20. Juni 2017, 16:30 Uhr | Lesezeit: 8 Minuten
Marina liebt die Freiheit und hat sich das getraut, wovon einige Menschen träumen: Sie reist. In einem von ihr selbst zu einem Wohnmobil umgebauten Van entdeckt sie gemeinsam mit ihrem Hund Odie Europa. TRAVELBOOK hat mit der Aussteigerin über ihren Roadtrip gesprochen.
Marina war Mitte 20, als sie beschloss, ihr Leben zu ändern. Sie hatte alles, wovon eine junge Frau träumen konnte: einen gut bezahlten Job, ein tolles Haus und eine Familie, auf die sie sich verlassen konnte. Alles lief, wie es laufen sollte. Und doch fehlte ihr etwas. Irgendwann mit 30 aufzuwachen, in einem auf Pump gekauften Haus und gefangen im Familienalltag – das wollte die Engländerin nicht. „Es passiert so schnell, dass man in einer Situation steckt, die man sich so nicht bewusst ausgesucht hat. Versteht mich nicht falsch: Es ist überhaupt nichts falsch daran, Kinder oder einen Kredit zu haben. Aber ich dachte mir, wenn ich ein Abenteuer erleben möchte, dann sollte ich es jetzt tun“, so Marina zu TRAVELBOOK.
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Marina beschloss, ihr Leben von Grund auf zu verändern. Sie wollte mehr Freiheit und weniger Vorhersehbarkeit – ein Abenteuer, das ihr erlaubte, die Welt neu kennenzulernen. Sie wollte aussteigen – und das mit Mitte 20. Schritt eins, um an dieses Ziel zu kommen, war die Suche nach einem geeigneten Van, den sie in eine fahrbare Ein-Zimmer-Wohnung umbauen konnte. Knappe zwei Monate schaute sich Marina um, bis sie einen Renault Kangoo fand, der ihren Anforderungen entsprach.
Was man nicht kann, kann man lernen
Mit viel Arbeit baute sie den alten Van um. Ein kleines Bett, etwas Staufläche und eine kleine Küche: und fertig war das DIY-Wohnmobil. Dabei hat Marina alles mit ihren eigenen Händen gebaut, angefangen bei der Isolierung über den Gasherd bis hin zum Bett. Wirklich Ahnung davon hatte sie vorher nicht – was sie nicht wusste oder konnte, hat sie sich einfach selbst beigebracht. „Der schwierigste Teil war es, die Elektronik zu verstehen. Das will man wirklich nicht vermasseln“, erzählt Marina. Fertig mit der Arbeit nannte sie den Van „Pam“. Mit Pam und ihrem Hund Odie konnte das neue Abenteuer losgehen.
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„Warum tue ich das?“
Die Frage, ob die Veränderung sie viel Mut gekostet hat, verneint Marina: „Ich wollte immer reisen und war eher aufgeregt als ängstlich.“ Viel schwieriger war es, ihrer Familie und ihren Freunden von ihren Plänen zu erzählen. Ihre Eltern dachten, sie sei verrückt, einen guten Job und ein schönes Haus aufzugeben, nur um in einem kleinen Van zu leben, erzählt Marina. Dabei folgte ihre Entscheidung einer guten Grundlage: „Ich habe mich immer gefragt: ‚Warum tue ich das?‘ Wenn der einzige Grund ist, dass ‚jeder andere es tut‘, dann solltest du deine Entscheidungen vielleicht überdenken.“
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Im Mai 2016 starteten Marina und Odie ihre Reise mit Pam. Bisher fuhren sie durch England, Frankreich, Österreich, die Niederlande, Deutschland und Italien. Dabei geht es der jungen Frau aber nicht darum, möglichst viele Länder zu sehen, „sondern vielmehr dort zu halten, wo es sich gut anfühlt und Menschen, Kulturen und Orte wirklich kennenzulernen und zu erleben“. Der Grund für Marinas Reise ist nicht nur das Bedürfnis, die ganze Welt zu sehen, sondern das, was man sieht, auch zu verstehen. „Ich habe viele unglaublich tolle Menschen getroffen, die an eine andere, bessere Welt glauben. Und inzwischen glaube ich auch an diese andere Welt!“
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Glück kommt von innen
Nun lebt sie „auf der Straße“, zwischen Natur und Kultur, bleibt, wo es ihr gefällt, genießt das unabhängige Leben und lernt so einiges, was vielen Menschen ihr Leben lang verwehrt bleibt. „Auf diese Art zu reisen hat meinen ganzen Blick auf die Welt verändert, ich sehe sie jetzt mit vollkommen anderen Augen. Und auch viel positiver. Ich habe gelernt, dass Glück ausschließlich von Innen kommt – wenn du darauf wartest, dass äußere Faktoren dich glücklich machen, wie ein neuer Job, eine bessere Beziehung oder ein größeres Haus, wirst du vermutlich nie zufrieden sein“, erzählt sie TRAVELBOOK.
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Die ersten Monate plante Marina nicht, sie ist einfach nach Süden gefahren, ohne zu wissen, wohin es gehen soll. Das Ungeplante hat aber auch seine Nachteile, berichtet Marina. Inzwischen hat sie herausgefunden, dass es nützlich sein kann, eine ungefähre Vorstellung davon zu haben, wohin es gehen soll. Ein grober Plan erlaubt es ihr, sich mit den Möglichkeiten vor Ort und dem Wetter auseinanderzusetzen – und ob es dort zum Beispiel hundefreundlich ist.
Dinge, die man vermisst
In einem Van zu leben, ist natürlich nicht immer einfach. „Geld, Sicherheit und Beziehungen aufrechtzuerhalten sind wohl die größten Herausforderungen bei dem Lebensstil“, so Marina. „Und auch mit der ständigen Unsicherheit klarzukommen. Auf diese Weise zu Reisen gibt dir eine Menge Freiheit, aber wenig Gewissheit, was deine Zukunft betrifft. Das kann einem schon Angst machen.“
Geld, Geld, Geld…
Natürlich muss auch Marina schauen, wie sie ihren Alltag finanziert. Zwar kostet das Leben im Mini-Van deutlich weniger, aber auch geringe Kosten müssen gedeckt werden. Neben kleineren Jobs, die ihr während der Reise begegnen, verkauft Marina online Schmuck. Auf ihrem Blog berichtet sie genauer darüber, wie man unterwegs Geld verdienen kann.
Auf die Frage, welchen Moment sie nie vergessen wird, antwortete die Engländerin bescheiden: „Vom Klang des Regens in den österreichischen Alpen aufzuwachen und von dem Geruch der Kiefern umgeben zu sein. Nichts Besonderes könnte man sagen, aber für mich war es ein erleuchtender Moment, an dem plötzlich alles Sinn ergeben hat.“
Die größte Bedrohung ist sie selbst
Als Frau allein unterwegs zu sein, ist für Marina kein Problem. „Die einzige Gefahr bin ich selbst!“, sagt sie selbstironisch. Sie vergesse oder verliere zum Beispiel gerne mal was. In Italien hat Marina ihre Autoschlüssel versehentlich in einer riesigen Mülltonne verloren, konnte sie trotz aller Versuche aber nicht zurückbekommen. „Glücklicherweise hatte ich einen Ersatzschlüssel bei einem Freund, und der Van war nicht abgeschlossen. Ich musste also nur ein paar Tage warten.“
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Ein anderes Mal ist sie in Italien auf der falschen Straßenseite gefahren, bis sie plötzlich merkte, dass ihr Autos entgegen kamen. Die Engländerin hatte vergessen, dass Rechts- und nicht Linksverkehr herrscht. „Das hat mir wirklich Angst gemacht. Inzwischen habe ich ein Post-it auf dem Lenkrad, dass mich daran erinnert, auf welcher Seite der Straße ich fahren muss“, berichtet Marina.
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Der Wunsch nach einer besseren Welt
Wie genau Marinas Zukunft aussehen wird, weiß sie nicht. Sie könnte sich vorstellen, einmal auf ihrem eigenen Grundstück, auf dem sie selbst Gemüse anbaut, mit ihren Hunden zu leben. Sie beschäftigt sich viel mit Autarkie und Nachhaltigkeit und hat auch auf ihrer Reise Erfahrungen in diesen Bereichen gesammelt. „Ich habe unzählige kleine Gemeinschaften, Familien und Individuen gefunden, die hart daran arbeiten, eine andere und bessere Welt für die zukünftigen Generationen zu schaffen. Ich möchte etwas zu dieser Bewegung beitragen und lernen, wie man im Einklang mit der Erde und ihren Bewohnern lebt.“
Inspiration, Anleitungen und schöne Momente von Marina und Odie gibt es auf ihrer Website, ihrem Instagram-Account und ihrem YouTube-Channel.