19. Februar 2025, 10:28 Uhr | Lesezeit: 5 Minuten
Eine Maschine der Delta Air Lines ist bei der Landung in Toronto umgekippt, wodurch mehrere Passagiere verletzt wurden. „Schon wieder ein Flugzeugunfall“, denken Sie jetzt vielleicht – in der Tat häufen sich aktuell entsprechende Meldungen. TRAVELBOOK hat einen Experten nach den möglichen Gründen für diese Auffälligkeit gefragt.
In den vergangenen Monaten häuften sich die Meldungen über Zwischenfälle im Flugverkehr, von denen einige leider zu schweren Katastrophen geführt haben. Erst Ende Januar kam es zu einem besonders folgenschweren Ereignis, als ein Passagierflugzeug der American Airlines beim Landeanflug auf Washington, D.C., mit einem Militärhubschrauber kollidierte. Dabei starben 67 Menschen. Einen ganz aktuellen Zwischenfall stellt die umgekippte Maschine am Flughafen von Toronto dar – in diesem Fall mit glücklicherweise „nur“ 18 Verletzten. Insgesamt drängt sich die Frage auf: Warum gibt es derzeit anscheinend so viele Flugzeugunfälle?
Übersicht
Umstrukturierungen bei US-Flugbehörden – und mehr Unfälle
Wer das politische Geschehen verfolgt, könnte einen Zusammenhang zwischen Donald Trumps Beschlüssen und der Häufung von Flugverkehrsunfällen vermuten – genauer gesagt: daraus resultierenden Sicherheitsmängeln. Nur wenige Tage vor der Katastrophe in Washington hatte der alte und neue US-Präsident den Chef der US-Behörde für Transportsicherheit (TSA) entlassen und ein bedeutendes Beratungsgremium für die Luftsicherheit vollständig aufgelöst, wie unter anderem „Time“ berichtete.
Hinzu kommt die Führungslosigkeit der US-Bundesluftfahrtbehörde FAA, deren Chef Michael Whitaker unmittelbar nach Trumps Amtsantritt zurücktrat. Laut dem Nachrichtenmagazin waren der Grund dafür „Konflikte“ mit Elon Musk, einem engen Verbündeten des umstrittenen Staatsoberhaupts. Trump ernannte Musk wenig später zum Leiter des neu geschaffenen Department of Government Efficiency (DOGE). In dieser Funktion soll Musk verschiedene Regierungsbehörden auf ihre Effizienz überprüfen. Laut einem Bericht von „The Verge“ entließ er in diesem Zuge bereits Hunderte FAA-Mitarbeiter – ein Schritt, der die Behörde durchaus aus dem Gleichgewicht bringen könnte.
Häufung von Flugzeugunfällen nicht auf USA beschränkt
Doch selbst wenn es Sicherheitsprobleme in den USA geben sollte, erklären diese nicht die jüngsten Flugzeugunfälle auf anderen Kontinenten. Ein tragisches Unglück ereignete sich kurz vor dem Jahreswechsel am Flughafen Muan in Südkorea, als eine Maschine der Fluggesellschaft Jeju Air abstürzte. 179 Menschen kamen dabei ums Leben. Erste Untersuchungen deuten laut einem Bericht der „Tagesschau“ auf einen Vogelschlag als mögliche Ursache hin. Rund einen Monat später kam es zu einem weiteren Vorfall, diesmal in Busan: Vor dem Start brach im hinteren Bereich des Flugzeugs ein Feuer aus. Die Passagiere konnten zwar rechtzeitig evakuiert werden, einige erlitten jedoch Verletzungen.
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Experte überzeugt: Fliegen ist heute sicherer denn je
TRAVELBOOK hat beim Luftfahrtexperten Heinrich Großbongardt nachgefragt. Auch er stellt eine Häufung von Flugzeugunfällen fest, betont jedoch, dass diese nicht auf Sicherheitsmängel zurückzuführen sei. Vielmehr handele es sich um eine „zufällige statistische Ballung“.
Großbongardt veranschaulicht es mit einem Löffel Zucker, den man auf dem Tisch verstreut. „Die Körnchen liegen immer in einem bestimmten Abstand zueinander und sammeln sich an einigen Stellen.“ Ähnlich verhalte es sich mit den aktuellen Unfällen. Tatsächlich ereignen sich derzeit auffällig viele Vorfälle, doch in der Vergangenheit gab es ebenso lange Phasen ohne Flugzeugunfälle. Der Eindruck einer Häufung entstehe vor allem im Vergleich zu diesen ruhigeren Zeiten. Großbongardt ist überzeugt: „Das Fliegen ist nicht unsicherer geworden.“
»Weltweit kommt ein tödlicher Unfall auf 8 Millionen Flüge
Im Gegenteil: Die Fliegerei ist laut Großbongardt heute zuverlässiger als je zuvor. Der Experte, der vor rund 20 Jahren als Sprecher von Boeing Deutschland tätig war, erinnert sich an Zeiten, in denen es jedes Jahr „ein Dutzend schwere Unfälle“ gab – und das bei deutlich weniger Flugbewegungen. Damals waren Unfälle also sowohl in absoluten Zahlen als auch im Verhältnis zur Zahl der Flüge deutlich häufiger.
Für TRAVELBOOK hat er sich die jüngsten Statistiken angesehen. Demnach kommt weltweit ein tödlicher Unfall auf 8 Millionen Flüge. „Und betrachtet man die modernsten Flugzeuge – etwa die Boeing 737, den Airbus A320 oder den Dreamliner – liegt die Quote sogar nur bei einem Unfall pro 20 Millionen Flüge“, erklärt Großbongardt. Seine Schlussfolgerung: Unfälle passieren heute vor allem deshalb, weil immer mehr geflogen wird.
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Horror-Vorstellung! Wie gefährlich ist es, wenn beim Fliegen ein Triebwerk brennt?
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Laut Aviation Safety Network In diesen Ländern passieren die meisten tödlichen Flugzeugunfälle
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Analyse In diesen Flugphasen ist das Unfallrisiko am höchsten
Allerdings: Die Änderungen in den USA könnten Folgen haben
Die Veränderungen in den USA kann und will der Fachmann allerdings nicht schönreden. Noch sei es nicht so weit, denn die Systeme seien sehr resilient. Es könnten demnach noch vier bis fünf Jahre vergehen, doch Heinrich Großbongardt sieht bereits die Gefahr, dass die von Trump vorgenommenen Umstrukturierungen die Sicherheit des US-amerikanischen Flugverkehrs beeinträchtigen könnten. Nicht zuletzt habe der Absturz in Washington gezeigt, dass die USA bereits ein Problem mit der Flugsicherung haben. „Wenn an dieser Stelle weiter ausgedünnt wird, kann das nur nachteilig sein.“