4. Juli 2023, 18:01 Uhr | Lesezeit: 7 Minuten
Ein Job über den Wolken: Das ist für viele, zumindest in ihrer Vorstellung, ein Traum. Dabei ist es gar nicht so einfach, Flugbegleiterin zu werden. Denn neben sogenannten „Soft Skills“, wie etwa Stressresistenz, spielen auch körperliche Faktoren eine Rolle. Manche sind sinnvoll, etwa weil sie für die Sicherheit an Bord relevant sind. Andere hingegen sind mitunter absolut kritisch zu betrachten. Ein Überblick.
Auch wenn es sich immer weiter wandelt, ist auch heutzutage immer noch der Großteil der Flugzeugcrew im Flugzeug weiblich. Die genaue Zahl variiert, je nach Airline sind es häufig aber um die 80 Prozent. Dabei ist es gar nicht so einfach für Frauen, Flugbegleiterin zu werden. Denn vielfach muss man auch eine strenge Inspektion des Äußeren über sich ergehen lassen. Einige Aspekte sind dabei relevant für die Sicherheit der Fluggäste, etwa die Größe. Andere Punkte, wie etwa das Gewicht, spielen bei vielen Airlines heutzutage keine Rolle mehr. Äußerliche Auffälligkeiten, von bunten Haaren über Tattoos bis Piercing, waren lange fast flächendeckend untersagt – doch auch hier wird im Kampf um gutes Personal immer mehr gelockert.
TRAVELBOOK verrät, welches Aussehen für eine Karriere als Flugbegleiterin von Vorteil ist – und bei welchen Airlines die Regeln eher strenger oder lockerer sind.
Körpergröße:
Die Größe ist in puncto Aussehen der entscheidende Faktor, ob man Flugbegleiterin werden kann oder nicht. Bei Lufthansa muss man aktuell mindestens 1,55 Meter groß sein, bei Ryanair liegt die Mindestgröße bei 1,57 Meter und bei Easyjet ist es ein Zentimeter mehr. Bei Eurowings müssen Flugbegleiterinnen mindestens ein 1,60 Meter groß sein. Doch warum gibt es überhaupt eine Mindestgröße? Das verriet eine Easyjet-Flugbegleiterin auf TRAVELBOOK-Nachfrage: „Viele sind sehr enttäuscht, wenn sie kleiner sind und es nur aufgrund der Größe nicht klappt. Allerdings muss man mindestens so groß sein, um die Aufgaben in der Kabine ohne Probleme zu erfüllen, wie etwa an die Gepäckfächer zu kommen, denn da ist auch das Notfall-Equipment verstaut. Da geht die Sicherheit vor.“
Eine Maximalgröße gibt es übrigens auch: Bei Easyjet dürfen Flugbegleiter höchstens 1,90 Meter groß sein, bei Ryanair maximal 1,88 Meter und bei der Lufthansa sogar 1,95 Meter.
Übrigens: Früher musste man noch deutlich größer sein. Einst lag die Größenanforderung bei 1,70 Meter. Aufgrund von erheblichem Personalmangel wurde sie im Laufe der Jahre allerdings heruntergeschraubt, sagte Ex-Flugbegleiterin Jana Heinisch TRAVELBOOK.
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Gewicht:
Bei diesem Thema halten sich die meisten Airlines bedeckt. Sowohl bei Lufthansa als auch bei Ryanair oder Easyjet ist ein „angemessenes“ Körpergewicht Voraussetzung. Die Easyjet-Flugbegleiterin erklärt: „Zumindest bei Easyjet gibt es keine allgemeingültige Gewichtsgrenze. Das Gewicht muss im Einklang zur Körpergröße sein. Man sollte zwar nicht stark adipös sein, aber bei uns sind auch keine ‘Model-Maße‘ eine Voraussetzung“. Grundsätzlich müssten Flugbegleiter einfach körperlich in der Lage sein, in wenigen Minuten alle Fluggäste zu evakuieren. Allerdings gibt es auch Airlines, die auf ein möglichst geringes Körpergewicht bestehen.
Asiatische Airline stellt absurde Gewichtsregeln für die Crew auf
Eine von ihnen ist die asiatische Fluggesellschaft Hainan Airlines. Seit Juni gilt hier eine neue Richtlinie, nach der Flugbegleiterinnen ein Flugverbot droht, wenn ihr Gewicht mehr als 10 Prozent über einem „Standardgewicht“ liegt – was wiederum sehr niedrig ist. Es beläuft sich, wie etwa „Aerotelegraph“ berichtet, auf die Körpergröße in Zentimetern minus 110. Das heißt, eine Frau mit einer Körpergröße von 1,60 Metern dürfte dieser Regelung nach lediglich 50 Kilogramm wiegen. Zum Vergleich: Ab 47,4 Kilogramm gilt man bereits als untergewichtig. Flugbegleiterinnen bei Hainan Airlines, die zukünftig nicht der Norm entsprechen, werden entweder monatlich überprüft (bei einem Zusatzgewicht von 5 Prozent) – oder sie werden suspendiert und auf Diät gesetzt, wenn ihr Gewicht 10 Prozent über der Norm liegt. Die Airline beharrt derzeit auf der neuen Regelung, obwohl es massiv Kritik hagelt.
Dabei ist Hainan Airlines nicht die erste Airline, die der Crew eine Gewichtsobergrenze vorschreibt. 2019 etwa sorgte Pakistan International Airline (PIA) weltweit für Schlagzeilen. Damals wurde etwa 100 Mitarbeiterinnen, die 13 Kilo über dem Idealgewicht der Airline lagen, mitgeteilt, dass sie ihr Gewicht bis Juni pro Monat um zwei Kilo reduzieren müssten – sonst drohe eine Versetzung an den Boden. Hier lag das Idealgewicht laut dem Schreiben bei einer Größe von 1,70 Meter bei 60 bis 66 Kilogramm. Die haarsträubende Begründung damals: „Niemand möchte unansehnliche Besatzungen im Flugzeug sehen“. Auch Air India versetzte im Jahr 2015 mehr als 120 Mitarbeiter zum Bodenpersonal, da sie einen höheren Body-Mass-Index als 25 hatten, wie unter anderem „Aerotelegraph“ berichtete. Dennoch bleiben diese Fälle natürlich eine absolute Ausnahme.
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Tattoos:
Bei Easyjet wie auch bei Lufthansa dürfen Flugbegleiterinnen keine sichtbaren Tattoos oder Piercings tragen. Bei Easyjet wird auf Nachfrage präzisiert, dass Tattoos und Piercings von Kleidungsstücken bedeckt werden müssen. Ex-Flugbegleiterin Jana Heinisch weist darauf hin, dass auch ein zweiter Ohrring schon als Piercing gilt. Dieser müsste dementsprechend auch vor dem Dienst entfernt werden. Die Lufthansa teilt mit, dass sichtbare Tattoos abzudecken sind oder entfernt werden müssen für den Flugeinsatz.
Es gibt allerdings auch schon Airlines, bei denen sowohl Piercings als auch sichtbare Tattoos erlaubt sind. „Wir schließen grundsätzlich keine Bewerber aus, die tätowiert oder gepierct sind“, erklärt eine Eurowings-Sprecherin TRAVELBOOK. Tattoos können Flugbegleiterinnen auch bei Virgin Atlantic und Eurowings Discover zur Schau stellen. Bei Alaska Airlines dürfen zudem auch zwei Ohrringe pro Ohr und ein einzelnes Nasenpiercing getragen werden. Auch Air Baltic und United Airlines erlauben mittlerweile sowohl sichtbare Tattoos als auch Piercings.
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Allgemeines Auftreten
Bei allen Fluglinien gilt als Grundsatz, dass man gepflegt ist. Dies lässt sich etwa in aktuellen Stellenausschreibungen von Lufthansa oder Eurowings nachlesen, wo „ein gepflegtes Äußeres“ bzw. ein „stilvolles und gepflegtes äußeres Erscheinungsbild“ gewünscht werden. Nachvollziehbar, wenn es nach der Easyjet-Flugbegleiterin geht: „Man muss sich vor Augen führen, dass wir mit Gästen arbeiten und man dementsprechend auch gepflegt sein muss. Dazu gehört auch, dass man sich morgens auch zurechtmacht. Man kann nicht jeden Nagellack tragen oder jede Frisur.“ Bei den meisten Airlines haben die Flugbegleiter die Wahl zwischen Nagellack in Rot, French Manicure oder Klarlack, auffällige Farben sind, wie auch bei Frisuren, vielfach untersagt.
Allerdings gibt es bezüglich des allgemeinen Auftretens auch immer mehr Lockerungen. Seit Oktober 2022 sind etwa bei Condor auch sichtbare Tattoos erlaubt, wie eine Unternehmenssprecherin TRAVELBOOK mitteilte. Lediglich Tattoos im Gesicht sowie obszöne, anstößige oder verbotene Symbole und Sprüche seien verboten. Zudem wurden die Regelungen im Bereich Haare gelockert worden: „Diese müssen stets gewaschen und gepflegt sein, dürfen jedoch individuell mit dem eigenen Haarschmuck frisiert sein, sofern diese kein Sicherheitsrisiko darstellen. Gleiches gilt auch für Schmuck und Accessoires.“ Auch die luxemburgische Airline Luxair lässt neben Tattoos mittlerweile ausgefalleneren Nagellack zu. Und kürzlich machte auch die australische Airline Qantas auf sich aufmerksam, als sie mitteilte, dass Mitarbeitende nun selbst entscheiden dürften, ob sie Absätze, Schmuck oder Schminke tragen – unabhängig vom Geschlecht. Eine Änderung, die aktuell bei den meisten deutschen Airlines noch nicht geplant ist. Aber was nicht ist, kann ja noch werden!