4. November 2024, 10:30 Uhr | Lesezeit: 5 Minuten
Ihr umgangssprachlicher Name verrät ihren Zweck. Sogenannte Kotztüten wurden bereits in den 1950er-Jahren eingeführt, als es auf Passagierflügen noch deutlich holpriger zuging. Bis heute finden Flugreisende die reißfesten Papiertütchen in der Rückentasche ihres Vordersitzes – doch längst nicht mehr so zuverlässig wie noch vor ein paar Jahren. Alles, was Sie über Kotztüten wissen sollten, erfahren Sie bei TRAVELBOOK.
Kotztüten (Air Sickness Bags) gehören grundsätzlich zur Notfallausstattung in Flugzeugen. Sie befinden sich in greifbarer Nähe von Fluggästen, damit diese schnell handeln können, sollten sie sich plötzlich erbrechen müssen. Zugegeben, das sind nun keine neuen Informationen. Doch stellen Sie sich vor, Sie sind wirklich ein Mal auf die Dienste einer Kotztüte angewiesen – doch es ist keine da! Das könnte mitunter passieren.
Übersicht
Kotztüten nicht mehr unbedingt Flugzeug-Standardausstattung
In Ryanair-Flugzeugen etwa greifen von Übelkeit Geplagte ins Leere. Denn die britische Billig-Airline hat zwar nicht explizit Kotztüten abgeschafft, dafür aber die Rückentasche von Flugzeugsitzen, in der sich (neben z. B. einem Bordmagazin und der Sicherheitseinweisung) standardmäßig eine befinden sollte. Für die Fluggesellschaft spart diese Maßnahme Zeit und Geld, schließlich müssen besagte Taschen nicht mehr gereinigt werden.
Es gibt keine offizielle Stellungnahme dazu, dass oder ggf. warum Ryanair keine Kotztüten mehr anbieten würde. Auf eine TRAVELBOOK-Anfrage steht eine Rückmeldung noch aus. Wohl ist davon auszugehen, dass Kotztüten bei Bedarf weiterhin ausgehändigt werden. Doch klar – dann könnte es für Betroffene eines akuten Würgereizes bereits zu spät sein.
In den Anfängen der Luftfahrt war die Einführung der sogenannten Kotztüten (manchmal auch Spuckbeutel) eine immens sinnvolle. Damals war Reisekrankheit noch deutlich verbreiteter, was neben der Möglichkeit von Turbulenzen auch mit der stickigen Kabinenluft aufgrund fehlender Luftzirkulation zusammenhing. Diese Probleme haben fortschrittliche Luftfiltersystemen inzwischen weitestgehend behoben. Doch das heißt natürlich nicht, dass es einem im Flugzeug nicht immer noch schlecht werden kann.
Anders offenbar bei Condor. Wie eine Sprecherin der Fluggesellschaft TRAVELBOOK erklärt, ist es ein fester Bestandteil der Kabinenvorbereitung vor jedem Flug, die Vollständigkeit der Air Sickness Bags zu überprüfen. Diese befinden sich demnach in der Sitztasche an jedem Platz. So soll sichergestellt werden, das allen Gästen im Falle von Unwohlsein eine zur Verfügung steht.
Zur Müllvermeidung reduzieren Airlines Kotztüten im Flugzeug
Es gibt viele Airlines, die in den vergangenen Jahren ihre Kotztüten-Ausstattung reduziert haben. Dabei dürften teilweise Kostengründe eine Rolle gespielt haben, daneben sind es oft „Nachhaltigkeitsaspekte“. Solche gab eine Eurowings-Sprecherin auf Nachfrage des Reiseportals „Aerotelegraph“ an. Die innen mit Plastik beschichteten Beutel würden nur noch selten zu ihrem eigentlichen Zweck benötigt. Stattdessen beobachte man es oft, dass Fluggäste sie z. B. zur Entsorgung von Kaugummi verwenden. Eurowings wolle Müll reduzieren, doch gebe bei Bedarf selbstverständlich Kotztüten heraus. Beim Forum „Airlines“ will eine Nutzerin zu dem Thema wissen, dass Eurowings bereits seit einigen Jahren pro Dreier-Sitz-Reihe allenfalls noch eine Kotztüte auslegt – zum Teilen, sozusagen.
Auch bei Easyjet sei man bestrebt, Auswirkungen auf die Umwelt zu verringern. Das erfährt TRAVELBOOK von einer Sprecherin des Unternehmens. Im Rahmen eines entsprechenden Programms untersuche die Airline demnach, an welchen Stellen im Flugbetrieb ein Abfallaufkommen minimiert bzw. Recycling-Material eingesetzt werden kann. In dieser Absicht würden die Kotztüten – bei Easyjet Spucktüten genannt – bereits seit 2022 aus recyceltem Papier hergestellt. Ob sich das viel anders anfühlt, kann offenbar jeder Passagier selbst herausfinden: Laut der Sprecherin steht jedem Fluggast ein eigenes Tütchen zur Verfügung. Und übrigens, bei Easyjet wird eine spezielle Art der Umnutzung sogar empfohlen – vorausgesetzt, Verwender legen ihre unversehrte „Kotztüte“ (bzw. improvisierte Smartphone-Halterung) nach Gebrauch wieder zurück. Das folgende Instagram-Video hilft beim Verständnis.
Lufthansa-Sitze waren zeitweise „nur sporadisch bestückt“
TRAVELBOOK fragte auch bei einer Flugbegleiterin nach, die bei der Lufthansa tätig ist. Und ausgerechnet die höherpreisige Eurowings-Mutter habe seine Sitze eine Zeit lang nur sporadisch mit Kotztüten bestückt. „Sparmaßnahmen“, verrät die Insiderin. Klar sei, dass eigentlich jeder Sitz eine haben müsse; doch auch, dass die Tüten tatsächlich zweckentfremdet würden, etwa fürs Entsorgen von Müll. Zusammenfassend ist die Flugbegleiterin dennoch der Meinung, dass der Nutzen von Air Sickness Bags überwiegt.
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Kotztüten sind inzwischen wertvolle Sammlerobjekte
Rarität schafft bekanntermaßen Begehrlichkeit. Doch wahrscheinlich wussten Sie trotzdem nicht, dass die in Flugzeugen seltener gewordenen Kotztüten jenseits des Flugverkehrs zu beliebten Sammlerstücken avanciert sind. Allein in Deutschland soll es zahlreiche Kotztüten-Kollektoren geben, darunter der Hamburger Rainer Schwartz, der inzwischen mehr als 3000 Stück sein Eigen nennt.
Internationale Enthusiasten kommen auf der Website „Baghecht“ auf ihre Kosten. Und apropos: Dort geht es um durchaus stattliche Beträge. Für eine einzige Kotztüte der früheren französischen Fluggesellschaft Farman Airways soll ein Käufer umgerechnet rund 461 Euro gezahlt haben.