11. Juli 2024, 16:54 Uhr | Lesezeit: 7 Minuten
Flightright, ein Verbraucherportal für Fluggastrechte, hat seinen „Flightright-Index“ für 2024 vorgestellt. Darin werden die 20 größten europäischen Fluggesellschaften bewertet nach den Kategorien Zuverlässigkeit, Zahlungsverhalten und Kundenmeinung. Eine deutsche Airline schneidet besonders schlecht ab.
Das Verbraucherportal für Fluggastrechte „Flightright“ hat sich im Hinblick auf die 20 größten europäischen Fluggesellschaften mit folgenden Fragen auseinandergesetzt: Welche Airlines sind am unpünktlichsten oder stornieren die meisten Flüge? Wer zahlt Entschädigungen am schnellsten? Wie bewerten Passagiere den Kundenservice? In dem daraus entstandenen Flightright-Index der schlechtesten Airlines Europas landet eine deutsche Airline überraschend auf Platz zwei.
Vorgehensweise
Für das Negativ-Ranking wurden die 20 größten und bekanntesten europäischen Fluggesellschaften über einen Zeitraum von 6 Monaten untersucht (1. Januar bis 30. Juni 2024). Betrachtet wurden die drei Kategorien Zuverlässigkeit, Zahlungsverhalten und Kundenmeinung. Insgesamt wurden Bewertungen von 1 bis 5 Sternen verliehen, wobei 1 Stern die schlechteste und 5 Sterne die beste Bewertung darstellt. Jede der Kategorien floss mit 33,33 Prozent in die Gesamtwertung ein.
In der Kategorie Zuverlässigkeit wurde die interne Datenbank zu den Verspätungs- und Stornierungszahlen der Fluggesellschaften ausgewertet. Diese Datenbank umfasst laut Flightright mehrere Millionen von Daten und wird täglich aktualisiert. Außerdem wurden die Ergebnisse mit kommerziellen Anbietern abgeglichen. Beim Zahlungsverhalten wurde betrachtet, wie schnell die jeweiligen Fluggesellschaften fällige Entschädigungen zahlen. Die Kundenmeinung wurde anhand einer Umfrage ermittelt, welche insgesamt 7 Fragen zum Service der Airline umfasst.
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Lufthansa ist die schlechteste deutsche Airline in Europa laut „Flightright“
Das Ergebnis ist ein Negativ-Ranking, welches einige durchaus überraschen könnte. Unter den vier europäischen Airlines mit den meisten Verspätungen und Ausfällen befindet sich auch Deutschlands größte Fluggesellschaft, die Lufthansa. Im europäischen Vergleich schneiden neben Lufthansa auch British Airways, die niederländische KLM und Aer Lingus aus Irland besonders schlecht ab.
Die 10 schlechtesten Airlines Europas
Von den 20 verglichenen Fluggesellschaften schnitten zehn in der Gesamtwertung besonders schlecht ab. Die Punktzahl setzt sich aus allen drei betrachteten Kategorien zusammen:
- British Airways (2,09)
- Lufthansa (2,10)
- Aer Lingus (2,30)
- KLM (2,38)
- Turkish Airlines (2,52)
- Air Dolomiti (2,52)
- Wizz Air (2,60)
- Vueling (2,61)
- Swiss Air (2,63)
- Ryanair (2,65)
Das sagt die Lufthansa zu ihrer schlechten Wertung
Mit einer Gesamtwertung von 2,10 bei 5 möglichen Gesamtpunkten landet die Lufthansa auf dem zweiten Platz im Ranking der schlechtesten Airlines Europas. TRAVELBOOK hat die Fluggesellschaft mit dieser Wertung konfrontiert und um eine Stellungnahme gebeten. In ihrer Antwort äußerte die Pressestelle der Airline, sie werde das „sogenannte Ranking inhaltlich nicht kommentieren, da es einen unwissenschaftlichen Eindruck vermittelt.“ Die größten Kritikpunkte an dem Ranking bezogen sich vor allem auf angeblich fehlende Angaben zur Repräsentativität, Zahl und Art der Befragten sowie zum Erhebungszeitraum.
Der letzte Punkt lässt sich relativ schnell entkräften, da der Zeitraum in der Erläuterung der Methodik von Flightright offen gelegt wurde. Als weitere Kritikpunkte äußerte die Lufthansa folgendes: „Zum anderen ist auffällig, dass die 20 angeblich schlechtesten Fluggesellschaften in der Gesamtbewertung praktisch nur hinter der Kommastelle variieren. Auch wird nicht nach der Größe der Fluggesellschaft unterschieden oder danach, ob es sich um eine Regional-, eine Punkt-zu-Punkt- oder Netzwerkfluggesellschaft handelt. Die sachliche Aussagekraft liegt daher bei nahe null.“
Das sagt „Flightright“ zur Kritik der Lufthansa
Daraufhin nahm TRAVELBOOK Kontakt mit der Pressestelle von Flightright auf und bat um eine Einschätzung der Kritikpunkte, welche die Lufthansa an dem Ranking geäußert hat. Das Verbraucherportal betonte in seiner Antwort, dass die „Bewertung auf einer umfassenden Analyse und validierten internen Daten von Flightright“ basiere. Als erstes Argument für die Glaubwürdigkeit des Rankings führt das Unternehmen folgendes an: „Insgesamt wurden bei unserer Kundenumfrage 1611 Kunden aus ganz Europa befragt. Diese Stichprobe gewährleistet eine fundierte und ausgewogene Bewertung der verschiedenen Fluggesellschaften.“ In Hinblick auf die Daten zur Pünktlichkeit sowie zum Zahlungsverhalten wertete das Verbraucherportal nach eigenen Angaben eine interne Datenbank mit „Millionen von Flugdaten“ aus.
Viele Fluggesellschaften arbeiten ähnlich
In Bezug auf den von der Lufthansa geäußerten Kritikpunkt, dass die Gesamtwertung eine zu geringe Variation aufweisen würde, um valide zu wirken, liefert Flightright folgende Begründung: „Unsere Bewertungskriterien – Zuverlässigkeit, Zahlungsverhalten und Kundenmeinung – sind so gestaltet, dass sie objektive und messbare Daten widerspiegeln. Die geringe Variation in der Gesamtwertung unter den 20 größten europäischen Fluggesellschaften zeigt, dass diese in vielen Aspekten ähnlich arbeiten. Dennoch gibt es signifikante Unterschiede, die in den Details der Kategorien sichtbar werden.“
»Warum liegt eine Airline mit Premiumanspruch wie die Lufthansa nicht auf den vorderen Plätzen?
Den letzten Kritikpunkt der Lufthansa, nämlich die fehlende Unterscheidung der Fluggesellschaften nach Größe und Art, begründet der Sprecher von Flightright wie folgt: „Unser Ranking konzentriert sich auf die allgemeinen Erfahrungen der Passagiere, unabhängig davon, ob es sich um Regional-, Punkt-zu-Punkt- oder Netzwerkfluggesellschaften handelt. Eine Klassifikation nach diesen Typen würde den Fokus unserer Untersuchung verändern und die Gesamtbewertung verfälschen. Unser Ziel ist es, eine ganzheitliche Sicht auf die Servicequalität und Zuverlässigkeit der Airlines zu bieten. Kunden und potenzielle Kunden möchten wissen, ob eine Airline sie pünktlich zum Zielort bringt und wie der Kundenservice ist. Das Geschäftsmodell (z.B. Punkt-zu-Punkt- vs. Netzwerkfluggesellschaft) ist bei diesen Kriterien für die Kunden irrelevant.“
Abschließend merkt der Sprecher von Flightright folgendes an: „Im Übrigen sind wir erstaunt, dass das Zahlungsverhalten der Airline vom gewählten Modell abhängen soll. Vielmehr könnte man sich fragen, warum eine Airline mit Premiumanspruch wie die Lufthansa zumindest beim Zahlungsverhalten und der Kundenzufriedenheit nicht auf den vorderen Plätzen liegt.“
Mögliche Kritikpunkte am Ranking
Auch wenn die Vorgehensweise von Flightright zur Ermittlung der schlechtesten Airlines Europas durchaus valide wirkt, könnte man dennoch im Hinblick auf die Ermittlung der Kundenmeinung einen Punkt zu bedenken geben: Bei dem Verbraucherportal handelt es sich vor allem um einen Ansprechpartner für Fluggäste, die Hilfe bei der Durchsetzung ihrer Ansprüche bei Flugverspätungen oder Flugausfällen benötigen. Dementsprechend könnte man argumentieren, dass die Stichprobe der Kunden zwar groß genug ist, um repräsentativ zu sein, es sich dabei jedoch vor allem um Kunden handelt, die bereits unzufrieden mit der Leistung der Airline sind. Dies könnte das allgemeine Stimmungsbild negativ verfälschen.
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Zwei Meinungen unserer Redakteure zu Lufthansa
Pro
Ich war zufrieden mit meinem Lufthansa-Flug
„Ich bin Anfang Juni mit Lufthansa von Frankfurt nach Marrakesch geflogen und war total zufrieden. Heißt: Ich habe das bekommen, was ich von einem Economy-Flug bei einer großen Airline wie Lufthansa erwarte. Wir sind pünktlich abgeflogen und fast pünktlich gelandet – fast, weil das Flugzeug nach dem Berühren der Landebahn in Marrakesch nochmal durchstarten musste. Das war zwar ein Schreck, aber der Pilot hat uns anschließend den eher harmlosen Grund dafür per Durchsage erklärt. Kurz darauf landete die Maschine sicher. Der Rückflug verlief reibungslos, und die Mitarbeiter empfand ich als stets freundlich und kompetent.“
Contra
Mein Lufthansa-Flug war eine Odyssee!
„Erst kürzlich bin ich mit Lufthansa von Berlin nach München geflogen. Kurzum: Es war eine Odyssee! Am Morgen meines eigentlich gebuchten Abflugs habe ich die Benachrichtigung erhalten, dass der Flug gecancelt wurde – ohne Angabe eines Grundes. Zu meinem Unmut hat man mich auf den ersten Flug am nächsten Morgen gebucht, auf 6 Uhr früh, sodass ich mitten in der Nacht würde aufstehen müssen. Zudem hätte ich so einen ganzen Tag von meinem Wochenend-Trip verloren.
Ich konnte glücklicherweise dann doch noch umbuchen auf einen Flug am ursprünglich geplanten Reisetag. Allerdings kam wenige Minuten später wieder eine Nachricht von Lufthansa, dass mein Flug gecancelt worden sei und ich nun doch am nächsten Morgen gegen 6 Uhr fliegen würde. Da mir der Chatbot der Airline nicht weiterhelfen konnte, habe ich dann dort angerufen und hatte das Vergnügen, mit einer Mitarbeiterin zu sprechen, die für mein Empfinden mehr passiv-aggressiv als hilfreich war. Da auch sie mir nicht weiterhelfen konnte, habe ich es bei einer weiteren Hotline der Airline versucht, wo mir von einem wirklich bemühten Mitarbeiter versichert wurde, dass es sich bei der zweiten Cancel-Mail um einen Systemfehler handeln müsse und ich, wie bestätigt, tagsüber fliegen könne.
Am Flughafen angekommen, kam dann noch eine ca. 90-minütige Verspätung hinzu. Das gratis Schokoladen-Täfelchen an Bord konnte mich dann zwar aber wieder etwas milder stimmen nach dem ganzen Chaos, doch es bleibt dennoch ein Geschmäckle.“