7. Juli 2024, 13:38 Uhr | Lesezeit: 4 Minuten
Man war bereits im Landeanflug. Doch dann nimmt das Flugzeug noch einmal so richtig Fahrt auf und hebt von Neuem ab. Man spricht in diesem Fall von einem Durchstarten oder „Go-around“. Und auch wenn es Gäste an Bord vielleicht kurz erschrecken dürfte, dient das Manöver der Sicherheit aller Anwesenden. TRAVELBOOK stellt das Vorgehen beim Durchstarten vor und erklärt, aus welchen Gründen es dazu kommen kann.
Haben Sie schon mal in einem Flugzeug gesessen, das kurz vor der Landung noch einmal durchstarten musste? Die Situation ist für Passagiere nicht ganz angenehm – vor allem dann, wenn sie nicht wissen, was hinter der Maßnahme steckt. Durch Weiterlesen wird sich das ändern. Denn: „Ein Go-around ist immer eine sichere Option“, kann man dazu bei „Stay Safe“, einer Kampagne von u. a. dem Schweizer Bundesamt für Zivilluftfahrt, nachlesen. TRAVELBOOK geht ausführlicher darauf ein.
Übersicht
Ein Flugzeug muss „durchstarten“ – was bedeutet das?
Ein Durchstarten oder sogenannter Go-Around ist kein Notfall, heißt es in dem Beitrag. Es handele sich dabei vielmehr um ein Standard-Verfahren – erfahrene Piloten sollten es quasi blind beherrschen.
Dass dem so ist, bestätigt der Erfahrungsbericht eines Flugkapitäns der Lufthansa. Bei einem Go-around sei demnach immer gleich, was im Cockpit passiert. „Gashebel nach vorne, maximaler Schub, Steigflug einleiten, dann das Fahrwerk einfahren und mit zunehmender Geschwindigkeit die Landeklappen wieder einfahren.“ Danach komme es auf die richtige Navigation entsprechend des eingeübten Go-around-Verfahrens an. Das Flugzeug muss zum Beispiel eine bestimmte Höhe erreichen und sich dann über GPS-Koordination oder Funkfeuer wieder für den neuen Anflug einfädeln. Vor einem nächsten Versuch braucht es eine erneute Landefreigabe durch die Fluglotsen.
Mögliche Gründe fürs Durchstarten
Wenn ein Pilot sich nicht ganz sicher ist, dass die Landung risikofrei gelingen kann, so darf er „keinen Augenblick zögern und muss durchstarten“. So ist es in der oben angeführten Safety-Promotion-Kampagne erklärt.
Kein sicheres Gefühl
„Ein Grund kann sein, dass wir das Gefühl haben, nicht stabilisiert zu sein“, so der Lufthansa-Pilot. Dieses könne auch etwa in 300 Metern Höhe vor dem Aufsetzen aufkommen. Bereits dann müsste man sich als Pilot eines stabilen Endanflugs sicher und somit etwa die Sinkrate angemessen und die vorgeschriebene Landegeschwindigkeit erreicht sein. Daneben wäre auch ein unterschrittener Mindestabstand zum vorderen Flugzeug Anlass für einen Go-Around.
„Ein bisschen Panik hatte ich schon“
„Ich bin vor Kurzem von Frankfurt am Main nach Marrakesch in Marokko geflogen. Der Flug startete pünktlich und verlief absolut reibungslos. Und dann der Schreck bei der Landung: Das Flugzeug hatte die Landebahn bereits berührt – und hob dann plötzlich wieder ab. Ein Raunen ging durch die Flugzeugkabine, die Passagiere, einschließlich mir, waren sichtlich irritiert. Zumal ein paar Minuten lang keine Durchsage der Crew zu den Gründen für das ungewöhnliche Manöver kam. Dazu kamen leichte Turbulenzen, das Flugzeug flog in nicht sehr großer Höhe eine Kurve. Dann endlich die Durchsage des Piloten: „Liebe Passagiere, wir sind beim Landeversuch etwas zu lange über der Landebahn geschwebt, sodass wir nochmal durchstarten mussten. Wir fliegen jetzt eine Kurve und starten dann einen erneuten Landeanflug.“ Beim zweiten Versuch klappte zum Glück alles reibungslos, und die Erleichterung war den Passagieren anzusehen. Immerhin hatte ich auf diese Weise zweimal die Gelegenheit, die faszinierende Königsstadt von oben zu sehen. Dennoch würde ich die Erfahrung, in einem durchstartenden Flugzeug zu sitzen, ungern noch einmal machen.“
Unbekannte Landebahn
Ebenso ist ein Durchstarten beim erstmaligen Landen auf einem bisher unbekannten Flugplatz angeraten. Und zwar insbesondere auf einer kurzen Landebahn, wo ein exaktes Vorgehen von höchster Bedeutung ist. Selbst erfahrene Flugzeugführer können hier manchmal einen zweiten Anlauf gebrauchen.
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Wetterverhältnisse
Manchmal veranlassen auch schlechte Wetterverhältnisse Piloten zum Durchstarten, etwa Stürme. Es gibt vom Flugzeughersteller veröffentlichte Wind-Limits, die nicht überschritten werden dürfen. Auch eine schlechte Sicht auf die Landebahn unterhalb der Mindesthöhe ist ein denkbares Go-Around-Szenario.
Die Möglichkeit, noch einmal von vorne beginnen zu können, nimmt Piloten den Druck. Bekanntlich zählt die Landung zu den gefährlichsten Phasen im Flugverlauf. Noch ein (oder auch zwei) Mal durchzustarten, bedeutet, dass etwaige Ungenauigkeiten des ersten Landeanflugs korrigiert werden können. Die Experten von „Stay Safe“ bringen es auf den Punkt: „Lieber noch eine weitere Platzrunde fliegen oder wenn nötig zu einem anderen Flugplatz ausweichen, als nachher festzustellen, dass es noch ‚gerade mal gut gegangen‘ ist.“
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Was das Manöver für Fluggäste bedeutet
Die Fluggäste werden über die Lautsprecher informiert, wenn ein Flugzeug durchstarten muss. Sie können in dem Fall also unbesorgt sein, dürfen sich aber auf eine zumindest geringfügig verspätete Landung einstellen.