4. Juli 2018, 12:19 Uhr | Lesezeit: 3 Minuten
Es ist sehr sauber an diesem Bahnhof. Auf dem Boden kleben keine Kaugummis. Die Mülleimer sind leer. Noch heute sieht es hier aus wie bei der Fertigstellung 2011, denn seit Jahren hat kein Fahrgast diese Bahnsteige betreten. Willkommen am Bahnhof „Willy Brandt“ des Flughafen BER.
Seit sieben Jahren hätten hier eigentlich Tausende Fahrgäste pro Tag durchlaufen sollen. Doch es kam bekanntlich anders: Die Eröffnung von Deutschlands Pannen-Flughafen verschob sich Monat um Monat, Jahr um Jahr.
Mittlerweile wird öffentlich schon über einen Abriss und Neubau nachgedacht, schließlich tauchen immer neue Probleme auf, 5 Milliarden Euro Mehrkosten gibt es bisher. In diesem Chaos war immerhin einer vorbildlich: der Bahnhof des Flughafen BER.
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Die Deutsche Bahn kennt sich mit langwierigen Projekten, etwa dem Stuttgarter Hauptbahnhof oder der ICE-Strecke Berlin-München, ja gut aus, doch bei diesem Bahnhof lief wirklich alles nach Plan. Schon im November 2011 war er betriebsbereit, stolz war man auf diese logistische Leistung. Für die Bahn hätte es da losgehen können, aber: Ging ja doch nicht.
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Der ungenutzte Bahnhof kostet die DB Millionen
Wer nun aber glaubt, man könne den Bahnhof einfach absperren und das Projekt auf Eis legen, bis der BER doch irgendwann eröffnet, der täuscht sich. Denn der Bahnhof muss gewartet werden. „Der DB entstehen durch die Nichteröffnung Kosten in Millionenhöhe“, so ein Sprecher der Deutschen Bahn zu TRAVELBOOK. Auf Nachfrage wollte er die Kosten nicht näher bestimmen, allerdings verklagte das Unternehmen den Flughafen BER im vergangenen Jahr auf 70 Millionen Euro.
Der enorme Verlust entsteht durch Instandhaltung von Weichen und Signalmaschinen, fehlende Einnahmen und: durch Geisterfahrten. Richtig gelesen! Tatsächlich fahren jeden Tag Züge durch den menschenleeren Bahnhof. Diese sogenannten Belüftungsfahrten von S-Bahn und Regionalzügen sollen durch den Luftaustausch Feuchtigkeit und Schimmel vermeiden. Jede Woche fahren auf der acht Kilometer langen Strecke vom alten Flughafen unter das neue Terminal in mehreren Nächten die Züge jeweils zweimal hin und zurück. So soll der Bahnhof bis zur Eröffnung in Schuss gehalten werden.
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Denn wenn erst Flugzeuge starten und landen, soll er in Zukunft schließlich ein „Garant für die schnelle und sichere Erreichbarkeit des weiter wachsenden BER“ werden, wie Flughafenchef Engelbert Lütke Daldrup im März mitteilte. Aktuell hofft man übrigens, dass der Flughafen im Oktober 2020 seinen Betrieb aufnimmt. Der Bahnhof wäre auf jeden Fall bereit.