15. Januar 2019, 11:18 Uhr | Lesezeit: 4 Minuten
Die Handgepäckregeln bei Ryanair werden immer konfuser. Mittlerweile müssen Reisende, die einen Handgepäck-Trolley mitnehmen, dafür den Zusatz-Tarif „Priority“ buchen. Doch mit einem bevorzugten Service hat dieses System nichts mehr zu tun.
„Priority“ heißt ins Deutsche übersetzt: Priorität. Man könnte also meinen, dass Flugreisende mit diesem Tarif auch priorisiert, also bevorzugt, behandelt werden. Bei vielen Airlines, zum Beispiel bei der Lufthansa, ist dies auch immer noch der Fall. So schreibt man dort auf der Website als Hinweis zu dem dortigen „Priority“-Tarif: „Das Priority Boarding sieht das Einsteigen vor allen anderen Passagieren vor, wodurch ein ruhiges Verstauen des Handgepäcks gewährleistet werden kann.“
Das hört sich zunächst nach einer guten Sache an, vor allem für diejenigen, die Wert auf eine kurze Zeit in der Warteschlange und schnelles Einsteigen in den Flieger legen. So viel zu der Theorie – die im Grunde nur dann funktionieren kann, wenn eine Minderheit diesen Tarif wählt.
Bei Ryanair ist „Priority“ günstiger als die normale Gepäckaufgabe
Nun ist es mit den verschärften Regeln bei Ryanair so, dass jeder, der ein Handgepäck hat, das größer als 40 x 20 x 25 Zentimeter ist, gezwungen ist, dafür zu bezahlen. Dafür gibt es zwei Buchungsoptionen: Entweder man bucht den Priority-Tarif, bei dem die Tasche mit an Bord der Maschine darf, oder man wählt die Variante, bei der das Handgepäck verladen wird. Es gibt allerdings einen entscheidenden Unterschied zwischen beiden Tarifen: Das Priority Boarding kostet 6 bis 8 Euro, der Frachtraum 8 bis 10 Euro. Der „Priority“-Tarif ist somit also zwei Euro günstiger als der „reguläre“ Tarif.
Das führt zu skurrilen Erlebnissen, wie auch TRAVELBOOK-Redakteurin Laura Graichen erfahren musste, als sie Mitte November mit Ryanair nach Málaga flog. „Am Flughafen gab es die böse Überraschung: Auf die Idee, ein „Priority-Ticket“ zu buchen, waren auch mehr als die Hälfte der Passagiere aus meinem Flieger gekommen. Das Resultat war daher, dass die Priority-Schlange mehr als doppelt so lang war wie die ’normale‘ Schlange.“ Im Endeffekt ging es bei ihr weder schneller noch komfortabler. „Um einen Platz für meinen Koffer in der Gepäckablage musste ich trotz des Tarifs kämpfen“, erklärt Laura.
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Auch andere Fluggäste machten diese Erfahrung. So schreibt etwa bei Tripadvisor der User Siegfried P.: „Priority Boarding – oder wie man als Erster im Treppenhaus stehen darf.“ Twitter-Userin Trish Kelly filmte Anfang Dezember, wie bei ihr die „Priority“-Schlange beim Boarden aussah:
Laura Graichen fasst das Chaos zusammen: „Die Bezeichnung ‚Priority Boarding‘ hat mit der neuen Handgepäckregelung bei Ryanair definitiv nichts mehr zu tun.“
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Nicht nur der Tarif, auch die Informationen dazu sind vor allem eins: mangelhaft
Wer versucht, auf der Ryanair-Website mehr über das Priority-Boarding zu erfahren, wundert sich erst mal über das absurd schlechte Deutsch. Im O-Ton heißt es dort: „Kann bevorzugtes Einsteigen für €/£6.00 pro Person und Flug dazu gekauft werden, wenn ein regulärer Sitzplatz gegen eine Gebühr reserviert wurde.“ Weiter heißt es: „Passagiere, die das Flugzeug später besteigen, müssen (in ausgebuchten Flügen) unter Umständen im Frachtraum des Flugzeugs aufbewahren, wofür jedoch keine Gebühr verrechnet wird.“ Und: „Passagiere, wer Bevorzugtes Einsteigen (Priority Boarding) gebucht haben, werden nicht aufgefördert Ihre Handgepäcke aufzugeben, ausser wenn es wegen Betriebsgründen notwendig ist.“
Nur um das klarzustellen: Die Grammatik- und Rechtschreibungsfehler stehen genau so auf der offiziellen Ryanair-Website, davon können Sie sich hier überzeugen. In diesem Sinne: Guten Flug!