wie die Germanwings-Mitarbeiter nun schmerzhaft erfahren müssen.
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Ohne Kurzarbeit gibt es auch keinen Kündigungsschutz
Weiter schreibt die Organisation, auch die anderen Tochter-Gesellschaften der Lufthansa, namentlich Eurowings, Eurowings Europe, SunExpress und CityLine, hätten bislang keine vertraglichen Regelungen zur Kurzarbeit bekommen. Man vermute hinter dem Vorgehen des Konzerns, dass Angst geschürt werden solle, da es ohne Tarifvertrag zur Kurzarbeit auch keinen Kündigungsschutz gebe.
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Daniel Flohr, Vorstandsvorsitzender der UFO, fand noch vor der offiziellen Bekanntgabe des Aus‘ von Germanwings gegenüber TRAVELBOOK deutliche Worte: „Der Skandal ist, dass die Lufthansa Staatshilfe bekommt, um Arbeitsplätze zu sichern, aber bereits vereinbarte Regelungen zur Kurzarbeit ablehnt. Die Situation soll jetzt ausgenutzt werden, um vorbei an Betriebsräten und Mitarbeitern Fakten zu schaffen. Das ist eine skrupellose Vorgehensweise, 1400 Menschen stehen jetzt vor der Existenzfrage.“
Zwar gäbe es einige Mitarbeiter der Germanwings, die Wohl im Fall einer tatsächlichen Zerschlagung übernommen würden, jedoch: „Weit über 1000 Mitarbeiter würden auf der Straße stehen.“ Ob dem wirklich so sein wird, wird sich in den nächsten Tagen und Wochen zeigen.