15. Mai 2019, 7:08 Uhr | Lesezeit: 5 Minuten
Schon normalgewichtige Passagiere müssen in vielen Flugzeugen den Bauch einziehen, da der Platz knapp bemessen ist. Übergewichtige, korpulente Menschen haben erst recht ein Problem und kommen mit einem Sitzplatz allein häufig nicht aus. Sind sie dann verpflichtet, einen zweiten Platz zu reservieren? TRAVELBOOK hat bei den Airlines nachgehakt.
Für XXL-Passagiere ist Fliegen häufig ein Problem. Große Menschen wissen nicht, wohin mit ihren Beinen, Übergewichtige und Menschen mit einer gewissen Körperfülle passen nicht in die Sitze. Eine meist unangenehme Situation, sowohl für die Betroffenen als auch für ihre Sitznachbarn, die zwangsläufig mit weniger Platz auskommen und sich dünn machen müssen.
Wo ein zweiter Sitzplatz Pflicht ist
Manche XXL-Passagiere lösen das Problem von vornherein, indem sie zwei Sitzplätze buchen. Das empfehlen auch die meisten Airlines. Einige Fluggesellschaften wie KLM bestehen jedoch auf die Reservierung eines zweiten Sitzplatzes. Andernfalls behält sich die Airline vor, übergewichtige Fluggäste nicht mitzunehmen.
„Für korpulente Passagiere hat KLM Sonderregelungen vorgesehen. Falls sie auf einem von KLM durchgeführten Flug den benachbarten Sitzplatz teilweise einnehmen, empfiehlt KLM, einen zweiten, angrenzenden Sitzplatz im Voraus zu buchen“, teilt eine Sprecherin der Airline auf Nachfrage von TRAVELBOOK mit. Aus Sicherheitsgründen gelte jedoch Folgendes: Sollten Passagiere keinen angrenzenden Sitzplatz gebucht haben und kein zweiter Sitzplatz in der gleichen Reiseklasse für ihren Flug verfügbar sein, „dürfen sie leider nicht mitreisen, wenn ihre Größe es ihnen nicht erlaubt, ordnungsgemäß auf einem einzelnen Sitzplatz zu sitzen“, sagt die Sprecherin.
Auch bei Easyjet sind Personen ab einer gewissen Körperfülle verpflichtet, einen zweiten Sitzplatz zu reservieren. „Passagiere, die aufgrund medizinischer oder sonstiger körperlicher Beeinträchtigungen mehr Platz als die vorhandenen Sitzplatzmaße benötigen, müssen einen weiteren Sitzplatz zu den geltenden Tarifen hinzubuchen“, teilt Easyjet auf Nachfrage von TRAVELBOOK mit.
Geld zurück für zweiten Sitzplatz
Weniger streng sind die Regeln etwa bei Air France. Die Fluggesellschaft empfiehlt XXL-Reisenden zwar die Reservierung eines zweiten Sitzplatzes, verpflichtet sie aber nicht dazu. Bei Buchung eines zweiten Platzes in der Economy-Class räumt die Airline eine Ermäßigung von 25 Prozent ein – und erstattet unter bestimmten Voraussetzungen die Gesamtkosten wieder zurück. „Sollte der Flug in der Economy-Class nicht voll ausgebucht sein, erhalten die Fluggäste das Geld für den zweiten Platz wieder zurück“, teilt eine Sprecherin der Fluggesellschaft mit. Sämtliche Konditionen gelten allerdings nur für Flüge, die mit einem Flugzeug und einer Crew von Air France durchgeführt werden.
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In Air-France-Flugzeugen sind die Sitze in der Economy-Class 40 bis 45 Zentimeter breit (gemessen am Abstand zwischen den beiden Armlehnen). Die Breite entspreche nach Aussage der Airline einem maximalen Taillenumfang von circa 135 Zentimetern. Bei Easyjet beträgt die Sitzbreite 44 Zentimeter.
Kostenlose Gurt-Erweiterung
Bei Ryanair und Lufthansa sind korpulente Passagiere ebenfalls nicht verpflichtet, einen zweiten Sitzplatz zu reservieren. „Ob der Kunde von sich aus einen zweiten Sitz hinzubuchen möchte, obliegt seinem eigenen Ermessen“, sagt eine Lufthansa-Sprecherin auf Nachfrage von TRAVELBOOK. Auch Ryanair überlässt die Entscheidung dem Kunden, wie die Airline mitteilt. Sollte die Notwendigkeit für eine Gurt-Erweiterung bestehen, stellen beide Fluggesellschaften den Passagieren diese kostenlos zur Verfügung.
Und wie verhält es sich, wenn sich ein Passagier darüber beschweren sollte, dass sein Nachbar einen Teil seines Platzes belegt? „Lufthansa befördert Fluggäste aller Gewichtsklassen und Größen“, sagt die Sprecherin. Sollte es diesbezüglich zu Beschwerden oder Problemen kommen, „setzten die Mitarbeiter der Airline alles daran, den Bedürfnissen aller involvierten Fluggäste gerecht zu werden“. Zu konkreten Maßnahmen äußerte sich die Airline allerdings nichts.
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Kommerzielle Entscheidung
Nach Einschätzung des Fluggastrechte-Portals „Flightright“ handele es sich bei sämtlichen Airlines, die von übergewichtigen Reisenden einen zusätzlichen Sitzplatzkauf verlangten, um eine vorrangig kommerzielle Entscheidung, wie „Flightright“ TRAVELBOOK mitteilt. „Bei dem verpflichtenden Kauf eines zweiten Platzes geht es maßgeblich darum sicherzustellen, dass sämtliche Sitzplätze verkauft werden können. Wenn ein Fluggast aufgrund seiner Körperfülle einen zweiten Platz belegt und dort deswegen kein weiterer Passagier sitzen kann, bliebe die Fluggesellschaft andernfalls auf den Kosten für diesen freien Platz sitzen“ sagt eine Sprecherin. Durch den Verkauf eines zweiten Sitzplatzes solle dies vermieden werden.
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Ähnlich verhalte es sich bei der Mitnahme großer Musikinstrumente im Flugzeug, wie „Flightright“ weiter ausführt. „Die Situation bei der Beförderung von stark übergewichtigen Passagieren mit großem Körpervolumen ähnelt der Mitnahme von großen Musikinstrumenten, die nicht wie normales Gepäck aufgegeben werden und auch nicht im Gepäckfach über den Sitzen verstaut werden können“, sagt die Sprecherin. Für diese müsse ebenfalls ein zusätzlicher Sitzplatz gebucht werden. Laut „Flightright“ verstoße es nicht gegen geltendes Recht, wenn Airlines von übergewichtigen Reisenden den Kauf eines zweiten Sitzplatzes verlangten. Einzig in Kanada sei es auf Inlandsflügen gesetzlich verboten, Gebühren für einen zweiten Sitzplatz zu erheben.