8. Mai 2018, 12:40 Uhr | Lesezeit: 6 Minuten
In 1.789 Tagen um die Welt: Rosie Swale Pope hat einmal die Erde umrundet – und das zu Fuß. Nun ist ihr Buch über das größte Abenteuer ihres Lebens erschienen. TRAVELBOOK erzählte sie von ihren Erlebnissen und dem tragischen Grund, der hinter ihrer Reise steht.
Nach einem Schicksalsschlag beschloss die gebürtige Schweizerin Rosie (71), Menschen auf die Notwendigkeit einer Krebsvorsorge aufmerksam zu machen und wählte dabei ein ungewöhnliches Mittel: Sie umrundete die Erde allein und zu Fuß. Auf ihrer Reise, die sie über die nördliche Hälfte der Erde führte, erlebte sie neben Abenteuern und sehr kalten Nächten vor allem schöne Momente und unvergessliche Erlebnisse. TRAVELBOOK hat mit der sportlichen Globetrotterin gesprochen.
Die traurige Inspiration ihrer Reise
Als Rosies Mann Clive mit Prostatakrebs diagnostiziert wurde, befand sich die Krankheit bereits im Endstadium. Sie war nicht heilbar. Trotz seiner Diagnose habe Clive nie seine Zuversicht verloren. „Er glaubte nicht an die Worte ‚Letzte Chance‘. Er schrieb ein Gedicht über all die Pläne, die er noch hatte“, erzählt Rosie. Clive konnte die Krankheit dennoch nicht besiegen.
„Es brach mein Herz. Ich habe mir gewünscht, ich wäre an seiner Stelle gegangen. Ich konnte nicht denken. Ich konnte es nicht ertragen, mich zu bewegen“, teilt Rosie ihre Erinnerung an die schwere Zeit. „Dann aber realisierte ich etwas: Ich war nicht allein. Ich dachte an all die Millionen Menschen, die jemanden verloren hatten, den sie liebten.“
Dabei habe ein Gedanke Rosie nicht mehr losgelassen: Hätte Clive gerettet werden können, wenn sie den Krebs nur früher erkannt hätten? Aus dieser Überlegung, verbunden mit dem Bewusstsein, dass anderen Menschen ihr Schicksal erspart bleiben könnte, kam Rosie zu dem Entschluss, von ihrer Geschichte zu erzählen. „Ich hatte das Gefühl, dass wenn ich zu Hause bleiben und darüber sprechen würde, mir keiner zuhört“, erinnert sich Rosie. Also beschloss sie, zu rennen. Einmal um die ganze Erde, in der Hoffnung, so die Aufmerksamkeit der Menschen gewinnen zu können. „Ich habe so verzweifelt versucht die Botschaft zu verbreiten: ‚Eine frühe Krebsvorsorge und Behandlungen rettet Leben. Und das Leben ist so kostbar.‘ Ich wäre 20 mal um die Welt gerannt, wenn ich ihn so hätte retten können“, sagt sie.
Rosies Route
Als Rosie aufbrach, war sie 57 Jahre alt. Ihre Route begann und endete an ein und demselben Punkt: Den Stufen ihres eigenen Hauses in Tenby, Wales. Und zwischen diesen beiden Schritten, dem ersten und dem letzten auf der Treppe vor ihrem Zuhause, lagen 1.789 Tage. 1.789 Tage, die sie einmal rund um den Planeten trugen. Ihr Weg führte von Wales nach England über Holland und durch Deutschland. Weiter durch Polen, Litauen, Lettland und Russland. Dann über die Meerenge Beringstraße nach Alaska, weiter nach Kanada über Grönland nach Island, Färöer und Schottland, und schließlich zurück nach Wales.
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Die Landstrecken legte die Abenteurerin zu Fuß zurück, um das Meer zu überbrücken, hielt sie sich aber an Flugzeuge und Fähren. „Die Reise hat viel Zeit gekostet. Ich rannte durch fünf Winter, zwei davon in Russland“, erzählt Rosie TRAVELBOOK. Diese Winter waren es auch, die ihr am meisten abverlangten. Denn die extreme Kälte sei laut der Reisenden das gefährlichste gewesen. „Die Temperaturen können dich ziemlich leicht töten, besonders wenn du allein bist“, sagte Rosie. Nahe des Beringmeeres in Alaska erlebte die Abenteurerin, wie die Temperaturen auf minus 61° Celsius herabsanken. Trotz dieser Erfahrung zählt die Zeit in Alaska zu ihren liebsten Erinnerungen.
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Wie ein Anhänger ihr Zuhause wurde
Zwischen Tenby und Moskau reiste Rosie lediglich mit einem schweren Rucksack, erweiterte ihr Gepäck dann aber um einen Anhänger auf Rädern, den sie hinter sich herzog. „Der Anhänger wurde zu meinem flexiblen Zuhause. Er enthält alles, was ich brauche, und schlafen kann ich auch in ihm“, erzählt Rosie TRAVELBOOK. Bevor es losgehen konnte, musste sie sich aber – wie jeder andere Reisende auch – mit Visabestimmungen, den Gegebenheiten ihrer Ziele und den verschiedenen Sprachen auseinandersetzen.
So entdeckte sie die Welt: zu Fuß mit einem kleinen Anhänger, der ihr immer einen Unterschlupf bot. Eine Vielzahl an Erinnerungen schuf Rosie in den knapp fünf Jahren. So werde sie nie vergessen, wie ein Timberwolf seinen Kopf in ihr Zelt steckte, als sie in einem Wald in Sibirien übernachtete. Oder das erste Mal, als ihr Sohn sie in Alaska besuchen kam und sie wenig später auch ihre Tochter wiedersah.
Auch insgesamt 29 Heiratsanträge hat Rosie nach eigenen Angaben auf ihrer Reise erhalten. So behauptet sie, dass ein Mann in Russland ihr Herz zu erobern versuchte, nachdem er eines nachts mit einer Axt auf sie zugesprungen war. Oder ein polnischer Kutschfahrer – er soll 90 Jahre alt gewesen sein – hielt mit einer Violine um die Hand der Abenteurerin an.
Ihre nächste Tour hat Rosie übrigens schon geplant: „Ich trainiere gerade, um die Strecke von Brighton nach Berlin zu laufen, das sind nur etwas mehr als 1000 Kilometer.“ Ihre Ankunft in der deutschen Hauptstadt plant sie für den 2. Oktober. Warum genau an diesem Tag? „Das ist mein 72. Geburtstag, es wäre wunderbar, wenn ich den in Berlin feiern könnte.“
Am 04. Mai 2018 ist das Buch „Mein längster Lauf“ von Rosie Swale Pope im Verlag Eden Books erschienen. Auf ihrer Website findet man weitere Informationen zum Leben der Globetrotterin.