11. Februar 2014, 11:18 Uhr | Lesezeit: 5 Minuten
Er ist einer der bekanntesten deutschen Schauspieler, und er könnte sich jeden Fünf-Sterne-Urlaub leisten. Doch Benno Fürmann zieht Rucksack und Zelt Louis Vuitton-Tasche und Edelherberge vor. Äthiopien findet er spannender als Spanien, öffentliche Verkehrsmittel besser als klimatisierte Touristenbusse, Backpacking-Trips besser als Pauschalreisen. Ein Reise-Interview mit dem deutschen Kinostar.
Von Philipp Hedemann
Eine seiner letzten großen Touren führte Benno Fürmann nach Äthiopien. Im Reisekatalog findet man das ostafrikanische Land eher auf den hinteren Seiten. Wenn überhaupt! Dass bei einem Überfall auf Reisende in der Danakil-Wüste im Norden eines der ärmsten Länder der Welt im Januar 2012 fünf Reisende getötet und zwei deutsche Touristen entführt worden sind, hat dem sich langsam entwickelnden Tourismus nicht gerade gut getan.
Benno Fürmann machte dennoch Urlaub in Äthiopien. Warum? „Als ich mit der UNO-Flüchtlingshilfe auf dem Weg in den Südsudan war, mussten wir in der äthiopischen Hauptstadt Addis Abeba umsteigen“, erzählt Fürmann. „Ich hatte zwei Stunden Zeit und habe mich von einem Taxifahrer durch die Stadt fahren lassen. Es war mein erstes Mal in Äthiopien. Die Berge, die uralte Kultur, die Eindrücke, die Gerüche und die schönen Menschen machten mich neugierig. Ich beschloss, dass ich noch mal mit mehr Zeit zurückkehren würde.“
Mit dem Zelt durch die Simien Mountains
Vier Monate später war der Schauspieler wieder in Äthiopien. Diesmal hatte er zehn Tage Zeit. In Ethiojazz-Clubs versuchte er sich im akrobatischen äthiopischen Schultertanz, auf dem Entoto, Addis Abebas heiligem Hausberg, beobachtete er wilde Hyänen, tagelang war er mit Zelt und Rucksack in den über 4500 Meter hohen Simien Mountains im Norden des Landes unterwegs.
Benno Fürmann: „Die Simiens haben etwas sehr Archaisches. Berge haben immer etwas Archaisches, aber die Alpen sehen im Vergleich zu den Simien Mountains aus wie das frisch geputzte Schaufenster eines mitteleuropäischen Geschäfts.“
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„In der Natur kann ich am besten Kraft tanken“
Simiens, Anden, Himalaya – immer wieder zieht es Fürmann mit dem Zelt im Rucksack in die Berge. „In der Natur kann ich am besten Kraft tanken“, erklärt er. „Ich sauge die Schönheit der Natur auf. Mich in den Bergen dem Rummel so weit wie möglich zu entziehen, erdet mich. Und als Lohn dafür, dass du dein ‚Haus‘ auf dem Rücken trägst, kommst du in Landstriche, die nicht für jedermann zugänglich sind. Durch die langsame Fortbewegung erlebst du die Natur ganz elementar“, sagt der Outdoor-Freak, der sich nach einer anstrengenden Wanderung auch gerne mal belohnt. „Dich nach drei Wochen im Himalaya in einem guten Hotel in Delhi anständig zu duschen und in frisch bezogenen Betten zu schlafen, ist super. Aber nur wegen des Kontrasts“, sagt der Globetrotter.
In den billigsten Hotels den tollsten Menschen begegnet
Doch wer den Schauspieler auf Reisen treffen möchte, hat bessere Chancen, ihn in einer Backpacker-Absteige als in einer Luxus-Herberge zu finden.
„Ich habe die tollsten Menschen in den billigsten Hotels kennengelernt“, sagt Fürmann. „In Fünf-Sterne-Hotel triffst du ja fast nur Business-Leute, die meist kaum mit den Einheimischen in Kontakt treten. Das finde ich langweilig. Ich kurbele die trennende Scheibe zwischen mir und der Welt möglichst weit runter. Mit Einheimischen durch ihr Land zu reisen, ist eines der schönsten Dinge, die man tun kann. Sei es mit Pemba, meinem Sherpa in Nepal, oder mit Getachew, meinem Bergführer in Äthiopien“, findet der Weltenbummler, dessen erste eigene Tour ihn als 18-Jährigen nach Marokko führte.
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„Vom Alleinereisen bin ich total weg“
Seitdem macht der gebürtige Kreuzberger sich zwischen Dreharbeiten so oft wie möglich auf den Weg in die Welt. Wohin es gehen soll, entscheidet er meist spontan. Früher ließ Fürmann die neuen Eindrücke gerne allein auf sich wirken, mittlerweile hat er lieber einen Begleiter an seiner Seite. „Vom Alleinereisen bin ich total weg. Ich möchte jetzt lieber einen Freund dabei haben, damit man zusammen etwas erleben und teilen kann. Diese ‚Einsame-Wolf-Nummer‘ finde ich mittlerweile etwas pubertär, aber vielleicht werde ich ja noch mal spätpubertär. Wer weiß“, sagt der 42-Jährige, den es auf seinen Reisen oft in arme Länder verschlägt.
Beschleicht den reichen Reisenden da manchmal ein schlechtes Gewissen?
Fürmann: „Nein, dennoch finde ich es immer wieder traurig und erschütternd, Armut mit eigenen Augen zu sehen. Aber mich spornt es an, das Meinige zu tun. Auch als Reisender kann man etwas hinterlassen. Sei es Freude in den Herzen der Menschen oder Geld. Ich habe auf Reisen Familien kennengelernt, die ich auch Jahre später noch bei der Ausbildung ihrer Kinder finanziell unterstütze. Wichtig ist, dass man den Menschen ihre Würde lässt und ihnen auf Augenhöhe begegnet, anstatt zu gaffen. Ich hoffe, das habe ich auf meinen Reisen ein bisschen erlernt.“
Wenn Benno Fürmann nicht gerade mit Zelt und Rucksack unterwegs ist, dreht er Filme. Aktuell läuft „Der blinde Fleck“ in den Kinos. Darin spielt Fürmann einen Journalisten, der versucht, die Hintergründe des Oktoberfest-Attentats von 1980 zu recherchieren.
Zum Autor: Philipp Hedemann lebte über drei Jahre als Korrespondent in Äthiopien, bereiste fast jeden Winkel des großen Landes. Sein Reisebuch „Der Mann, der den Tod auslacht“ ist im DuMont-Reisebuch-Verlag erschienen.