9. Februar 2018, 12:51 Uhr | Lesezeit: 5 Minuten
Viele Airlines lassen sich Extras wie aufzugebendes Gepäck, ein zusätzliches Handgepäckstück oder die Reservierung bestimmter Sitzplätze inzwischen kosten. Zwar bietet selbst die irische Billigfluggesellschaft Ryanair noch Gratis-Sitze an – wer jedoch mit diesen Vorlieb nimmt, wird als Paar, Gruppe oder Familie mit einer ziemlich hohen Wahrscheinlichkeit während des Flugs getrennt sitzen, wie eine Analyse der britischen Luftfahrtbehörde zeigt. TRAVELBOOK fragte bei der Fluggesellschaft nach.
Bei den oft beengten Verhältnissen in der Economy Class wünscht sich niemand, ausgerechnet auf dem Mittelsitz sitzen zu müssen. Das weiß auch die Billigairline Ryanair und bietet ihren Kunden die Möglichkeit, sich vorab einen Sitzplatz auszusuchen – natürlich gegen Bezahlung. Wer dazu nicht bereit ist, landet mit einiger Wahrscheinlichkeit dann tatsächlich auf dem ungeliebten mittleren Sitzplatz, das macht bereits der Aufruf deutlich, der während des Buchungsprozesses auf der Ryanair-Seite angezeigt wird :„Jetzt reservieren und nicht in der Mitte sitzen“.
Um die 12 Euro zahlt man laut Ryanair-Gebührentabelle für einen Platz mit zusätzlicher Beinfreiheit, je nach Strecke können es aber auch bis zu 20 Euro sein. Für einen Platz in den vorderen Reihen werden zwischen 8 und 17 Euro fällig, ein Standardsitz kostet zwischen 3 und 11 Euro. Wahlweise kann man auch statt des Standardtarifs den sogenannten Plus- oder Flexi-Plus-Tarif buchen, bei denen eine Sitzplatzreservierung sowie weitere Annehmlichkeiten enthalten sind, die aber deutlich mehr kosten.
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Analyse zeigt: Wer nicht zahlt, sitzt getrennt
Dass hinter der Sitzplatzvergabe bei Ryanair womöglich ein System stecken könnte, um Kunden zu einer kostenpflichtigen Reservierung zu drängen, legt eine Untersuchung der britischen Luftfahrtbehörde Civil Aviation Authority (CAA) nahe. Hierfür wurden mehr als 4000 Passagiere unterschiedlicher Airlines, die als Teil einer Gruppe (zwei oder mehr Personen) reisten, nach ihren Erfahrungen mit der Sitzplatzvergabe auf ihrem Flug befragt. Von allen Befragten, die mit Ryanair geflogen sind und keinen kostenpflichtigen Platz reserviert hatten, wurden 35 Prozent voneinander getrennt – das ist deutlich mehr als bei allen anderen untersuchten Airlines. Die CAA-Ergebnisse im Überblick:
British Airways: 15 Prozent
easyJet: 15 Prozent
Emirates: 22 Prozent
Flybe: 12 Prozent
Jet2.com: 16 Prozent
Monarch Airlines: 12 Prozent
Ryanair: 35 Prozent
Thomas Cook: 15 Prozent
TUI Airways: 12 Prozent
Virgin Atlantic: 18 Prozent
„Die Untersuchung zeigt, dass die Unsicherheit darüber, ob die Gruppe von der Fluggesellschaft getrennt wird, die Verbraucher dazu bringt, für einen zugewiesenen Sitzplatz zu zahlen“, sagt CAA-Chef Andrew Haines zu den Ergebnissen. Sprich: Je häufiger in einer Gruppe reisende Passagiere, etwa Familien, ohne eine kostenpflichtige Reservierung getrennt fliegen, desto eher werden sie bei der nächsten Buchung geneigt sein, einen kleinen Aufpreis zu bezahlen, um zusammenzusitzen. Dies würde sich auch gut ins Gesamtkonzept von Ryanair einfügen, wo Kunden häppchenweise zur Kasse gebeten werden.
Auf eine entsprechende Nachfrage von TRAVELBOOK, ob die Vergabe kostenloser Sitzplätze womöglich auf einem Algorithmus basiert, der die Wahrscheinlichkeit erhöht, dass Passagiere voneinander getrennt sitzen oder ihnen Mittelplätze zugewiesen werden, äußerte sich Ryanair nicht. Robin Kiely, Head of Communications bei Ryanair, sagte lediglich, dass die Kunden die „volle Entscheidungsfreiheit“ hätten. „Wir unterstützen unsere Kunden gern bei der Auswahl eines kostenlosen, zufälligen Sitzplatzes. Wir werden jedoch auch unser Bestes geben, um Kunden einen reservierten Sitzplatz zur Verfügung zu stellen, wenn sie für diesen zahlen.“ Eine ausweichende Antwort.
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CAA kündigt Überprüfung an
Die CAA kündigte an zu überprüfen, ob die von den Airlines – und damit ist nicht nur Ryanair gemeint – erhobenen Gebühren fair und transparent sind. „Im Rahmen der Überprüfung werden wir Fluggesellschaften dazu auffordern, Informationen über ihre Richtlinien und Praktiken zur Verfügung zu stellen, sagt CCA-Chef Haines. Und weiter: „Wir werden prüfen, wie Fluggesellschaften entscheiden, wo Passagiere untergebracht werden sollen, die als Teil einer Gruppe gebucht haben und ob Fluggesellschaften proaktiv Gruppen von Fahrgästen aufteilen, wenn sie tatsächlich zusammengesetzt werden könnten.“
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Familien sitzen zusammen – gegen Bezahlung
Weil es in der Vergangenheit häufiger Beschwerden von Familien mit kleinen Kindern gab, weil diese nicht zusammensaßen, hat Ryanair 2016 für diesen Fall eine Sonderreglung eingefügt: Eltern mit Kindern unter 12 Jahren müssen verpflichtend Sitzplätze im Flugzeug reservieren. „Hierfür reserviert sich ein Erwachsener einen Sitzplatz für nur 4 Euro und die Kinder erhalten kostenlose reservierte Plätze“, erklärt Ryanair-Sprecher Kiely.
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Und wenn eine Familie davon im Vorfeld nichts weiß? In den AGB der irischen Fluggesellschaft heißt es dazu: „Wenn Sie mit kleinen Kindern fliegen, die kostenlose Sitzplatzzuweisung gewählt haben und deshalb die Sitzplätze nicht nebeneinander liegen, kontaktieren Sie (…) unser Call Center für weitere Unterstützung.“ Auch könne man mit einem Ryanair-Mitarbeiter chatten – vermutlich, um am Ende dann doch noch zur Kasse gebeten zu werden.
Wer es als Familie darauf ankommen lässt und vorab keinen Sitzplatz reserviert, kann immer noch darauf hoffen, dass freundliche Mitreisende mit ihnen die Plätze tauschen.