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Eine scheinbar einfache Erfindung änderte alles

Warum es in den USA einst mehr als 140 Zeitzonen gab

Flat Iron Building in New York: Das Konzept weltweit akzeptierter, einheitlicher Zeitzonen ist noch nicht so alt, wie man denken könnte. Davor ging es im Hinblick auf die Zeitmessung mitunter abenteuerlich zu, vor allem in den USA
Das Konzept weltweit akzeptierter, einheitlicher Zeitzonen ist noch nicht so alt, wie man denken könnte. Davor ging es im Hinblick auf die Zeitmessung mitunter abenteuerlich zu, vor allem in den USA Foto: Getty Images
Robin Hartmann Autorenkopf
Freier Autor

8. Dezember 2024, 14:39 Uhr | Lesezeit: 4 Minuten

Dass die ganze Welt in verschiedene Zeitzonen unterteilt ist, ist heute ein allgemein akzeptierter Fakt. Die Einteilung hilft dabei, Verabredungen einzuhalten und den weltweiten Personen- und Güterverkehr zu steuern. Umso überraschender ist es, dass das Konzept an sich gerade einmal etwas älter als 140 Jahre ist. TRAVELBOOK erklärt, wie es zu der bahnbrechenden Erfindung kam, und was die USA damit zu tun haben.

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Manche Dinge scheinen für uns Menschen so selbstverständlich zu sein, dass wir wohl keinen zweiten Gedanken an sie verschwenden würden. Beziehungsweise, warum sie überhaupt existieren. Ein gutes Beispiel dafür sind Zeitzonen, denn es ist heute ein allgemeingültiger Umstand, dass die gesamte Welt in solche unterteilt ist. Dabei maß der Mensch diesen Parameter seit Anbeginn seiner Existenz den Großteil der, nun ja, Zeit, nach ganz verschiedenen Maßstäben – bis eine andere Erfindung unsere Wahrnehmung dieses Konzepts für immer veränderte.

Mit der Eisenbahn kam die „Railroad Time“

Die Rede ist von der Eisenbahn, präziser, dem Aufkommen des kommerziellen Personen- und Güterverkehrs infolge ihres weltweiten Siegeszuges ab 1825. In diesem Jahr wurde laut „BBC“ der Eisenbahnverkehr in Großbritannien quasi geboren, als die erste Strecke von Stockton nach Darlington ihren Betrieb aufnahm. Mit einem sich ab diesem Zeitpunkt immer schneller ausbreitenden Schienennetz trat nun ein neues, vorher völlig irrelevantes Problem auf. Denn die Menschen maßen die Zeit immer noch anhand von Sonnenuhren oder bestenfalls mechanischen Uhren, weshalb sie überall in dem Land ein wenig anders tickte. Das änderte sich schlagartig mit der Erfindung von einheitlichen Zeitzonen.

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Denn schnell wurde klar, dass man an den Bahnhöfen nicht die An- und Abfahrtszeiten der Züge in sämtlichen bis dahin im Land existierenden Zeitzonen angeben konnte. Wie schon erklärt, die Uhren in jeder Stadt und jedem Dorf liefen ja bis dahin je nach geografischer Lage etwas versetzt. Dies hätte einmal zur Verwirrung bei Passagieren beigetragen, im schlimmsten Fall aber auch zu Unfällen führen können. Daher führte man nun eine einheitliche „Railroad Time“ ein, die bereits im Jahr 1847 von allen Eisenbahngesellschaften akzeptiert war. 1880 wurde sie dann auch landesweit übernommen und ist heute als „Greenwich Mean Time“ bekannt. Mit der Methode wird bis heute weltweit die Zeit gemessen.

Mehr als 140 Zeitzonen

Großbritannien war damit das erste Land überhaupt, dass Zeit standardisierte und einheitliche Zeitzonen einführte. Ein weitaus größeres Problem stellte dies in den USA und Kanada dar. Hier handelte es sich nicht um ein Land, sondern um einen ganzen Kontinent. Und auf diesem ging es bis dato recht abenteuerlich zu, was Zeit betraf. So berichtet die US-Regierungsbehörde „Bureau of Transportation“, dass es bis 1883 in den Vereinigten Staaten mehr als 140 verschiedene Zeitzonen gab. Das führte für Reisende mitunter dazu, dass sie am Zielort früher ankamen, als sie abgereist waren.

Das Bedürfnis für einheitliche Zeitzonen ergab sich nun aus der gesteigerten Mobilität, die das Reisen mit der Eisenbahn ermöglichte. Zuvor war das Reisetempo stets von der eigenen Muskelkraft oder der eines Lasttiers vorgegeben gewesen, weswegen die zahllosen unterschiedlichen Zeiten nie groß ins Gewicht gefallen waren. Bei der Schaffung der neuen Zeitzonen ging es daher ebenfalls hauptsächlich um die Vermeidung von Unfällen – zum Beispiel zu verhindern, dass zwei Züge aufgrund unterschiedlicher lokaler Angaben zur selben Zeit dasselbe Gleis benutzten. Eine einheitliche Definition von Pünktlichkeit wurde aber auch für die Fahrgäste immer wichtiger.

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Weltweiter Standard

Daher führten Eisenbahngesellschaften in den USA am 18. November 1883 fünf große Zeitzonen ein, die bis heute bestehen:  Eastern, Central, Mountain, Pacific und Alaska. Auf die Idee dazu war 1879 der kanadische Eisenbahningenieur Sir Sanford Fleming gekommen. Immer noch funktionieren sie relativ unverändert. 1884 trug Fleming auf einer internationalen Konferenz in Washington dazu bei, die bereits Jahrzehnte vorher eingeführte „Greenwich Mean Time“ zum weltweiten Standard erklären zu lassen. Städte auf dem gesamten nordamerikanischen Kontinent übernahmen daraufhin das Konzept. Skurrilerweise erklärte die US-Regierung die Zeitzonen dennoch erst 1918 als offiziell.

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Die Eisenbahn hatte damit einen signifikanten Anteil an der Einführung der heutigen Wahrnehmung von Zeit. In den USA wacht bis heute das „Bureau of Transportation“ darüber – und bekommt es dabei teils mit ungewöhnlichen Anfragen zu tun. So beanspruchte 2010 die Region Mercer County im US-Bundesstaat North Dakota, in eine andere Zeitzone wechseln zu dürfen (dem Antrag wurde stattgegeben). Zu den ursprünglichen fünf Zeitzonen sind mit der Erweiterung des US-Territoriums mittlerweile noch vier weitere hinzugekommen: Atlantic, Hawaii–Aleutian, Samoa und Chamorro.

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