10. Juli 2023, 18:27 Uhr | Lesezeit: 12 Minuten
Viele Reiseliebende träumen davon, länger unterwegs zu sein, als es die abgezählten Urlaubstage erlauben. TRAVELBOOK-Autorin Anna Wengel hat auf ihren Reisen mehrere Arbeits-Modelle kennengelernt, die das dauerhafte Reisen ermöglichen. Welche Modelle und Jobs sich eignen.
Würden Sie gern einfach mit einem One-Way-Ticket losfliegen und spontan sehen, wohin Sie die Reise führt? Möchten Sie für einen festgelegten Zeitraum irgendwo anders auf der Welt wohnen? Oder träumen Sie sogar davon, ganz ins Ausland zu ziehen? Diese Träume kann man, mit etwas Willen, in die Realität umsetzen. Für viele ist das sogar einfacher als je zuvor: Denn mit der Coronapandemie und dem damit in fast jeder Branche eingeführten Homeoffice hat das mobile Arbeiten noch weiter an Bedeutung gewonnen. Da das Geld allerdings für die meisten keine unbedeutende Rolle spielt, geht es in diesem Text auch darum. Ich habe auf meinen Reisen fünf Modelle kennengelernt, die ich vorstellen möchte.
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Modell 1: Den Job mit auf Reisen nehmen
Das Meer rauscht in Wellen heran, die Füße spüren warmen Sand unter ihren Sohlen, ein Mensch bringt eine Kokosnuss oder einen Teller mit lokalen Köstlichkeiten darauf. Nichts ist zu hören außer das Meer und meine tippenden Finger auf der Laptoptastatur, die, inspiriert von der Umgebung, einfach nur über die Tasten fliegen. So ungefähr hatte ich mir mein Leben als reisende Autorin vorgestellt. Und so ähnlich war es auch oft. Das Setting habe ich öfter in ähnlicher Form gefunden (und schnell festgestellt, dass Sand und Laptop eine blöde Kombination sind). Viel öfter als der erträumte Tisch oder die Hängematte am Strand, ist meine Reise-Office-Realität ein Auto.
Ob Coaching oder Schreiben, regelmäßig sitze ich in irgendeinem vierreifigen Gefährt, im besten Fall auf einer riesigen Klippe mit Blick aufs Meer, auf einem grauen Parkplatz an einer Autobahn, und arbeite. Das bedeutet, mein extra noch mal aufgeladenes Telefon irgendwo festklemmen, zum x-ten Mal checken, ob der mobile Router wirklich funktioniert oder die aktuelle Landes-Sim-Karte auch genügend Datenvolumen hat, um dann eine Stunde oder mehr per Video-App mit einem Klienten zu sprechen. Oder eben den Laptop auf dem Schoß oder irgendwie zwischen den Knien balancierend Texte schreibend, die ich anschließend an Magazine und Agenturen in Deutschland schicke. Brauche ich nicht unbedingt totale Ruhe um mich herum, tun es auch ein Café, Restaurant oder eine Parkbank – die anderen viel gelebten Reise-Office-Realitäten.#
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Das Modell des am Laptop unterwegs Arbeitens verbreitete sich schon vor der Corona-Pandemie zusehends. Doch seitdem ist es wohl noch ein Stück normaler, außerhalb des Büros zu arbeiten – wenn auch gerade sehr viel weniger auf Reisen. Während den vielen Lockdowns arbeiteten viele auf der heimischen Couch weiter. In der Krise sind viele sehr kreativ geworden und erschufen alle möglichen Lernorte plötzlich online. Entsprechend ist es nicht verwunderlich, dass es jetzt noch einfacher ist, auf Reisen zu arbeiten.
Das hier sind ein paar Jobs, die Sie gut mit auf Reisen nehmen können:
Freelancer im Online-Bereich
Freiberufler, die im Online-Bereich tätig und nicht unbedingt an eine Redaktion, Agentur oder ein Büro gebunden sind, brauchen zur Ausübung ihres Jobs im Prinzip nur einen Laptop, einen funktionierenden Internetanschluss und gelegentlich Strom.
Als Jobs kommen unter anderem diese in Frage:
- Journalist und Autor
- Social-Media-Manager
- Online-Coach oder -Psychologe
- Übersetzer
- Web-Entwickler
- Grafik-Designer
- Sprachlehrer
Fitness-Trainer, Yoga- und Pilateslehrer
Neben Klassen und Einzelunterricht vor Ort, bieten immer mehr Fitness-Trainer, Yoga- und Pilateslehrer ihre Stunden auch online an. Manche verbinden auch beides miteinander, unterrichten also Menschen an einem Ort, während sie sich dabei filmen lassen und das Ergebnis gleich live an Menschen woanders auf der Welt schicken. Auch dieser Trend hat sich während der Pandemie noch mal verstärkt.
Reise-Fotograf und Kameramann
Zu den schönsten Orten der Welt reisen, um diese bestmöglich in Szene zu setzen – der Fotografen-Beruf gehört bis heute zu den absoluten Reise-Traumjobs. Eine Möglichkeit ist auch hier natürlich die Freiberuflichkeit, allein von der selbstständigen Reisefotografie leben können aber nicht allzu viele. Einfacher ist es für fest angestellte Fotografen und Kameraleute, die zusammen mit einem Team aus Redakteuren und Technikern für Produktionen ins Ausland reisen. Gerade Kameraleute dürften bei den vielen Auswanderer-Sendungen im deutschen TV recht gut gebucht sein. Gute Karten hat auch, wer gut mit einer Foto-Drohne umgehen kann.
Reiseblogger und Influencer
Viele machen es neben ihrem normalen Job oder nur wenn sie gerade auf Reisen sind: einen Reiseblog schreiben. Aber man kann das Ganze auch professionell angehen und damit Geld verdienen. Einnahmen generieren Reiseblogger etwa durch das Empfehlen von Produkten und Dienstleistungen, die sie auf ihren Reisen selbst verwenden, so genanntes Affiliate-Marketing.
Modell 2: Vor Ort arbeiten
Das ist das Modell, dass ich vor allem in Portugal wohnend immer vor der Nase hatte und das besonders an beliebten Urlaubsorten vollkommen normal ist. Zahlreiche Reise-Liebende fahren irgendwohin und suchen sich da einen Job, der ihnen das nötige Reisegeld einbringt. Mehrere Freundinnen von mir leben zum Beispiel regelmäßig an verschiedenen Orten und arbeiten in Studios, Spas oder Gasthäusern als Yogalehrerinnen.
Im Grunde genommen können Sie so gut wie jede Arbeit, die Sie in Deutschland machen, auch an einem anderen Ort auf der Welt ausüben. Vielleicht ist ein wenig Umlernen oder Kreativität gefragt, aber machbar ist es mit den meisten Berufen. Je nach Umfang, Dauer und Ort benötigen Sie dafür eventuell eine Arbeitserlaubnis.
Diese Jobs funktionieren gut im Ausland:
Surf-, Yoga- und Skilehrer
Wer Sportarten wie Surfen oder Skifahren liebt, kann seine Leidenschaft zum Beruf machen. So kann er oder sie ständig in den Wellen oder Bergen sein, muss je nach Jahreszeit mitunter aber mal den Ort wechseln. Als Yogalehrer ist es sogar noch einfacher, das geht überall off- und online.
Arzt und Krankenpfleger
Ärzte und Krankenpfleger werden überall gebraucht – besonders solche mit einer soliden Ausbildung. Wer die bereits durchlaufen, Lust auf einen Auslandsaufenthalt hat und dabei arbeiten möchte, kann sich direkt bei Krankenhäusern und Medizinstationen bewerben oder bei Organisationen wie „Ärzte ohne Grenzen” anfragen.
Au-pair
Nach der Schule erst einmal in ein anderes Land, bevor die Uni losgeht? Ein Klassiker ist der Job als Au-pair. Für die meisten bedeutet das, bei einer anderen Familie einzuziehen und sich dort um die Kinder und den Haushalt zu kümmern. Aber auch, wer schon ein paar Jahre älter ist, kann als Au-pair arbeiten.
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Erntehelfer
Ein anderer Klassiker der „Gap-Year-Jobs“ ist das Früchtepflücken in so aufregenden Ländern wie Australien und Neuseeland. Das nennt sich dann „Work and Travel“ und beinhaltet oft auch gleichzeitig eine Unterkunft während der Arbeitszeit, etwa auf einer Farm.
Archäologe
Wer Geschichte und Reisen liebt und gerne nach Schätzen sucht, könnte Archäologe werden. Klar, Ausgrabungsstätten gibt es auch in Deutschland. Aber viel spannender sind doch antike Stätten in Griechenland oder Italien oder die Maya-Ruinen in Südamerika.
Geologe
Wer sich eher für die Entstehung der Erde, Vulkane und Plattentektonik interessiert, für den ist vielleicht der Beruf des Geologen spannend. Schon während des Studiums bereisen angehende Geologen die Welt, um allerlei gesteinstechnischen Mysterien auf den Grund zu gehen.
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Reiseführer
In Ihrer Lieblingsstadt im Ausland leben, jede Ecke davon kennenlernen und Ihr (Insider)-Wissen an Urlauber aus der Heimat weitergeben: Für kommunikative Menschen kann der Job des Reise- oder Stadtführers genau das Richtige sein. Oder Sie arbeiten bei einem deutschen Reise-Veranstalter als Tour-Guide und begleiten regelmäßig Touristen ins Ausland. Gute Chancen hat, wer das Zielland gut kennt und die Sprache spricht.
Arbeiten im Hotel, Hostel und Co.
In Touristen-Unterkünften wie Hotels und Hostels werden ständig Leute gesucht, die helfen, den Betrieb am Laufen zu halten. Da sitzt man dann an der Rezeption, macht Betten, putzt, kocht, wäscht Geschirr und so weiter.
Arbeiten in Restaurants und Cafés
Ähnlich wie in Unterkünften ist es auch in Gaststätten: Da gibt es immer wieder Bedarf an neuen Leuten, die den Gästen Speisen und Getränke bringen oder zubereiten oder das Geschirr spülen.
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Strandtester
Um die Welt reisen und Strände testen – der schönste Job der Welt? Das Online-Portal Beach-Inspector.com sucht regelmäßig frei arbeitende Strandtester und Praktikanten für die verschiedensten Länder und Regionen. Einfach gelegentlich die Webseite aufrufen und schauen, ob es offene Stellen gibt und vielleicht hat man Glück und ist bald schon Strandtester.
Hoteltester
Prüfen, wie viel Qualität ein Hotel und dessen Mitarbeiter bieten, das ist die Aufgabe eines Hoteltesters. Wie man das wird? Einen klassischen Ausbildungsweg dorthin gibt es nicht. Meist sind es Unternehmensberatungen, die von erstklassigen Hotels für Tests beauftragt werden. Hilfreich für Bewerber sind sicherlich ein Studium im Hotelmanagement oder eine Ausbildung im Hotel-Bereich. Der Begriff Hoteltester lässt sich im weitesten Sinne auch auf Redakteure und Autoren von Reiseführern, Reise-Zeitschriften oder Online-Reiseportalen anwenden, die Hotels testen und anschließend Rezensionen oder Empfehlungen dazu schreiben.
Restauranttester
Ähnlich wie der Beruf des Hoteltesters funktioniert auch der des Restauranttesters. Der probiert sich durch diverse Restaurants, kostet verschiedene Speisen, schaut aber auch, wie der Service ist und mitunter, wie es um die Hygiene bestellt ist. Auch Restauranttester arbeiten oft mit Magazinen zusammen. Einige verbinden ihre Leidenschaft fürs Essen auch gleich mit einem eigenen Food-Blog und/ oder Instagram-Account.
Sprach-Lehrer
In vielen Ländern sind Sprachkurse gefragt. Vor allem Englischlehrer werden gesucht, etwa in Spanien und Italien, aber auch in Afrika und einigen asiatischen Ländern. Um eine Sprache (oder zum Beispiel auch Musik oder IT) zu unterrichten, muss man nicht unbedingt ausgebildeter Lehrer sein und studiert haben. Infos und Angebote kann man zum Beispiel über ProjectsAbroad oder über die Zentralstelle für das Auslandsschulwesen (ZfA) vom Bundesverwaltungsamt einholen. Übrigens: Ähnlich und noch unabhängiger ist der Beruf als Online-Tutor.
Haushüter
Um die Welt jetten und auf die schönsten Luxus-Häuser und niedlichsten Tiere aufpassen: Diese angenehme Aufgabe übernehmen Housesitter. Dafür registriert man sich zum Beispiel bei „House Carers“, „Trusted Housesitters“ oder „Mind my House”. Da kann man sich dann auf entsprechende Ausschreibungen bewerben und sich als Housesitter anbieten. Da man zwar keinen Cent fürs Wohnen in fremden Häusern bezahlt, allerdings auch nichts dabei verdient, ist Housesitting eher als Nebentätigkeit geeignet. Oder für Freelancer, die zum Arbeiten nur einen Laptop brauchen.
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Modell 3: Reisen für den Job
Ob als Freiberufler und Festangestellter, es gibt diverse Jobs, für die man mitunter auf Reisen geschickt wird. Das können regelmäßige Dienstreisen sein, um etwa mit Kooperationspartnern in anderen Ländern zusammenzukommen oder irgendwo anders einen neuen Firmenstandort aufzubauen. Das können auch temporäre Jobs sein, wie etwa Retreats, bei denen man als Lehrer/ Trainer, Coach oder Masseur arbeitet und eingeflogen wird. Oder es ist die Reise selbst, die der Job ist, wie zum Beispiel bei diesen:
Pilot und Flugbegleiter
Im Flugzeug um die Welt fliegen und fremde Länder bereisen ist für viele ein Traum, den sie sich in den Berufen des Piloten oder Flugbegleiters erfüllen.
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Arbeiten auf dem Kreuzfahrtschiff
Auf großen Kreuzfahrtschiffen arbeiten Dutzende Menschen in allen möglichen Bereichen: als Techniker, im Servicebereich, in der Küche oder als Animateure. Es gibt Friseure, Ärzte, Masseure, Bademeister und und und … Vielleicht ist ja auch für Sie das Richtige dabei und Sie können Ihren Beruf vom Land aufs Wasser verlagern.
Modell 4: Sabbatical
Das Modell Sabbatical habe ich vor ein paar Jahren bei meiner Mama erlebt. Sie arbeitet als Arzthelferin in einer Praxis und hatte riesige Lust, eine Weile in Nepal zu sein. Da wollte sie nicht nur reisen, sondern vor allem auch arbeiten. So hat sie es gemacht: Sie hat ein halbes Jahr zu Hause nur ungefähr die Hälfte ihres monatlichen Gehalts bekommen, die andere Jahreshälfte war sie in Nepal und wurde weiter bezahlt – mit der anderen Gehaltshälfte. In Nepal arbeitete sie dann ehrenamtlich in einer Medizinstation.
Sabbaticals werden seit einiger Zeit immer beliebter. Es gibt dabei verschiedene Modelle. Sie können es machen wie beschrieben oder sie nehmen sich unbezahlten Urlaub, wenn das Geld dafür reicht. Oder aber Sie suchen sich an dem Wunschort einen anderen Job. Eine Kollegin von mir macht ein klassisches Sabbatical mit aufgeteiltem Einkommen. Dabei reist sie ein wenig und nimmt sich vor allem Zeit, ihr selbstständiges Coaching-Business aufzubauen, um im Anschluss vollkommen (orts-)unabhängig zu arbeiten.
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Modell 5: Vorher sparen
Ein anderer Bekannter von mir macht es so: Erst arbeitet er ein komplettes Jahr zu Hause in Neuseeland und führt in der Zeit ein einigermaßen sparsames Leben. Dann nimmt er den ganzen angesparten Haufen Geld und fliegt nach Europa, Südamerika, Südostasien oder wo er gerade hinwill und bleibt, wo er sein will. Dadurch, dass er immer wieder zurückkommt und anscheinend in seinem Job gute Arbeit macht, erlaubt ihm sein Chef das immer wieder und zahlt inzwischen sogar riesige Bonuszahlungen, Flüge und so weiter, wenn er sich vereinzelt mal länger verpflichten lässt. Das scheint als Modell auch zu funktionieren.
Dieser Text ist der bereits dritte Teil der Serie „Arbeiten auf Reisen“. Im ersten Teil berichtet unsere Autorin Anna Wengel (heute Chiodo) von ihrer eigenen Erfahrung als reisende Autorin (Teil 1 lesen Sie hier: So verdiene ich im „Urlaub“ Geld – mein Leben als reisende Autorin ). Und im zweiten Teil gibt Anna Tipps, wie der Traum vom Reisen und unterwegs Arbeiten Realität werden kann (Teil 2: lesen Sie hier Auf Reisen Geld verdienen – 11 Tipps, mit denen der Traum wahr werden kann). Viel Spaß beim Träumen – und unterwegs arbeiten.