13. August 2014, 11:23 Uhr | Lesezeit: 9 Minuten
Wer träumt nicht davon, einfach auszubrechen? Job und Wohnung kündigen, die sieben Sachen packen und mit dem One-Way-Ticket um die Welt jetten. TRAVELBOOK stellt acht Globetrotter vor, die genau das gemacht haben – und Reiseblogger wurden. Hier verraten sie exklusiv, wie lange es gedauert hat, bis sie mit ihren Blogs Geld verdienten. Und wie viel sie heute monatlich einnehmen.
Sie reisen durch die Welt, schreiben Artikel über ferne Länder, machen Fotos vor Naturwundern und mit exotischen Tieren. Und all diese Artikel und Fotos veröffentlichen sie dann online auf ihrem Blog, um möglichst vielen Menschen die schönsten und beeindruckendsten Ecken der Erde zu zeigen. Digitale Nomaden werden diese Blogger genannt, die mit ihrem Laptop bewaffnet von einer Stadt zur anderen ziehen und dabei nur auf das Internet angewiesen sind. TRAVELBOOK stellt acht von ihnen vor.
Ganz neue Möglichkeiten
Patrick Hundt von 101places.de startete seinen Blog im August 2012 am Beginn seiner Reise um die halbe Welt. Zur gleichen Zeit fing er an, seine Erlebnisse im Internet aufzuschreiben. Ein Jahr lang baute der heute 31-Jährige seinen Blog immer weiter aus, schrieb neue Artikel und gab Tipps und Tricks zum Thema Backpacking.
Seit etwa sieben Monaten kann Patrick nun von den Einnahmen durch seinen Blog gut leben. „In diesem Jahr nehme ich pro Monat durchschnittlich 4000 Euro ein. Mal ist es etwas weniger, mal etwas mehr. Die Höhe des Einkommens ist von der Reisesaison abhängig“, verriet er TRAVELBOOK. Im letzten Monat hatte 101places.de rund 153.000 Seitenaufrufe.
Einnahmen bringt der Blog zum einen durch das Empfehlen von Produkten und Dienstleistungen, die Patrick auf seinen Reisen selbst verwendet, sogenanntes Affiliate Marketing. Für jeden Leser, der aufgrund seiner Empfehlung etwas kauft, erhält Patrick eine Provision von dem jeweiligen Unternehmen. So empfiehlt er zum Beispiel einen Trekking-Rucksack, den es bei Amazon gibt. Zum anderen hat der Blogger mittlerweile auch acht eBooks und ein Buch veröffentlicht, in denen er Backpacking-Einsteigern und anderen Reisebloggern Tipps gibt.
Auf die Frage, ob er jemals etwas bezüglich seines Lebens als digitaler Selbständiger bereut hat, antwortet Patrick: „Ich bereue nichts. Im Gegenteil: Ich bin sehr froh, den Blog damals gestartet zu haben, als ich auf Weltreise ging. Das hat mir ganz neue Möglichkeiten eröffnet. So musste ich mich nach meiner Rückkehr nicht nach einem Job umsehen, sondern konnte einfach weiterreisen.“
Viel Motivation und Energie nötig
Conni Biesalski startete im April 2012 ihren Blog planetbackpack.de. Sie kündigte ihren Bürojob und tat das, was sie seit ihrem 15. Lebensjahr am liebsten macht: Reisen. Auf planetbackpack.de berichtet sie von ihren Erlebnissen rund um die Welt und schreibt über die Planung und Umsetzung von Backpacker-Reisen.
Das meiste Geld mit ihrem Blog verdient Conni über Affiliate Marketing via Amazon, durch Kooperationen mit Tourismusunternehmen sowie mit ihrem Blog-Camp-Onlinekurs, bei dem sie gemeinsam mit ihrem Bloggerkollegen Sebastian Canaves vom Reiseblog off-the-path.com angehenden Bloggern Tipps gibt.
Insgesamt waren es im letzten Vierteljahr durchschnittlich rund 5000 Euro bei etwa 235.000 Seitenaufrufen im Monat. „Es dauert eine kleine Weile und erfordert viel Motivation und Energie, bis man von einem Blog komplett leben kann. Bei mir hat es etwa ein Jahr gedauert. Es kann durchaus schneller gehen, aber bei vielen dauert es sogar oft länger“, erklärt sie TRAVELBOOK.
Conni lebt ihren Traum, macht ihr Ding und ist jeden Tag glücklich darüber. Sie sieht keinen Sinn darin, etwas im Leben zu bereuen, aber wenn sie eine Sache nennen müsste, dann: dass sie nicht schon viel früher damit angefangen hat.
Geldverdienen mit Vorträgen
Connis Bloggerkollege Sebastian Canaves von off-the-path.com wurde auf Mallorca geboren und hat schon in Australien, Bulgarien und Thailand gelebt. Seinen Blog zum Thema Reisen und Backpacking startete er in 2011. Heute ist er hauptberuflich Reiseblogger, hat über 50.000 Blogbesucher im Monat und kann seit Mai 2013 von seinem Blog gut leben.
Sein Geld über den Blog verdient Sebastian durch Werbeanzeigen in Form von redaktionellen Beiträgen, sogenannten Advertorials, und Affiliate Marketing. Zusätzlich berät er verschiedene Unternehmen zu Themen wie Social Media und hält auf mehr als 15 Veranstaltungen im Jahr Vorträge zum Thema Bloggen, Reisen und Digitale Nomaden.
Off-the-path.com bringt dem Reiseblogger durchschnittlich 3.965 Euro im Monat ein. 45 Prozent des Geldes verdient er durch seine Vorträge, 30 Prozent durch Affiliate Marketing und den Rest unter anderem durch Advertorials.
Trotz seines Erfolgs hat Sebastian oft mit Vorurteilen zu kämpfen: „Die meisten Menschen verstehen nicht, was ich mache, weil sie das Business-Modell hinter Blogs nicht verstehen. Für sie sind Blogger selbstverliebte Menschen, die nichts zu tun haben und nur vor dem PC sitzen und irgendwelche Storys aus der Ich-Perspektive schreiben.“
Mindestens 20 Stunden pro Woche
Felicia Hargarten begann Anfang 2013 mit ihrem Freund Marcus den Reiseblog travelicia.de, der sich vor allem an Backpacker, Weltreisende, Individualreisende und Abenteurer richtet. Beide brachten bereits viel Vorerfahrung aus dem (Online-)Marketing mit, und so brachte der Blog bereits nach wenigen Monaten die ersten Einnahmen ein.
„Da ich freiwillig einen eher minimalistischen Lebensstil pflege, könnte ich allein vom Bloggen leben. Will ich aber gar nicht. Ich habe richtig Lust auf neue und andere Projekte. Was ich mache, gleicht mehr einem Portfolio“, erklärt Felicia. Neben ihrem Reiseblog organisiert sie daher mit ihrem Freund die erste Konferenz für Digitale Nomaden (DNX), berät Unternehmen und veranstaltet Workshops.
Das meiste Geld bringen bei Travelicia Advertorials und Affiliate-Marketing, aber auch indirekte Einnahmen wie z. B. ein Flugsponsoring oder Aufträge, die aus dem Blog resultieren.
Mit ca. 117.000 Seitenaufrufen im Juli bringt der Blog im Monat durchschnittlich 2.500 Euro netto ein. Mit steigender Tendenz. „Durchschnittlich investiere ich mindestens 20 Stunden die Woche in den Blog. Vermutlich sogar mehr, aber ich zähle die Stunden nicht und mache auch keinen Unterschied, ob Montag bis Freitag oder Samstag und Sonntag ist. Einen Blogartikel aufzubereiten mit der entsprechenden Bearbeitung der Fotos, das dauert viel länger, als sich die meisten Leute vorstellen können.“
Der Blog als Visitenkarte
Christine Neder hat fünf Jahre Zeit und Liebe in ihren Blog gesteckt und kann schließlich damit auch Geld verdienen. Auf lilies-diary.com findet man Reiseberichte und Texte zu Lifestyle-Themen wie Kultur, Food und Fashion. Auch auf ihrer Facebook-Seite hält Christine ihre Leser täglich auf dem Laufenden. Die studierte Modedesignerin sieht ihren Blog als ihre Visitenkarte, die Magazinen ihren Schreibstil zeigt und ihr neue Jobmöglichkeiten als freie Journalistin verschaffen kann. Dennoch könnte auch Christine allein von ihrem Blog leben.
Direkt auf dem Blog verdient Christine ihr Geld über Advertorials. Nebenbei schreibt sie eigene Bücher, Texte für Magazine, dreht Videos und berät Unternehmen im Bereich Social Media. Allein von ihrem Blog leben möchte sie nicht, da sie die Freiheit braucht, selbst zu entscheiden, was sie tut – und nicht in die Situation kommen will, über etwas zu schreiben, nur weil es Geld einbringt.
Drei Monate im Jahr unterwegs
Wie Christine sieht auch Marianna Hillmer-Wiechmann von weltenbummlermag.de ihren Blog als „Aushängeschild“, das ihr Aufträge bringt. 2011 ging sie damit an den Start, bereits 2012 bekam Marianna die ersten Kooperationsangebote und verdiente Geld mit „weltenbummlermag“. Allerdings bringt ihr Blog nicht genügend Geld ein, dass sie allein davon leben könnte, aber immerhin springt ein Krankenkassenbeitrag dabei raus.
Direkt über weltenbummlermag.de bringt das sogenannte Video-Seeding bisher die meisten Einnahmen. Dabei geht es darum, ein Video auf Plattformen und in Communities zu platzieren, wo relevante Zielgruppen zu finden sind, zum Beispiel auf Facebook oder Youtube. Ziel des Video-Seedings ist, durch Videos mehr Aufmerksamkeit durch die User zu erzielen und dadurch den jeweiligen Blog populärer zu machen.
Vor ein paar Wochen hat Marianna zudem ein Sponsorship ins Leben gerufen, welches Unternehmen die Möglichkeit bietet, sich ihren Lesern in einem kurzen Artikel vorzustellen. Durch Webdesign, Fotos, Texte und Online-PR verdient die Hamburgerin mit griechischen Wurzeln indirekt über den Blog aber genug Geld für den Lebensunterhalt und zum Reisen .
Marianna hat der Gedanke, selbständig zu arbeiten, schon immer gereizt. „Dass das auch manchmal ortsunabhängig möglich ist, ist derzeit ideal für mich. Ich bin etwa drei Monate im Jahr unterwegs. Das würde sonst gar nicht funktionieren.“
Eigene Produkte vermarkten
Ute Kranz von bravebird.de ist erst seit Kurzem selbstständig. Mitte Juli kündigte sie ihren Job, gab ihre Wohnung auf und fährt nun durch Nordeuropa. Auch in der Langzeitperspektive sieht sie ihren Blog wie Christine und Marianna vor allem als Plattform für die Vermarktung eigener Produkte und Leistungen statt als Werbeträger: „Für mich persönlich macht der Weg in die Selbständigkeit als Reiseblogger nur dann Sinn, wenn man über den Blog eigene Produkte wie Bücher oder Ähnliches vertreiben kann.“
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Eine Art Luxus, das tun zu können
Nicole Biarnes vom Reiseblog freibeuter-reisen.org wohnt mit ihrer Familie in Barcelona. In ihrem Blog erzählt sie zum einen von ihrer spanischen Heimat, zum anderen aber auch von ihren zahlreichen Reisen um die Welt. Den größten Teil ihrer Einnahmen machen zurzeit Artikel aus, die Nicole schreibt und verkauft. Der Anteil des Bloggereinkommens am Gesamteinkommen ist von Monat zu Monat unterschiedlich und lässt sich daher schlecht einschätzen.
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Bereut hat sie ihr freiberufliches Leben bisher nicht, obwohl sie fast noch mehr arbeitet, als zuvor. „Dafür kann ich meine Zeit komplett selbst einteilen. Das ist ein großer Vorteil, besonders wenn man eine Familie hat. Ich glaube, dass viele Menschen gern aus dem Büroalltag ausbrechen würden, aber es aus einem Sicherheitsbedürfnis heraus dann doch nicht tun, weil das Einkommen eines Bloggers eben doch sehr unregelmäßig ist. Irgendwie ist es auch eine Art Luxus, das tun zu können, wenn auch ein hart erarbeiteter.“