18. Oktober 2022, 11:17 Uhr | Lesezeit: 6 Minuten
Versteckte Tunnelsysteme, seltsame Symbole, verstörende Wandmalereien, mysteriöse Unfälle: Offiziell ist der Denver International Airport ein regulärer moderner Flughafen. Doch inoffiziell ist er eine Brutstätte bizarrster Verschwörungstheorien.
Es begann 1995. Im Bundesstaat Colorado, USA, knapp 40 Kilometer nordöstlich von Denver, eröffnete ein neuer Flughafen. Denver International Airport hätte eigentlich zwei Jahre früher fertig sein sollen, und seine Baukosten von 4,8 Milliarden Dollar überstiegen die geplanten 1,7 Milliarden erheblich. Soweit nichts Ungewöhnliches.
Wer ist „The New World Airport Commission“?
Ungewöhnlich ist, dass der neue Flughafen von Beginn an im Zentrum zahlreicher Verschwörungstheorien stand. Dafür sorgte allein schon die geheimnisvolle Finanzierung, angeblich durch eine ominöse private Organisation. Deren Name findet sich im Flughafen zwar eingemeißelt in einem seltsamen Gedenkstein, offiziell existiert sie aber nicht, betont unter anderem der „Daily Telegraph”. Ihr Name: „The New World Airport Commission“.
„New World“, das weckt Assoziationen. Denn „New World Order“ ist ein Schlüsselbegriff unzähliger Verschwörungstheorien: Die „Neue Weltordnung“ bezeichnet das Weltherrschaftssystem, das je nach Theorie wahlweise von Aliens, totalitären Eliten, Geheimgesellschaften, politischen Extremisten oder göttlichen Wesen angestrebt wird. Pressesprecher des Flughafens reagierten denn auch auf den Artikel des „Daily Telegraph“ mit einer hastigen Erklärung: Die Flughafen-Kommission hätte überhaupt nichts mit der „New World Order“ zu tun. „New World“ beziehe sich gar nicht auf „New World“, sondern lediglich auf eine „Neue ‚World Airport Commission’“, bestehend aus lokalen Geschäftsleuten.
Hat der Denver Airport Landebahnen in Hakenkreuzform?
Diese Erklärung dürfte Anhänger von Verschwörungstheorien allerdings nur noch misstrauischer machen. Denn die „New World Airport Comission“ ist nur eines der vielen Fragezeichen in Zusammenhang mit dem vielleicht seltsamsten Flughafen der Welt.
Für große Ängste sorgt zum Beispiel die Anordnung von Start- und Landebahnen. Von oben gesehen ähnelt sie einem gigantischen Hakenkreuz. Plant eine Geheimgesellschaft von Nazis hier die „New World Order“? Nein, das Design hätte nur praktische Gründe und ähnele überdies vielmehr einem Windrad, betonte ein Flughafensprecher gegenüber dem „Daily Telegraph“. Die Zeitung hatte zuvor als Vergleich Landebahnenskizzen von mehreren anderen großen US-Flughäfen gezeigt, die keinerlei Hakenkreuz-Muster aufweisen.
Verborgenes Tunnelsystem
Auch das unterirdische System des Flughafens, zu dem auch eine U-Bahn für Passagiere gehört, ist für Verschwörungstheoretiker ein Indiz dafür, dass hier geheime Mächte ihre Finger im Spiel haben. Denn es gibt Tunnel, die nicht für Passagiere offen stehen. Wobei es für die eine recht einfache Erklärung gibt. Einer der Gründe, warum der Denver International Airport später als geplant eröffnete, waren Probleme beim Bau eines automatischen unterirdischen Gepäckfördersystems. Es wurde nie fertiggestellt. Die Tunnel existieren jedoch weiterhin.
Verschwörungstheoretiker sprechen außerdem von Bunkern, die unter dem riesigen Areal verborgen sein sollen. Auf der zweifelhaften Website vigilantcitizen.com heißt es sogar, dass diese „gigantischen Strukturen“ vielleicht bald „mehr als ein normaler Flughafen sein werden“, zum Beispiel eine geheime Militärbasis, und zwar schon „in naher Zukunft“.
Freimaurer-Stein mit Zeitkapsel
Manche äußern gar die Vermutung, der große neue Flughafen sei nur als Fassade gebaut worden, um von den unterirdischen Strukturen abzulenken. Immerhin hätte Denver bereits einen funktionierenden Flughafen gehabt: Stapleton International Airport sei doch viel näher an der Stadt gewesen und hätte überdies mehr Landebahnen gehabt. Ein Artikel in „Rational Wiki”, der einfache Erklärungen für wirre Mythen liefert, weist allerdings darauf hin, dass diese Argumente Quatsch seien: Gerade, weil der alte Flughafen so nahe an Denver war, musste er aus Platz- und Lärmgründen weichen, und die Kapazitäten des neuen Airports seien größer.
Das eigenwillige Interieur ist allerdings nicht besonders hilfreich, um Verschwörungstheorien zu zerstreuen – im Gegenteil. Der Gedenkstein mit dem Hinweis auf die „New World Airport Comission“ gibt an sich schon Anstoß für zahlreiche bizarre Theorien. Nicht nur, dass auf ihm zu allem Überfluss auch noch das Symbol der Freimaurer prangt – für viele der Inbegriff eines Geheimbundes –, er enthält auch noch den Hinweis, dass in ihm eine Zeitkapsel steckt, die im Jahre 2094 geöffnet werden soll.
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Apokalyptische Szenen, mysteriöse Zeichen
Die verstörenden Wandmalereien des Künstlers Leo Tanguma boten weiteren Nährboden für obskure Theorien. Sie zeigen Heere von weinenden Frauen, die tote Babys in den Armen halten, einen riesigen Soldaten mit Gasmaske und Maschinengewehr, der mit einem Schwert eine Friedenstaube absticht, Städte, die in Flammen aufgehen, Kinder aus allen Erdteilen, die einem blonden Jungen in bayerischer Tracht die Waffen ihrer Länder übergeben – und am Ende: Szenen des Friedens. „Sie zeigen ganz klar die Welt der ‚Neuen Ordnung‘ nach einem Genozid“, lautet die paranoide Interpretation in einem wirren Youtube-Video von Verschwörungstheoretikern.
Die Wandgemälde mit Gasmasken-Soldaten und toten Kindern schockierten viele Fluggäste.
Bilder auf dem Fußboden sorgten für weitere Spekulationen, besonders eines: Es zeigt ein Wägelchen mit den Kürzeln „Au“ und „Ag“ – die chemischen Kürzel für Gold und Silber, würde man meinen. Manche sehen darin laut US-Berichten allerdings die Abkürzung für „Australian Antigen“, eine tödliche Form von Hepatitis, die, so fürchten Paranoiker, als Biowaffe dienen könnte. Auch „fremdartige Schriftzeichen“ sorgen für wilde Theorien – bei den meisten handelt es sich allerdings lediglich um Ortsnamen in Colorado in der Sprache des indigenen Volkes der Navajo.
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Seltsame Unfälle
Gruselig ist ohne Zweifel die riesige Statue eines sich aufbäumenden Pferdes mit rot leuchtenden Augen, die den Flughafen ziert – und die Tatsache, dass sie den Künstler tötete, der sie erschuf. Luis Jimenez erlag 2006 seinen Verletzungen, als ein Teil seiner „Mustang“-Statue herunter krachte.
Eine ganze Reihe von seltsamen Unfällen verstärkte den unheimlichen Ruf des Flughafens. So zersplitterten am 16. Februar 2007 innerhalb von dreieinhalb Stunden die Windschutzscheiben von insgesamt 14 Flugzeugen. Warum genau, konnte auch die offizielle Untersuchung nicht feststellen. Für Verschwörungstheoretiker liegt die Antwort auf der Hand, so ein Bericht: Es habe sich um „elektromagnetische Kräfte“ gehandelt, „entstanden durch Atomtests auf dem geheimen Testgelände unter dem Flughafengelände“.
(mgr)