25. September 2018, 14:48 Uhr | Lesezeit: 3 Minuten
Flugzeuge können problemlos Gewitter passieren oder mit nur einem Triebwerk fliegen. Aber was passiert eigentlich, wenn das Fahrwerk aufgrund von technischen Problemen nicht ausfahren kann?
Auch wenn es selten vorkommt: Es ist durchaus möglich, dass eine Maschine ihre Räder nicht ausfahren kann. Deswegen verfügen Flugzeuge von vornherein schon über zwei Systeme: Das hydraulische sowie das Reservesystem, das zum Einsatz kommt, wenn Ersteres versagt. Das Reservesystem basiert auf Erdanziehungskraft, was bedeutet, dass das Fahrwerk bei einer Landung quasi aus dem Schacht fällt. Soweit zur Theorie, nur kann es tatsächlich sein, dass auch die Ersatzräder nicht funktionieren.
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Flugzeug musste in Peru ohne Fronträder landen
Genau das ist der Besatzung einer LC-Perú-Maschine auf dem Weg von Peru nach Ayacucho im vergangenen August passiert. Die Piloten merkten, dass etwas mit dem Bugfahrwerk nicht stimmte und drehten um. Am Ausgangsflughafen Aeropuerto Internacional Jorge Chávez in Lima machten sie einen Tiefflug über die Piste, was ihren Verdacht bestätigte, dass sich das Fahrwerk nicht ausfahren ließ.
Anschließend stiegen sie wieder hoch, drehten einen Kreis und steuerten wieder Lima für eine Notlandung an. Und tatsächlich schafften es die Piloten, die Maschine ohne Räder auf den Boden zu bringen, wie ein Video bei Twitter zeigt. 59 Passagiere und die fünf Crew-Mitglieder sollen das Flugzeug unverletzt verlassen haben.
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Piloten trainieren das Landen ohne Räder
Wenn ein derartiges Problem wie in Peru auftritt, gibt es genaue Vorgehensweisen, die umgesetzt werden müssen. „‘Landing Gear Abnormals‘ – so heißen die Verfahren offiziell – werden in der Ausbildung trainiert, allerdings nur eingeschränkt“, erklärt der deutsche Luftfahrtberater Nikolaus Braun auf TRAVELBOOK-Nachfrage. „Dabei wird zwischen zwei Phasen unterschieden: Dem Versuch, doch noch das Fahrwerk sicher auszufahren, und wenn dies scheitern sollte, der Landung mit einem nur teilweise ausgefahrenen Fahrwerk.“
Die tatsächlichen Verfahren würden sich je nach Flugzeugtyp und Hersteller unterscheiden. Vereinfacht könne man laut Braun aber von folgenden Schritten sprechen: „Nach der Warnung wird oftmals ein zweiter Versuch unternommen und das Fahrwerk ein- und erneut ausgefahren. Ergibt sich daraus keine Besserung, kann das Fahrwerk mit einem alternativen Mechanismus ausgefahren werden: Es werden über ein getrenntes System Sicherungen gelöst und das Fahrwerk fällt mit der Schwerkraft in die aufgefahrene Position, wo es nur noch verriegelt werden muss.“
Ein Tiefflug wie in Lima beziehungsweise ein Vorbeiflug am Tower seien nur eingeschränkt hilfreich. Der Tower könne zwar sehen, ob das Fahrwerk grundsätzlich ausgefahren ist, aber nicht, ob es in exakt der geforderten Endlange angekommen und verriegelt ist.
„Ist über all diese Versuche die Fehlermeldung nicht verschwunden und es sind nicht die (meist) drei grünen Fahrwerksanzeigen da, muss von der Landung mit einem unsicheren Fahrwerk ausgegangen werden. Das Flugzeug wird für die Landung vorbereitet, indem Gewicht wenn möglich reduziert wird, ein Flughafen mit langer Landebahn ausgewählt wird, in der Kabine spitze Gegenstände im Handgepäck sicher verstaut und die Passagiere nochmal zu den Notverfahren informiert werden“, so Braun weiter.
Die eigentlich Landung müsse dann genauso verlaufen wie normalerweise. Die Piloten würden lediglich versuchen, das Flugzeug bestmöglich auf den verbliebenen Fahrwerken und erst so spät wie möglich auf dem Teil des fehlenden Fahrwerks aufzusetzen. Ist gar kein Fahrwerk vorhanden, müsse die Landung dennoch durchgeführt werden – eben so seicht wie möglich.