20. September 2016, 12:30 Uhr | Lesezeit: 3 Minuten
Als klassisches Touristenziel gilt Turkmenistan nicht. Und dennoch wurde hier nun ein neues Flughafen-Terminal in der Form eines fliegenden Falken gebaut – angeblich, um dem steigenden Passagieraufkommen gerecht zu werden. Doch die Frage bleibt: Wer soll (und will) hier überhaupt landen? Schließlich gilt der Präsident als Despot.
Umgerechnet rund 2 Milliarden Euro soll es gekostet haben, das neue Flughafenterminal in Turkmenistans Hauptstadt Aschgabat, das laut dem zuständigen Architekturbüro Polimeks nun 14 Millionen Passagiere jährlich abfertigen kann.
Um eine ungefähre Vorstellung für die Kosten zu bekommen, lohnt ein Vergleich mit dem erst im April dieses Jahres in Betrieb genommenen Satelliten-Gebäude im Terminal 2 des Flughafens München. 900 Millionen Euro sollen hier investiert worden sein, um 11 Millionen Passagiere pro Jahr mehr als bislang abfertigen zu können. Damit kostet das neue Terminal in Aschgabat mehr als das Doppelte – für nur rund 3 Millionen Fluggäste mehr.
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2015 kamen nur 105.000 Besucher
Der entscheidende Unterschied ist allerdings: In München ächzte man unter der Last der Passagiere, in Turkmenistan, das von dem despotischen Präsidenten Gurbanguly Berdimuhamedow regiert wird, hingegen gibt es kaum Besucher aus dem Ausland.
Laut „bbc.com“ kamen im vergangenen Jahr gerade mal 105.000 Besucher in das zentralasiatische Land, das laut der Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch (HRW) „zu den abgeschottetsten und repressivsten Ländern weltweit“ gehört. An Turkmenistan als Urlaubsland mag kaum einer denken. Liest man jedoch die Beschreibung des Flughafens auf der Webseite des Architekturbüros, könnte man meinen, man hätte es mit einem Top-Touri-Ziel zu tun. Dort steht: „Mit der Absicht gebaut, um auf das steigende inländische und internationale Passagieraufkommen von Turkmenistan reagieren zu können.“ Und weiter: „Der Ashgabat International Airport ist bereit, das neue Wahrzeichen des Landes zu werden.“
Zwar gibt es in dem abgeschotteten Land beachtliche Wüstenlandschaften und antike Unesco-Welterbestätten für Touristen zu besichtigen, doch schon bei der Einreise wird es Ausländern schwer gemacht. So kann eine Beantragung eines Visums beispielsweise nur nach vorheriger privater oder geschäftlicher Einladung erfolgen. Hinzu kommt, dass auch nicht alle Turkmenen ganz so einfach ausreisen können. Laut HRW habe die dortige Regierung „gegen verschiedene Personengruppen ein Ausreiseverbot verhängt“, darunter „Aktivisten, Angehörige von im Exil lebenden Dissidenten und weitere Personen, die als regierungsuntreu gelten“. Warum sollten Menschen dort einreisen wollen, wo andere nicht ausreisen dürfen?
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Reines Prestige-Objekt?
Es drängt sich also die Frage auf, ob der Bau eines derart gigantischen Terminals mit einer Bahn, auf der sogar ein A380 starten und landen kann, überhaupt nötig war? Und das in einem Land, in dem es bei einem Großteil der einheimischen Bevölkerung schon an einer Grundversorgung wie Trinkwasser mangelt.
Vielmehr scheint es, als würde die ehemalige Sowjetrepublik mit dem Bau des Terminals den Personenkult um den Präsidenten Gurbanguly Berdimuhamedow weiter voranzutreiben, als ernsthaft auf wachsende Touristenzahlen zu reagieren.