18. März 2019, 12:58 Uhr | Lesezeit: 5 Minuten
Über den Wolken … geht es immer noch ganz schön männlich zu. 95 Prozent aller Piloten sind Männer. Umso beeindruckender sind Frauen, die sich in dieser Männer-Domäne durchsetzen. Eine von ihnen ist Julia Peukert. Mit TRAVELBOOK hat sie über ihren aufregenden Job gesprochen und erzählt, warum sie in ihren ersten Berufsjahren ein Männer-Jacket tragen musste.
Julia Peukert ist gebürtige Berlinerin, 37 Jahre, Mutter von zwei Kindern – und Pilotin. Aktuell fliegt sie für Easyjet und gehört damit zu den nur 5 Prozent weiblichen Piloten, die dort beschäftigt sind. Weltweit lag der Schnitt 2018 nur minimal höher, bei 5,2 Prozent (7409 Pilotinnen), so eine Studie des britischen „Telegraph“, die sich auf Zahlen der „International Society of Women Airline Pilots“ bezieht.
Julia Peukert hat TRAVELBOOK erzählt, wie sie zur Pilotin wurde, was sie sich für die Zukunft wünscht und ob es ihr wichtig ist, PilotIN genannt zu werden.
TRAVELBOOK: Wann wusstest du, dass du Pilotin werden willst?
Julia Peukert: „Der Wunsch kam erst spät auf, nicht in der Kindheit. Das ist typisch für viele Frauen in dem Beruf. Es gibt dieses Bild von männlichen Piloten, das leider schon in den Köpfen von jungen Mädchen drin ist.
Bei mir kommt hinzu, dass ich in Ostberlin aufgewachsen bin. Da ist man nicht irgendwohin geflogen, da ist man an die Ostsee gefahren – darum wollte ich als Kind auch S-Bahn-Fahrer werden. Das Technische lag mir tatsächlich schon immer, ich war auch gut in den Naturwissenschaften. Mein Vater ist Ingenieur und hat mich dem auch näher gebracht. Während der Abiturzeit bin ich viel gereist und geflogen und fand das toll. Da habe ich gemerkt, dass mich das interessieren könnte.
Danach habe ich erstmal ein Studium angefangen, das ich aber sehr schnell abgebrochen habe, nachdem ich gemerkt habe: Nee, das ist mir hier zu theoretisch, ich will was Praktisches machen. Ich habe das zum Glück ziemlich schnell festgestellt und dann mit 21 Jahren die Ausbildung angefangen.
Welche Erinnerungen hast du an deine Ausbildung und deine ersten Jahre als Pilotin?
Peukert: „Ich war die einzige Frau in meinem Kurs an der Flugschule, in den anderen Kursen gab es vereinzelt Frauen – aber wir waren wenige. Als ich angefangen habe, gab es nicht mal eine weibliche Uniform. Da trug ich dann so ein peinliches, kastiges Männer-Jacket, wo mir die Ärmel viel zu lang waren, und dazu eine Flugbegleiterinnen-Hose. Ich war ja damals eine der ganz wenigen Co-Pilotinnen, jetzt bin ich eine der ganz wenigen Kapitäninnen. Schön finde ich, dass aktuell immer mehr Co-Pilotinnen nachrücken. Also seit 2004, als ich angefangen habe, hat sich schon etwas getan.
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Verhält man sich anders, wenn man hauptsächlich männliche Kollegen hat?
Peukert: „Man will sich als Frau im Alltag oft nicht hervortun. Am Anfang habe ich zum Beispiel immer gesagt: Ich bin der Kapitän. Aber dann kam das Feedback von meinen Flugbegleiterinnen: Nein, du bist nicht der Kapitän, du bist die Kapitänin. Und seitdem sage ich das auch so in meinen Ansagen: „Hallo, ich bin die Frau Peukert und ich bin hier die Kapitänin.“
Hast du deswegen schon negative Kommentare bekommen?
Peukert: „Ich bekomme wenige Reaktionen mit, meine Flugbegleiterinnen schirmen das, glaube ich, ganz gut von mir ab. Aber es gibt schon oft Erstaunen, so „oh, ah, eine Frau heute“ – gar nicht mal negativ konnotiert, sondern eher überrascht. Denn wenn die meisten Menschen an ein Cockpit denken, dann sehen sie zwei Männer vor sich. Und eben nicht eine Frau mit langem Pferdeschwanz. Ich habe in den 15 Jahren, in denen ich fliege, natürlich auch schon von Kollegen blöde Kommentare bekommen. Aber sehr selten. Und mittlerweile bin ich ja auch die Chefin und da auch total akzeptiert in der Crew. Da ist mein Geschlecht gar kein Thema mehr.
Du hast zwei Kinder und bist vollberuflich tätig. Funktioniert das gut?
Peukert: „Der Pilotenjob hat einen unglaublichen Vorteil, wenn es um Mutterschutz und Elternzeit geht: Man ist leicht ersetzbar, weil alles standardisiert ist. Sobald man schwanger ist, darf man nicht mehr fliegen und ist verpflichtet, das zu melden. Als ich schwanger wurde, habe ich auch direkt das Cockpit verlassen und bin nach der Elternzeit einfach wieder als Pilotin eingestiegen.
Aktuell funktioniert der Alltag sehr gut, weil mein Ehemann sich viel um die Kinder kümmert und sich meinen Dienstplänen anpasst. Das Gute an den Plänen ist, dass man sehr weit im Voraus schon weiß, wann man da ist und wann nicht. Es gibt auch eine normale Elternteilzeit, aber ich arbeite Vollzeit. Das liegt auch daran, dass ich mit meinem Job in einer Männerdomäne gutes Geld verdiene. Mein Mann konnte sich deswegen zum Beispiel selbstständig machen und auch Elternzeit nehmen.“
Übrigens: Um Pilotin/in zu werden, muss man ziemlich viel auf dem Kasten haben
Was würdest du dir für junge Mädchen, die Pilotin werden wollen, wünschen?
Peukert: „Zum einen, dass sie diesen Beruf überhaupt in Erwägung ziehen. Denn das Bild, dass Piloten „immer“ Männer sind, ist leider schon in den jungen Köpfen drin. Man sollte deswegen an die Schulen und gehen und schon junge Mädchen aufmerksam machen, dass es diesen Beruf auch für sie gibt. Je weiter das verbreitet ist in der Gesellschaft, desto klarer wird das auch in den Köpfen der Mädchen: Auch ich kann Pilotin werden.
Außerdem würde ich mir wünschen, dass Mädchen sich mehr trauen. Dass sie das Vertrauen haben, diese doch recht komplexe und technische Ausbildung zu schaffen. Dass sie mutig sind. Und dass sie einfach ihren eigenen Weg gehen.“