15. Dezember 2019, 16:14 Uhr | Lesezeit: 5 Minuten
Besonders bei längeren Flugreisen greifen Passagiere gerne auf das Onboard-Entertainment zurück, das die meisten Fluggesellschaften heute anbieten. Aber wer bestimmt eigentlich darüber, welche Filme und Serien gezeigt werden? TRAVELBOOK hat sich bei Experten umgehört.
Besonders bei längeren Flugreisen gehört das Onboard-Entertainment mittlerweile zum Standard – und ist bei den meisten Passagieren entsprechend beliebt. Schließlich bekommt man hier oft sehr aktuelle Kino-Blockbuster zu sehen. Allerdings kann der Film-Mix manchmal ziemlich bunt sein, so findet man zum Beispiel neben dem neuesten Action-Kracher auch jahrzehntealte Sandalenfilme im Programm. Nicht wenige fragen sich denn auch, wer eigentlich die Auswahl trifft – und dafür garantiert, dass im Flieger nicht etwa einen Katastrophen-Film mit Flugzeug-Absturz gezeigt bekommt? TRAVELBOOK hat sich das einmal von Experten erklären lassen.
Bei der deutschen Lufthansa liegt die Auswahl in der Verantwortung des Produktmanagements, wie Airline-Sprecherin Sandra Kraft auf Nachfrage von TRAVELBOOK erklärt. „Sowohl in der Content-Auswahl als auch in der Lizensierung werden wir von einer externen Agentur, einem sogenannten Content Service Provider, unterstützt.“ Bei Condor ist ebenfalls ein spezialisierter Dienstleister involviert, wie Unternehmenssprecher Johannes Winter bestätigt.
Länderspezifische Angebote erfreuen sich großer Beliebtheit
Und wie kommt nun die Mischung zustande, die den Kunden an Bord angeboten wird? Bei Lufthansa holt man dazu regelmäßig Feedback von Kunden ein. „Die beliebtesten Genres im Filmbereich sind seit Jahren unverändert Comedy und Action & Thriller“, sagt Airline-Sprecherin Kraft. Das Ziel sei es, sowohl „Mainstream“-Inhalte anzubieten, als auch ausgewählte Nischen abzudecken und zum Beispiel unbekanntere „Filmperlen“ zu zeigen. „Besonderen Wert legen wir nicht nur auf ein abwechslungsreiches Programm für die ganze Familie, sondern auch darauf, die vielfältigen Kulturen unserer Gäste zu berücksichtigen und Produktionen aus unterschiedlichen Ländern zu zeigen“, sagt die Sprecherin weiter.
Auch laut Condor-Sprecher Johannes Winter erfreuen sich länderspezifische bzw. lokale Programme großer Beliebtheit. „Auf der Langstrecke, wo das Entertainment über Inseat-Bildschirme ausgestrahlt wird, sollten alle Genres vertreten sein“, ergänzt er. Dabei fänden FSK-Klassifizierungen, Sprachverfügbarkeiten und Filmbewertungen Berücksichtigung.
Winter versichert zudem, dass man das Programm stets streng prüfe, um sicherzustellen, dass Passagiere beispielsweise keinen Film über eine Flugzeug-Katastrophe zu sehen bekämen. „Genauso achten wir darauf, dass jeder Actionfilm so geschnitten ins Programm kommt, dass er auch bedenkenlos von Kindern angesehen werden kann.“
Entertainment-Programm über Tablets und Smartphones
Um auch in kleineren, nicht mit individuellen Bildschirmen ausgestatteten Maschinen ein umfangreiches Unterhaltungsprogramm anbieten zu können, gehen Airlines wie die brasilianische TAM oder Iberia Express zunehmend dazu über, die Smartphones und Tablets der Passagiere nutzbar zu machen. Dafür müssen sich Fluggäste in das Bord-WLAN einloggen – und können dann über das Intranet auf ein Angebot zugreifen. Die Kosten dafür sind bei den Airlines unterschiedlich.
Ab wann darf ein aktueller Kinofilm auch im Flugzeug gezeigt werden?
„Wann ein Kinofilm im Airlinebereich ‘ausgewertet‘ werden darf, entscheiden die Produzenten bzw. Filmstudios, die die Lizenzen vergeben“, erklärt Lufthansa-Sprecherin Kraft. Bei neuen Produktionen der großen Hollywoodstudios sei dieser Zeitpunkt üblicherweise für alle Airlines gleich und liege bei circa 2 bis 3 Monaten nach dem Kinostart in den USA. „Bei internationalen Produktionen ist es weniger reglementiert und es gibt es unterschiedliche Vorläufe.“
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Entschädigung bei Ausfall des Entertainment-Programms?
Angesichts der Tatsache, dass das Entertainment-Angebot heutzutage in vielen Maschinen zum Standard gehört, stellt sich die Frage, ob man bei einem Ausfall des Programms Anrecht auf Entschädigung hat. Reiserechtler Prof. Ernst Führich aus Kempten: „Der Fluggast hat in erster Linie das Recht, von A nach B zu fliegen.“ Und das sicher und pünktlich. Was den Komfort betrifft – also auch das Entertainment – muss er generell kleinere Unannehmlichkeiten und Störungen hinnehmen.
Aber: Wer für eine höhere Buchungsklasse, also First oder Business Class, viel Geld bezahlt hat, könne auch erwarten, dass das Entertainment dauerhaft funktioniert und nicht zeitweise oder ganz ausfällt. Ist der Ausfall also nicht nur kurzzeitig, der Flug lang und die Buchungsklasse teuer, habe der Passagier wahrscheinlich ein Preisminderungsrecht, wägt Führich ab. Aus seiner Erfahrung liege dieses bei maximal 20 Prozent des Flugpreises.
Passagiere in der Economy Class haben dieses Preisminderungsrecht eher nicht. Der Ausfall des Entertainments sei dort zwar auch ärgerlich, werde aber durch den billigeren Flugpreis kompensiert, so der Reiserechtler. Aber kommen bei einem Passagier der Economy Class mehrere Mängel in Sachen Komfort zusammen – etwa der Ausfall des Filmprogramms, des Lichts, ein defekter Sitz –, und ist der Flug dann auch noch sehr lang, könne auch er versuchen, einen Teil des Flugpreises zurückzubekommen.
Wichtig ist, die Mängel zu dokumentieren. Dafür lässt man sie sich vom Flugpersonal schriftlich bestätigen. Oder sucht sich Zeugen – möglichst mit Adresse und nicht aus der eigenen Familie. Dann können Fluggäste versuchen, ihre Forderung gegenüber der Airline durchzusetzen. Wiegelt diese ab, bleibt noch die kostenlose Schlichtungsstelle für den öffentlichen Personenverkehr (söp), der die meisten Airlines angehören.