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Interview mit Jens Bischof

Eurowings-Chef: »Ein absolutes No-Go im Flieger ist …

Abflug? CEO Jens Bischof hat TRAVELBOOK die Pläne von Eurowings für die nächsten Jahre verraten
Abflug? CEO Jens Bischof hat TRAVELBOOK die Pläne von Eurowings für die nächsten Jahre verraten Foto: Getty Images / picture alliance/dpa
Nuno Alves
Larissa Königs
, Larissa Königs

20. April 2023, 7:36 Uhr | Lesezeit: 8 Minuten

Eurowings ist mittlerweile eine ernst zu nehmende Konkurrenz anderer Low-Cost-Airlines in Europa – doch wie will sich die Airline in Zukunft von Ryanair, Easyjet und Co. abgrenzen? Welche Ziele sollen in den nächsten Jahren zum Streckennetz hinzukommen? Und wie werden sich die Ticketpreise entwickeln? TRAVELBOOK hat im Rahmen der „Top-Leaders“-Reihe mit Jens Bischof, seit 2020 CEO von Eurowings, über die Pläne der Airline gesprochen – und die persönlichen High- und Lowlights Bischofs im Flieger.

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Herr Bischof, Eurowings möchte sich von der Low-Cost-Konkurrenz durch Qualität und Komfort abgrenzen. Einen kostenlosen Tomatensaft gibt es aber auch bei Ihnen nicht

Jens Bischof: „Für unsere Kunden und Kundinnen zählen vor allem Pünktlichkeit, Zuverlässigkeit und freundlicher Service. Defizite in diesen Bereichen könnte auch der weltbeste Tomatensaft nicht auffangen. All unsere Kundenzufriedenheit-Werte entwickeln sich seit Monaten deutlich nach vorn, und darauf schauen wir als Value Airline viel intensiver als Wettbewerber im Lowcost-Segment. Ich sage unseren Teams bei Eurowings immer: Wir können es nicht billiger als Ryanair, aber wir können es deutlich besser.“  

Inwiefern? 

„Wir verfolgen ein Geschäftsmodell, das auf preiswertem Fliegen basiert – aber mit starker Betonung auf der zweiten Silbe ‚Wert‘ (Value). Deshalb bieten wir für Geschäftsreisende eine vollwertige Business-Class mit allen Annehmlichkeiten an. Keine andere Airline in unserem Marktsegment bietet freie Mittelsitze bereits ab zehn Euro oder lässt Kunden bis 40 Minuten vor Abflug flexibel umbuchen. Wer ein bisschen mehr Komfort möchte, kann sich auch in hinteren Sitzreihen bei Eurowings eine eigene kleine Business-Class zusammenstellen, mit mehr Beinfreiheit und freiem Mittelsitz. Fragen Sie da mal bei Ryanair nach…“ 

Welche Pläne Eurowings beim Streckennetz verfolgt

Dafür bieten diese Low-Cost-Carrier ein sehr ausgedehntes Streckennetz. Wie sehen hier die Pläne bei Eurowings aus? 

„Wir konzentrieren uns auf die Punkt-zu-Punkt-Verkehre in Europa. Hier bauen wir sehr konsequent unser pan-europäisches Streckennetz aus, in Kürze zum Beispiel mit weiteren Strecken von Prag nach Genf oder Zakynthos. Dieses Jahr bedienen wir mehr als 140 Ziele in 37 Ländern. Vor allem das Angebot aus Berlin haben wir deutlich aufgestockt und die Anzahl stationierter Flugzeuge von drei auf sechs verdoppelt.“ 

Mallorca bleibt aber weiter die wichtigste Destination… 

„Na klar – mit unserem Mallorca-Shuttle und 400 Flügen pro Woche von mehr als 20 Airports sind wir klar der führende Anbieter auf der Insel.“ 

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Welche Ziele sind abseits von Mallorca interessant? 

„Vor allem Städte-Destinationen, die Business und Tourismus kombinieren. Dazu kommen natürlich die klassischen Urlaubsziele rund ums Mittelmeer, aber auch kühlere Regionen wie etwa Island. Mit dem Airbus A320neo haben wir zudem eine größere Reichweite …“  

… die bei ca. 6000 Kilometern liegt …  

„… und die es uns erlaubt, die Saisonalität etwas besser auszugleichen. Denn mit der heutigen Reichweite eines klassischen A320 kommt man nur bis auf die Kanaren oder nach Ägypten. Die neo-Familie gibt uns die Möglichkeit, neue Ziele aufzunehmen, die etwas weiter weg liegen.“ 

Zum Beispiel? 

„Die Kapverden locken mit karibischen Temperaturen, sind aber in einer weitaus geringeren Flugdauer zu erreichen. Außerdem haben wir auch den Norden Europas stark im Programm. Lappland und die Ausflüge zu den Polarlichtern sind da gerade sehr im Kommen.“ 

Welche Regionen werben denn gerade besonders bei Eurowings, um angeflogen zu werden? 

„Ob das der Nordosten Spaniens ist, der Süden von Italien, die griechischen Inseln: Es gibt immer wieder Bestrebungen, dass wir unsere Dienste in diesen Regionen erweitern sollen. Wir schauen auch verstärkt in die Türkei und nach Ägypten, da gehört ein führender Ferienflieger wie Eurowings genauso hin wie nach Mallorca. Insbesondere die Türkei ist sehr ambitioniert, was ihre touristischen Besucherzahlen angeht. Sie fragt deshalb Kapazitäten an, um all die Hotelbetten füllen zu können. Die Kanaren sind ebenfalls ein Ziel, das sehr viele Hotelbetten hat – und deshalb ein starkes Interesse an der entsprechenden Flugkapazität. Es gibt also genügend Potenzial.“ 

Jens Bischof mit TRAVELBOOK-Chefredakteur Nuno Alves (r.) und TRAVELBOOK-Redaktionsleiterin Larissa Königs (l.)
Jens Bischof mit TRAVELBOOK-Chefredakteur Nuno Alves (r.) und TRAVELBOOK-Redaktionsleiterin Larissa Königs (l.) Foto: TRAVELBOOK

„Das Preis-Niveau wird so bleiben“

Sie haben gesagt, dass theoretisch zehn bis 30 Prozent Preisanstieg möglich sind. Werden die Preise in diesem Jahr so bleiben oder gibt es vielleicht Wendepunkte?  

„Auch wenn die Phase der wilden Ölpreis-Sprünge vorerst vorüber ist, bleibt zu berücksichtigen, dass Kerosin aktuell immer noch sehr teuer ist. Da fast 30 Prozent unserer operativen Kosten auf Kerosin zurückzuführen sind, mussten alle Airlines weltweit ihre Preise nach oben ziehen. Solange sich diese Rahmenbedingungen nicht ändern, wird auch das Preis-Niveau so bleiben.“  

Wie sieht es mit anderen Preis-Faktoren aus?  

„Wenn man sich anschaut, wie sich Airport- und Sicherheitsgebühren entwickeln, deutet hier leider nichts auf eine Entspannung der Situation hin. Auch die aktuellen Lieferengpässe bei den Herstellern von Flugzeugen und Triebwerken wirken nicht preisdämpfend – im Gegenteil.“ 

Ihre Prognose?  

„Wenn sich die Rahmenbedingungen weiter in die beschriebene Richtung entwickeln, muss das aktuelle Preis-Niveau mindestens gehalten, wenn nicht weiter erhöht werden. Nach der langen, schweren Corona-Krise können Airlines neue Kostenbelastungen nicht einfach abpuffern.“

Im vergangenen Herbst entstand in Malta die Eurowings Europe Ltd. – welche Vorteile hat diese Ausgründung?  

„Unser Unternehmen steht auf zwei Beinen, dem Flugbetrieb Eurowings Deutschland und dem Flugbetrieb Eurowings Europe mit Sitz in Malta. Wir betreiben eben nicht mehr nur deutsche, sondern zunehmend auch internationale Stationen mit entsprechenden Crews auf Mallorca, in Prag, Stockholm, Salzburg etc. Deshalb brauchen wir eine Business-Einheit für den pan-europäischen Verkehr – und das ist die in Malta. Für unsere Kunden gibt es selbstverständlich nur eine Eurowings.“ 

Aber sie hatten eine solche doch schon: Warum sind Sie aus Wien weggezogen?  

„In erster Linie wegen der Doppelbesteuerungs-Problematik unseres Flugpersonals. Eine beispielsweise in Palma stationierte Eurowings-Crew, die zwischen Mallorca und Deutschland oder zwischen Mallorca und Prag flog, wurde in Österreich lohnsteuerpflichtig. Gleichzeitig erhob auch Spanien aufgrund des spanischen Arbeits- und Tarifvertrags eine Lohnsteuer. Das war nicht länger tragbar, zumal wir ja in weiteren Ländern aktiv werden wollen. Wir haben diesen Steuernachteil zwar temporär ausgeglichen, mussten es aber für jeden Arbeitnehmer in einem sehr aufwendigen Lohnsteuerausgleichsprozess am Ende des Jahres auflösen. Das war eine Sache, die administrativ sehr kompliziert war – nicht zuletzt für unsere Crews.“

Und Malta bot eine Lösung?  

„In Malta fallen ebenfalls Steuern auf Unternehmensgewinne an, aber nicht für Arbeitnehmer, die in anderen Ländern wie Spanien arbeiten und überhaupt nicht durch Malta fliegen. Das ist einer der wesentlichen Gründe, weshalb sich zuletzt viele Airlines für diese neue Heimat entschieden haben.“ 

Sie sind ja Vielflieger – haben Sie einen Geheimtipp für alle, die einen günstigen Flug ergattern wollen?  

„Frühbucher haben immer einen Vorteil gegenüber Last-Minute-Jägern. Die Buchungslogik zahlreicher Airlines belohnt einfach diejenigen, die frühzeitig buchen, mit günstigen Preisen. Das ist eine Regel, die nach wie vor gültig ist, auch und gerade in Zeiten steigender Preise.“ 

Wenn Sie privat in den Urlaub fliegen: Worauf freuen Sie sich am meisten?  

„Auf den ersten Atemzug am Urlaubsziel. Ich fliege zum Beispiel sehr gerne nach Island mit meinem Sohn oder zum Skifahren, und egal, wo man dann ist: Dieser erste Atemzug, den man spürt – mediterrane oder kalte Luft – ist etwas Besonderes. Ich schätze auch das Heimatgefühl im Flugzeug bei der Rückreise sehr. Der Moment, wenn der Urlaub zwar endet, aber das Ankommen zu Hause beginnt.“ 

Und was ist ein absolutes No-Go im Flieger?   

„Wenn Gäste im Flugzeug rücksichtslos sind und beispielsweise keine Kopfhörer beim Filmschauen verwenden oder, wenn man noch am Boden ist, im Flugzeug facetimen. Im Prinzip dann, wenn einfach die Geräuschkulisse übermäßig laut wird und gegenseitig keine Rücksicht mehr genommen wird. Das sind Dinge, für die ich wenig Verständnis habe. Da wünsche ich mir manchmal etwas mehr Miteinander, mehr Rücksicht – und ein bisschen Knigge wenigstens.“

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Eurowings-Pläne zum Geruchs- und Hörsinn im Flieger

Nun haben Sie gesagt, worauf Fluggäste mehr achten sollten. In welchem Bereich müsste sich Eurowings noch verbessern?  

„Als Dienstleister müssen wir stark auf die Sinne der Gäste achten, um eine Wohlfühlatmosphäre kreieren zu können. Was das Haptische und Optische angeht, sind Airlines in der Regel recht gut aufgestellt. Geruchs- und Hörsinn, also Nase und Ohren, werden hingegen vernachlässigt. Dabei muss es sich für ein umfassend schönes Flugerlebnis gut anhören und gut anfühlen – und es sollte angenehm duften. Vielleicht nicht gleich wie im Abercrombie-Shop, aber eine dezente, angenehme Duftnote im Flugzeug halte ich für eine wertige Idee. Das kann etwas Kaffeeduft sein, kurz bevor der Bordservice kommt. Oder eine angenehme Hintergrundmusik, mit der man sich wohlfühlen kann.“  

Sie sind der CEO – dann setzen Sie es doch um!  

„Wir sind schon dran – lassen Sie sich überraschen.“

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