10. April 2019, 15:29 Uhr | Lesezeit: 5 Minuten
Umweltbewusstsein ist in den letzten Wochen, auch wegen der „Fridays for Future“-Proteste und Greta Thunberg, wieder stärker in den Fokus gerückt. Dazu zählt auch die Forderung der Aktivisten, eine CO2-Steuer einzuführen. Die würde jedoch dazu führen, dass etwa Fliegen deutlich teurer wird. Gut so, meint unsere Redakteurin Larissa Königs. Warum ein höherer Ticketpreis bei Flügen längst überfällig ist.
Kürzlich hätte ich es fast getan: einen Flug von Berlin nach Köln gebucht. Ich wollte meinen Freund besuchen, der wohnt jedoch am anderen Ende des Landes und da die Deutsche Bahn die Strecke ausbaut, würde ich nicht nur viel Geld zahlen, sondern auch noch einen halben Tag im Zug verbringen. Also schaute ich mir die Flüge an und stellte wieder einmal fest: die waren viel günstiger und der Zeitaufwand viel geringer. Und ja, fast hätte ich gebucht. Aber zum Glück nur fast. Denn ich finde, dass wir heutzutage viel zu oft fliegen.
Fliegen ist historisch günstig
Warum ist das so? Neben mehr Weltoffenheit und Neugier ist ein entscheidender Faktor, dass die Preise für Flüge in den letzten 30 Jahren deutlich gesunken sind. Noch in den 80er Jahren waren Flüge für die meisten Menschen Luxus. Aktuell jedoch haben wir historisch günstige Preise, wie im Januar 2019 das Magazin „Reise & Preise“ berichtete. Wer 1989 nach Hongkong flog, zahlte für den Flug umgerechnet 830 Euro. Heute gibt es den Flug zum halben Preis. Auch Flüge nach New York, Singapur oder Sydney sind mittlerweile so erschwinglich, dass sie sich sogar junge Erwachsene leisten können.
Das ist natürlich an sich eine tolle Sache: Auch ich konnte bereits viel von der Welt sehen. Mehr, als meine Eltern und deutlich mehr als meine Großeltern. Zum einen, weil mich das Ferne und Fremde reizt, zum anderen aber auch, weil es erschwinglich ist. Ich glaube, dass Menschen eben so funktionieren: Wenn man es sich leisten kann, dann macht man es auch. Ohne Blick auf die Konsequenzen, ohne Rücksicht. Ich will mich davon gar nicht ausnehmen. Denn auch ich fliege an weit entfernte Orte. Und auch ich weiß, wie die meisten Menschen, genau Bescheid, was ich der Umwelt mit einer Flugreise antue.
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Fliegen ist die klimaschädlichste Art sich fortzubewegen
Nichts vergrößert den eigenen CO2-Fußabdruck so entscheidend wie das Fliegen. Bei einem Flug von Deutschland auf die Malediven und zurück verursacht man z.B. 5 Tonnen CO2 pro Person. Das Problem: Um den Klimwandel zu begrenzen, sollte man pro Jahr nicht mehr als 2 Tonnen CO2 verursachen. Diesen Wert würde man alleine mit dem Malediven-Flug also mehr als verdoppeln. Da wundert es wenig, dass in Deutschland der Verbrauch von CO2 aktuell bei 12 Tonnen pro Kopf und Jahr liegt. Hinzu kommt, dass bei Flugreisen nicht nur besonders viel CO2 ausgestoßen wird, sondern auch weitere Treibhausgase, wie etwa Stickoxide, entstehen, die den Treibhauseffekt verstärken.
Natürlich kann man, wenn man sich dieser Folgen bewusst ist, die Flugreise „kompensieren“. Das geht beispielsweise durch Unternehmen wie atmosfair.de. Das System funktioniert so: Flugpassagiere zahlen freiwillig einen von den Emissionen abhängigen Klimaschutzbeitrag, der für Klimaschutzprojekte verwendet wird. Dazu zählen z.B. der Ausbau von erneuerbaren Energien in Entwicklunsgländern. Das ist eine tolle Möglichkeit für alle, bei denen Flugreisen nicht vermeidbar sind – etwa weil es für die Arbeit notwendig ist, weil Freunde oder Familie im Ausland leben oder weil das Traum-Reiseziel anders eben nicht erreichbar ist. Allerdings sollte die Kompensation keine Rechtfertigung sein, mehr als notwendig zu fliegen. Was ist also die Lösung?
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„Man muss die Menschen zu ihrem Glück zwingen“
Fliegen muss wieder teurer werden. Ich finde, dass man die Menschen zu ihrem Glück zwingen müsste und dafür sorgen, dass Flugreisen wieder zu einer Besonderheit werden. Damit möchte ich niemandem die Möglichkeit nehmen, die Welt zu entdecken. Aber vielleicht kann man dann nur noch alle zwei Jahre eine Fernreise mitf ür 1000 Euro Flugkosten unternehmen, anstatt im Frühling für 500 Euro nach New York zu fliegen und im November noch einmal für 500 Euro nach Süd-Ost-Asien.
Und mal ganz ehrlich: Muss es wirklich sein, dass wir für 10 Euro nach Düsseldorf, München oder Mallorca fliegen? Nicht nur wird die Hemmschwelle für Flugreisen durch solche Kampfpreise drastisch gesenkt, auch der Wert nimmt ab. Im Tierschutz gibt es zum Beispiel eine sogenannte Schutzgebühr, die zukünftige Besitzer für ein Tier zahlen müssen. Dadurch vermeidet man überstürzte Käufe. Vielleicht bräuchten wir eine solche Gebühr auch bei Flugreisen, eine „Klima-Schutzgebühr“.
In eine ähnliche Richung geht auch die Forderung der „Fridays for Future“-Aktivisten. Sie fordern, die CO2-Emissionen drastisch zu verteuern, auf 180 € pro Tonne CO2. Das würde bei einem Flug von Berlin nach New York circa 657 Euro Mehrkosten ausmachen, wie der „Spiegel“ ausgerechnet hat.
Auch wenn unsere Flugtickets dann teurer werden: Der Klimaschutz wäre es das allemal Wert. Denn wir weiterhin so fliegen wie bisher, wird es schon in wenigen Jahrzehnte nichts mehr geben, das wir uns anschauen können.