2. Oktober 2017, 12:46 Uhr | Lesezeit: 3 Minuten
Wenn bei einem Flugzeug ein Triebwerk ausfällt, mag das für viele ein Grund zur Besorgnis sein – aus Angst, dass dann der Flieger fast zwangsläufig abstürzen oder es zu einer holprigen Notlandung kommen muss. Doch was ist dran an dieser Befürchtung? Ein Experte der Universität Stuttgart erklärt, was passieren kann.
Es mag schon sehr dramatisch wirken, wenn mitten auf der Flugreise plötzlich eines der Triebwerke ausfällt. Doch was sich für Passagiere nach einem Horrorszenario anhört, ist in der Praxis gar nicht wirklich gefährlich. „Der Ausfall eines Triebwerks ist mehr oder weniger harmlos“, beruhigt Prof. Andreas Strohmayer vom Institut für Flugzeugbau der Universität Stuttgart. Ein Flugzeug ist für diesen Fall ausgelegt und der Pilot auf einen solchen Vorfall vorbereitet.
Anders sieht es aus, wenn das Triebwerk explodiert. Dies ist am Wochenende einem Airbus A380 von Air France passiert, der auf dem Weg von Paris nach Los Angeles war. Auf circa 11.000 Metern Höhe zerfetzte das Triebwerk, die Maschine mit 497 Passagieren und 24 Crew-Mitgliedern an Bord musste schließlich in Kanada notlanden. Der Zwischenfall ging glimpflich aus. Im schlimmsten Fall hätten Teile des zerfetzten Triebwerks weitere Schäden am Flugzeug verursachen und so eine Kettenreaktion auslösen können. Dies ist zum Glück nicht passiert.
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Ein funktionierendes Triebwerk für eine sichere Landung
Grundsätzlich sind große Maschinen mit mindestens zwei Motoren unterwegs, der A380 sogar mit vier. Fällt ein Triebwerk in der Luft aus, lasse sich das Flugzeug weiterhin fliegen und auch sicher landen, sagt der Experte. „Bei der Landung spielt das Triebwerk kaum eine Rolle, weil es keinen Schub mehr gibt.“
Etwas anders ist es, wenn der Flieger noch einmal durchstarten muss. Doch auch dann wäre der Ausfall eines Motors meist kein Problem: Seitenleitwerke gleichen den asymmetrischen Schub aus. „So kann man geradeaus weiterfliegen“, erklärt Strohmayer. Auch ein Start mit nur einem Triebwerk ist in der Regel problemlos möglich.
Doch ganz problemlos ist der Ausfall eines Triebwerks nicht, denn dadurch erhöht sich der Luftwiderstand, was wiederum zur Folge hat, dass die Maschine mit dem Kerosin nicht mehr so weit kommt. „Der Pilot steuert dann einen Ausweichflughafen an“, so Strohmayer.
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Früher waren Triebwerksausfälle an der Tagesordnung
Ein Triebwerksaufall sei für den einzelnen Fluggast sehr selten, im Luftverkehr insgesamt aber nichts Ungewöhnliches. Bei der viermotorigen Lockheed Super Constellation sei damals praktisch bei fast jedem dritten Flug ein Motor ausgefallen, weiß Strohmayer. Doch das sei schon gute 50 Jahre her.
Dass plötzliche beide Triebwerke einer großen Maschine nicht mehr funktionieren, ist extrem unwahrscheinlich. Passiert ist es aber trotzdem schon, wobei die Notwasserung eines Airbus A320 im Jahr 2009 im Hudson River wohl der prominenteste Fall ist.
Damals fielen wegen eines Vogelschlags beide Triebwerke aus, doch dem Piloten Chesley Sullenberger gelang es, die Maschine im Fluss notzulanden – alle Passagiere überlebten.