13. August 2019, 12:19 Uhr | Lesezeit: 5 Minuten
Schon jetzt ist die legendäre Inka-Ruinenstadt in Peru touristisch überlaufen. Trotz massiver Kritik wird aber in ihrer Nähe ein neuer Flughafen gebaut. Die Unesco hat sich bereits vor Monaten an die peruanische Regierung gewandt, eine Petition gegen den Airport zehntausende Unterschriften gesammelt. Denn die Folgen für die Region könnten verheerend sein, wie Wissenschaftler befürchten.
Die peruanische Unesco-Welterbestätte Machu Picchu ächzt unter den hohen Touristenzahlen. Bis zu 5600 Besucher kommen täglich in die Ruinenstadt. Doch die Regierung des südamerikanischen Landes hofft offenbar in Zukunft auf noch mehr Urlauber, weswegen jetzt nahe der Stadt Cusco ein weiterer Flughafen gebaut wird. Nach Fertigstellung 2023 soll er bis zu sechs Millionen Menschen jährlich abfertigen.
Nach harscher Kritik unter anderem von lokalen Historikern hat sich nun auch die Unesco eingeschaltet und einen Brief an die peruanische Regierung geschrieben. Darin fordert die Kulturorganisation der Vereinten Nationen Informationen über den Bau des neuen Flughafens und dessen mögliche Auswirkungen auf die Ruinenstadt.
Abstimmung mit der Unesco
Der Brief, der nicht veröffentlicht wurde, soll Peru an die Verpflichtung erinnern, seine Welterbestätten zu schützen, berichtet „The Guardian“. Des Weiteren werde in dem Schreiben darauf hingewiesen, dass Peru sich mit der Unesco über alle Bauarbeiten, die sich auf Machu Picchu und das historische Zentrum von Cusco beziehen, das ebenfalls zum Weltkulturerbe gehört, abzustimmen habe. Wie ein Sprecher des peruanischen Kulturministeriums laut „The Guardian“ mitgeteilt habe, werde der Brief bis zum 25. August beantwortet.
Der Bau des neuen Flughafens löste in Peru heftige Kritik aus. Einheimische Historiker, Anthropologen und Wissenschaftler sind laut der spanisch-sprachigen Webseite der „BBC“ entsetzt, denn der Airport soll in der Gemeinde Chinchero entstehen, mitten im sogenannten „Valle Sagrado“, dem Heiligen Tal, in dem sich jahrhundertealte Indio-Kultstätten befinden. In einem Protestbrief warnten die Flughafen-Gegner Perus Präsidenten Martín Vizcarra unter anderem, „der Ort und seine gesamte Umgebung“ könnten durch den Bau „irreparable Schäden“ erleiden.
„Die Harmonie des Universums wird beeinträchtigt“
„Die unvergleichliche Landschaft (…) wird dadurch zerstört werden.“ Weiter heißt es in dem Protestbrief: „Dieses Projekt wird die jahrtausendelange Harmonie des Universums beeinträchtigen.“ Man fürchte unter anderem Schäden durch Lärm, erhöhtes Verkehrsaufkommen und unkontrollierte Verbreitung der Urbanisation rund um den zukünftigen Flughafen – außerdem auch eine Unterversorgung mit Trinkwasser für das nur 30 km entfernte Cusco: Die Laguna Piuray, ein wichtiges Frischwasser-Reservoir, sei durch den Bau gefährdet, so die Wissenschaftler. Schon heute aber haben viele Bewohner der Region nur eingeschränkten Zugang zu Trinkwasser.
Präsident Vizcarra ist von dem neuen Megaprojekt, das auf einer Fläche von mehr als 480.000 Quadratmetern entstehen soll, dagegen überzeugt: „Wir werden für die Region und ganz Peru Vorteile schaffen, besonders für die Gemeinde Chinchero.“ Auch der Bürgermeister von Chinchero, Luis Héctor Cusicuna, freut sich über den Bau, der bereits begonnen hat. Schon seit den 70er-Jahren habe man gefordert, für Cusco einen größeren Flughafen zu bauen. Auf der kurzen Landebahn des bereits existierenden Airports können keine großen Maschinen landen, doch das soll sich mit dem neuen Flughafen ändern.
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Verdacht der Preisabsprache
Pläne für den Flughafen wurden bereits 2014 genehmigt, im Februar 2019 erfolgte die Grundsteinlegung. Die einheimische Historikerin Natalia Majluf, Kunsthistorikerin an der Universität von Cambridge, warnt anhand der möglichen Folgen: „Künftige Generationen werden sich daran als einen der schlimmsten Anschläge auf das kulturelle Erbe Perus erinnern.“ Auf der Seite „Change.org“ hat sie daher eine Petition gestartet: „Salvemos Chinchero, patrimonio cultural de la humanidad“ („Retten wir Chinchero, das Kulturerbe der Menschheit“). „Wir müssen klären, wie ein Projekt mit einer derartigen Einwirkung genehmigt werden konnte“, fordert sie. Die Initiative hat mittlerweile fast 95 000 Unterschriften gesammelt.
Hintergrund: Bevor er Präsident wurde, war Martín Vizcarra Verkehrsminister – gegen ihn und andere Politiker wurde im Februar von der Staatsanwaltschaft eine Untersuchung wegen mutmaßlicher Preisabsprachen eingeleitet. Vizcarra war daraufhin von seinem damaligen Amt zurückgetreten. Übrigens: Gerade erst hatte das Kultusministerium Perus angekündigt, den Zugang zu Machu Picchu testweise beschränken zu lassen. 2017 besuchten laut „Guardian“ 1,5 Millionen Menschen die Welterbestätte – fast doppelt so viele wie von der Unesco empfohlen.
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Neue Bahnstrecke
Schon jetzt gibt es eine neue, leichtere Anreise für Touristen. Denn es gibt eine direkte Zugverbindung von „Inca Rail“, die Cusco und Aguas Caliente, den Ausgangspunkt für einen Besuch von Machu Picchu, verbindet. Das teilt die Arbeitsgemeinschaft Lateinamerika mit.
Mit der neuen Verbindung, die am Bahnhof San Pedro in Cusco startet, entfällt für Reisende die Busfahrt in den Ort Ollantaytambo. Von dort fuhren auch bisher schon Züge nach Aguas Caliente ab. Diese Strecke bleibt bestehen.