14. August 2014, 11:04 Uhr | Lesezeit: 4 Minuten
Ein Jahr ist es her, dass die Kurz- und Mittelstreckenflüge der Lufthansa von der 100-prozentigen Tochter Germanwings übernommen wurden. Viele Lufthansa-Kunden waren damals besorgt, dass der Service unter der Umstellung leiden würde. Schließlich haftete Germanwings das Image einer Billigairline an. Eine Zwischenbilanz.
„Die Umstellung der meisten Lufthansa-(LH)-Verbindungen in Europa auf Germanwings (4U) wird sowohl für Kunden als auch für den Reisevertrieb massive Folgen haben“, warnte der Deutsche Reiseverband (DRV) im Mai vergangenen Jahres – wenige Wochen, bevor Germanwings die Flüge der Kurz- und Mittelstrecke von seinem Mutterkonzern übernahm.
Wie die Folgen aussehen können, zeigt sich vielerorts an den Airports. Obwohl Flüge, etwa von Düsseldorf nach Berlin, ganz normale LH-Flugnummern haben, können bei Lufthansa gebuchte Verbindungen, die letztlich von Germanwings durchgeführt werden, aufgrund unterschiedlicher Buchungssysteme von Lufthansa-Kunden online nicht unter „Meine Buchungen“ eingesehen oder verwaltet werden – sehr zum Ärger vieler Geschäftsreisender.
Das gleiche Problem hat auch das Bodenpersonal: An vielen Flughäfen bereiten die unterschiedlichen Buchungssysteme Schwierigkeiten, etwa bei Umbuchungen im Zuge von Flugausfällen oder Verspätungen. Dennoch: „Eine Vereinheitlichung der Buchungssysteme ist nicht geplant“, erklärt Germanwings-Sprecher Joachim Schöttes auf TRAVELBOOK.de-Anfrage. „Bei einem solch großen Projekt, das auch eine Umstellung auf Seiten der Gäste mit sich bringt, gibt es naturgemäß Anfangsschwierigkeiten, die sich allerdings schnell legen.“
„Daran muss man sich gewöhnen”
Kompliziert ist auch der Check-in. Wer bei Lufthansa seinen Flug von Düsseldorf nach Berlin bucht, kann online nicht etwa bei Lufthansa einchecken. In diesem Fall heißt es auf der Website der Lufthansa: „Für Ihre Germanwings-Flüge können Sie online bei germanwings.com, per Mobiltelefon oder am Flughafenschalter von Germanwings einchecken.“ Bei kombinierten Flügen, d.h. Verbindungen, bei denen eine Teilstrecke von der Lufthansa und die andere von Germanwings abgewickelt wird, sah man sich sogar genötigt, eine Übersichtstabelle zu erstellen, um die verschiedenen Fälle darzustellen.
Im Fall von Düsseldorf verglich Germanwings-Chef Thomas Winkelmann die Umstellung im „Handelsblatt“ mit einer Renovierung im Hotel. „Da hat sich vielleicht ein Gang verändert, aber daran muss man sich gewöhnen.“ Aber natürlich sei es etwas Neues – „und da kann es auch mal sein, dass jemand, der es gewohnt ist, linksrum zu gehen, jetzt mal rechtsrum gehen muss“.
Keine Wahl mehr
Für Lufthansa, eben erst bei den „World Travel Awards“ als beste Airline Europas ausgezeichnet, macht die Umstellung aus wirtschaftlicher Sicht Sinn. Schließlich handelt es sich bei den von Germanwings übernommenen Strecken um Routen, auf denen die Lufthansa zum Teil Verluste machte. Dutzende Maschinen der Lufthansa-Flotte wurden von Germanwings im Zuge der Umstellung übernommen, im Innenraum angepasst und im Germanwings-Look umlackiert.
Doch gerade unter Vielfliegern herrscht trotzdem Unmut. „Konnte der Kunde bislang zwischen hochwertiger und Service-orientierter Qualitäts-Airline einerseits und Billigflieger andererseits entscheiden, lässt ihm die neue Lufthansa-Strategie keinerlei Wahl: Auf den meisten Strecken fliegen nur noch Billig-Anbieter“, schreibt etwa die „Wirtschaftswoche“.
Das sieht die Lufthansa anders und bezeichnet Germanwings in diesem Zusammenhang als „Qualitäts-Low-Cost-Carrier“, dessen Qualitätsversprechen positiv auf Lufthansa ausstrahle, wie Sprecher Boris Ogursky TRAVELBOOK erklärt. „Die bekannte Lufthansa-Qualität wird von einem Passagier genauso auf einem Germanwings-Flug empfunden, obwohl Produkt und Angebot sich unterscheiden.“ Ein Passagier brauche nur für das zahlen, was er in Anspruch nimmt.
Mit dem Best-Tarif, der neben dem Basic- und Smart-Tarif Teil des dreistufigen Preissystems ist, wurde bei Germanwings eine Art Business-Class-Ersatz geschaffen. Darin enthalten: geräumigere Sitze, im Preis inbegriffene „Speise- und Getränkeauswahl à la carte“ sowie Lounge-Zugang am Airport.
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Was sagen die Kunden?
Das Feedback in Foren ist gemischt: Viele Kunden kritisieren, dass die Preise zum Teil weiterhin mit denen der Lufthansa vergleichbar seien, der Service jedoch nicht, berichtet zum Beispiel ein Passagier aus Regensburg verärgert bei „airline-bewertungen.eu“. Ein anderer Kunde schreibt bei „airlinequality.com“: „Für mich hat es den Anschein, als wolle Lufthansa eher den Umsatz verbessern statt seines Preis-Leistungsverhältnisses und Kundenservices.“
Die beiden Airlines ziehen nach einem Jahr und bislang 120 übertragenen Routen aber eine positive Zwischenbilanz. Die Lufthansa sei „sehr zufrieden“, so Ogursky. Und sein Germanywings-Kollege sagt: „Wir haben verbesserte Zufriedenheitswerte, die Buchungszahlen bestätigen den positiven Trend.“
Fazit: Auf Kurz- und Mittelstrecken müssen sich Kunden zukünftig mit dem Low-Cost-Konzept zufrieden geben. Wer mehr möchte, kann dies optional hinzubuchen. Für Lufthansa war die Umstellung notwendig, um auf den defizitären Routen profitabel zu werden.