2. April 2019, 10:27 Uhr | Lesezeit: 5 Minuten
Anfang Februar berichtete TRAVELBOOK über das Rubbellos-Gewinnspiel von Ryanair und die geringen Chancen, den dabei angepriesenen Millionengewinn tatsächlich abzuräumen. Inzwischen hat die irische Billigairline die Bedingungen für die Sonderziehung geändert. Auf den ersten Blick wirkt es, als sei nun alles besser – aber TRAVELBOOK hat sich das Ganze mal genauer angesehen…
Als der Kölner Mario W. Anfang Februar eine Nachricht von Ryanair erhielt, dass er aus Millionen anderen Teilnehmern gezogen worden sei und an nun an der einmal jährlich stattfindenden Sonderziehung teilnehmen dürfe, glaubte er zunächst an einen Scherz. Denn das bedeutete, so hatte es in der Beschreibung zum Gewinnspiel gestanden, dass er 50.000 Euro garantiert gewonnen hätte, und theoretisch war sogar der Gewinn von einer Million Euro möglich.
„Erst, als ich dann wirklich im Flieger Richtung Dublin saß, war mir klar, dass die das ernst meinten“, sagt Mario W. im Gespräch mit TRAVELBOOK. Der 31-Jährige flog in schließlich in die irische Hauptstadt, gemeinsam mit einer guten Freundin, mit der zusammen er im August 2018 an Bord eines Ryanair-Fliegers insgesamt 14 Rubbellose gekauft hatte. Auf einem davon hatten sie beim Gewinnfeld für die Sonderziehung ein „Yes“ freigerubbelt. W. registrierte sich danach online für die Teilnahme – und vergaß das Ganze zunächst.
Garantierter Gewinn von 100.000 Euro
Umso größer war dann die Überraschung, als dann der entscheidende Anruf kam, dass man ihn nach Dublin einlade. Und mehr noch: Letztlich sollte die Ziehung nicht nur einen Gewinn von mindestens 50.000 Euro garantieren, sondern sogar in Höhe von 100.000 Euro.
Überhaupt hat sich bei der Sonderziehung am 13. Februar 2019, an der auch W. teilnahm, so einiges im Vergleich zum Vorjahr geändert – und diese Änderungen kamen ausgerechnet, kurz nachdem TRAVELBOOK Anfang Februar in mehreren Artikeln ausführlich über das Gewinnspiel berichtet und Passagieren dazu geraten hatte, besser keine Rubbellose bei Ryanair zu kaufen – unter anderem aufgrund der extrem niedrigen Gewinnchancen.
So betrug die Wahrscheinlichkeit auf den Hauptgewinn von einer Million Euro mit den alten Spielbedingungen circa 1:562 Millionen pro Los und Jahr, wie eine Mathematikerin für TRAVELBOOK errechnet hat. Zum Vergleich: Die Chance, beim Lotto sechs Richtige plus Superzahl zu tippen, liegt bei ca. 1:140 Millionen. Damit war die Chance, beim Lotto den Jackpot abzuräumen, der meist mehrere Millionen Euro beinhaltet, wesentlich höher.
Sind die Gewinnchancen jetzt höher?
Nun scheint es auf den ersten Blick, als habe Ryanair im Sinne der Verbraucher nachgebessert. Schließlich hat sich die garantierte Gewinnsumme, sofern man die Million nicht zieht, inzwischen von 50.000 auf 100.000 Euro verdoppelt. Mit ein bisschen Glück kann man nun auch 500.000 Euro einsacken. Zudem zieht der glückliche Sonderziehungsteilnehmer mittlerweile nicht mehr aus 125 Gewinn-Umschlägen, sondern nur noch aus 46. Allerdings, und das ist hier entscheidend, muss der Teilnehmer so lange aus den Umschlägen ziehen, bis er fünfmal die gleiche Gewinnsumme gezogen hat.
„Es gab 33 Umschläge mit 100.000 Euro, 7 mit 500.000 Euro und 6 mit 1 Million“, berichtet Mario W. Entsprechend gering ist die Chance, dass man bei sechs und sieben Umschlägen eben genau diese fünfmal zieht. Mario W.: „Bei mir war es so, dass ich zweimal die 100.000 Euro gezogen habe, dann ein Mal die 500.000 Euro, und danach aber noch dreimal die 100.000 Euro, insofern war das Spiel dann recht schnell vorbei.“ Letztlich zog W. dann fünf Umschläge mit 100.000 Euro als Gewinnsumme.
Knifflige Berechnung
Wie extrem gering die Wahrscheinlichkeit ist, die Million oder 500.000 Euro zu gewinnen, hat TRAVELBOOK mit den neuen Spielbedingungen erneut nachrechnen lassen. Als Basis wurden, wie auch schon bei der ersten Berechnung, folgende Zahlen zugrunde gelegt:
- 15 verkaufte Rubbellose pro Flug (das deckt sich mit den Angaben von Ryanair-Flugbegleitern)
- 600.000 Ryanair-Flüge pro Jahr
Dadurch ergibt sich die Zahl von jährlich 9 Millionen verkauften Rubbellosen. Die Wahrscheinlichkeit, ein „Yes“ freizurubbeln, um eine theoretische Chance zu haben, an der Sonderziehung teilzunehmen, verrät Ryanair nicht. TRAVELBOOK hat deshalb einfach mal eine 50:50-Chance zugrunde gelegt – es ist aber davon auszugehen, dass die Wahrscheinlichkeit deutlich geringer ist. Aus den Passagieren, die „Yes“ freigerubbelt haben UND sich registriert haben, lost Ryanair den Sonderziehungsteilnehmer. Was bedeutet, dass die Wahrscheinlichkeit, in die Sonderziehung zu kommen, 1:18 Millionen beträgt.
Ab hier wird es knifflig, wie der Physiker Dr. Helge Todt erklärt. Deshalb hat er eigens für TRAVELBOOK ein kleines Programm geschrieben, das die Sonderziehung beliebig oft durchspielt und errechnet, wie viele Male dabei die Gewinnsummen von einer Million Euro, 500.000 Euro und die 100.000 Euro gewonnen werden. „Für 1 Milliarde Durchläufe bekommt man schon ein stabiles Ergebnis“, sagt Dr. Todt. „Die Wahrscheinlichkeit auf den Gewinn von 1 Million Euro in der Sonderziehung liegt bei etwa 1:852. Zusammen mit der Wahrscheinlichkeit, in die Sonderziehung zu kommen (1:18 Mio.), ergibt sich also eine Wahrscheinlichkeit von etwa 1:15 Milliarden.“ Die Wahrscheinlichkeit für 500.000 Euro beträgt demnach insgesamt etwa 1:5 Milliarden.
Zwei gute Gründe Warum Sie bei Ryanair niemals Rubbellose kaufen sollten!
Rubbellose werden bei jedem Flug verkauft Hat überhaupt schon mal jemand die Ryanair-Million gewonnen?
Millionenerlöse Täuscht Ryanair seine Passagiere bei den Rubbellos-Spenden?
Was Mario W. mit dem Geld vorhat
Auch wenn es bei Mario W. nicht die Million geworden ist und auch kaum hätte werden können – Mario W. freut sich natürlich trotzdem riesig über das gewonnene Geld und wird es wie abgesprochen mit seiner Freundin teilen. Die beiden wollen erstmal eine Party für alle Freunde, Verwandte und Bekannte schmeißen und im Laufe des Jahres ein Charity-Event organisieren, um Spendengelder für Hilfsprojekte zu sammeln.
Auch Ryanair spendet einen Teil der Einnahmen aus den Rubbellos-Verkäufen. Um genau zu sein sind es verschiedenen Medienberichten und TRAVELBOOK-Recherchen zufolge nicht mehr als etwa zwei Prozent pro verkauftem Los. Die restlichen Erlöse aus den Losen – und dabei handelt es sich offenbar um mehrere Millionen Euro jährlich – gehen allem Anschein an die Airline selbst.