28. Januar 2019, 13:51 Uhr | Lesezeit: 5 Minuten
Die Ausbildung ist teuer, die Arbeitszeiten sind unregelmäßig. Trotzdem bewerben sich jedes Jahr Tausende um einen Platz als Pilotenanwärter bei den großen Airlines. Diese sind bei der Auswahl extrem anspruchsvoll. TRAVELBOOK erklärt, welche Voraussetzungen Sie mitbringen müssen, um Pilot/in zu werden.
Es sind die kleinen Momente, die Georg Rieth an seinem Job liebt. „Wenn ich morgens durch die Wolkendecke fliege und dann die ersten Strahlen vom Sonnenaufgang sehe – das ist schon ein geniales Gefühl“, erzählt der 25-Jährige. Seit zwei Jahren fliegt Rieth als Copilot bei Lufthansa. Das Wichtigste ist für ihn die Abwechslung. „Jeder Start und jede Landung sind anders – es ist immer wieder eine neue Herausforderung“, sagt Rieth. Das könne er sich bei einem Bürojob nicht vorstellen.
Rieth lebt das, was für viele junge Menschen ein Traum ist. „In guten Jahren bekommen wir bis zu 6000 Bewerbungen“, sagt Michael Lamberty, Pressesprecher der Lufthansa. Die Suche nach den Piloten ist für die Airlines eine Herausforderung.
Talent in vielen Bereich gefordert
Gefragt sind gute Kenntnisse in Mathematik und Physik. Auch räumliches Vorstellungsvermögen, Konzentration und gute Englischkenntnisse sind wichtig – eine Begabung in all diesen Bereichen ist jedoch relativ selten. Deswegen betreiben die Airlines bei der Auswahl ihrer Pilotenschüler viel Aufwand. Die Lufthansa arbeitet dafür mit dem Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) zusammen.
„In mehrtätigen Auswahlverfahren werden die nötigen Fähigkeiten in Computertests und Simulationen überprüft“, erklärt Jörg Handwerg von der Pilotenvereinigung Cockpit. Außerdem gibt es Gruppenaufgaben und Gespräche mit Psychologen. So wollen die Airlines testen, ob die Bewerber verantwortungsbewusste Mannschaftsspieler sind, die in schwierigen Situationen Ruhe bewahren können. Einen Gesundheitscheck müssen die Kandidaten ebenfalls überstehen – dabei wird unter anderem auf das Sehvermögen geachtet: Mehr als drei Dioptrien sind in der Regel ein Ausschlusskriterium.
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Viel Theorie und Flugstunden im Simulator
Wer es in das Ausbildungsprogramm einer Airline geschafft hat, muss zunächst viel Theorie über sich ergehen lassen. In mehreren Fächern müssen die angehenden Piloten später eine Prüfung beim Luftfahrtbundesamt ablegen. Gleichzeitig lernen sie schon sehr früh, kleine einmotorige Flugzeuge zu fliegen. Später folgen größere Maschinen. Schließlich werden die Flugschüler auf den speziellen Flugzeugtyp geschult, mit dem sie später unterwegs sein sollen, was zunächst nur im Simulator stattfindet.
Wenn sie hier die Prüfung bestanden haben, müssen die Piloten zwölf Starts und Landungen mit einem großen Verkehrsflugzeug absolvieren, erst dann dürfen sie Passagiere mitnehmen. In den ersten 120 Flugstunden sitzt jedoch zusätzlich zum Trainings-Kapitän ein erfahrener Copilot daneben. Danach gibt es den sogenannten Linecheck – das ist dann im Prinzip der Adelstitel. Ab dann darf man als Copilot allein mit einem Kapitän auf Strecke gehen. Laut Cockpit-Sprecher Handwerg kann es durchaus mehrere Jahre dauern, bis ein Copilot selbst Kapitän wird und die Verantwortung für den gesamten Flug trägt.
Weil die Airlines nicht immer genau vorhersehen können, wie viele Piloten sie in den nächsten Jahren brauchen, sind zu manchen Zeiten zu viele Flugschüler in der Ausbildung. Sie dauert bei Lufthansa rund zweieinhalb Jahre. Dann bauen die Airlines Pausen in das Programm ein, während derer die angehenden Piloten Praktika im Unternehmen absolvieren, als Flugbegleiter arbeiten oder für einige Monate bei der Flugzeugabfertigung auf dem Flughafen tätig sind.
Hohe Kosten für die Ausbildung
Preiswert ist die Ausbildung zum Piloten nicht. Bei Lufthansa kostet sie 70.000 Euro. Bei Einstiegsgehältern von 50.000 bis 60.000 Euro brutto im Jahr wird die Summe nach der Ausbildung über mehrere Jahre hinweg zurückgezahlt. Wer sich bei einer privaten Flugschule zum Piloten ausbilden lässt, sollte laut Handwerg mit Kosten von bis zu 100.000 Euro rechnen. „Davon raten wir in der momentanen Situation allerdings ab. Derzeit gibt es einfach zu viele Piloten, und es ist schwierig, auf dem freien Markt ins Cockpit zu gelangen“, erklärt er.
Dass der Pilotenberuf nicht nur Vorteile hat, räumt auch Lufthansa-Sprecher Lamberty ein. Jetlag und unregelmäßige Arbeitszeiten stellten besonders für Piloten mit Familie eine Herausforderung dar. „Andererseits macht gerade diese Unregelmäßigkeit und Internationalität für viele den Reiz des Fliegens aus“, erzählt er.
Copilot Rieth genießt es besonders, wenn er nach Feierabend eine fremde Stadt entdecken kann. Am Ende haben er und seine Kollegen aber vor allem ein Ziel: das Flugzeug und seine Insassen wohlbehalten von A nach B zu bringen. „Und dafür muss man selbst nach einem Zwölf-Stunden-Tag noch voll konzentriert sein“, sagt Rieth. Auch auf den letzten Meilen könne das Wetter noch schlechter werden oder ein System ausfallen. „Aber genau dafür sind wir ja ausgebildet.“
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Alternativen zum Pilotenjob bei Airlines
Das Fliegen mit einer Airline ist nicht der einzige Weg, als Pilot tätig zu sein. Frachtflugzeug-Piloten etwa befördern Waren von A nach B. Bundeswehr und Bundespolizei benötigen ebenfalls fliegendes Personal. Daneben gibt es Ingenieure, die beim Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt die Maschinen für Flugexperimente fliegen. Dazu zählt Jens Heider. Wenn etwa ein neuer Treibstoff getestet werden soll oder Schadstoffe in der Luft gemessen werden müssen, übernimmt Heider das Steuer. «Dabei arbeite ich immer mit einem Flugversuchsingenieur und den Wissenschaftlern zusammen, die das Experiment geplant haben.»