22. Januar 2015, 10:58 Uhr | Lesezeit: 4 Minuten
Lutz Eichholz aus Kaiserslautern hatte einen Traum. Einen ziemlich ungewöhnlichen Traum. Der 28-Jährige wollte einen der höchsten Berge der Welt bezwingen. Nicht etwa als Bergsteiger, obwohl das zwangsläufig mit zum Plan gehörte. Sein eigentliches Ziel war ein anderes: der Weg zurück nach unten. Nicht zu Fuß – sondern mit dem Einrad. Lesen Sie hier seine unglaubliche Geschichte.
Wer einen solchen Traum hat, muss schon ein bisschen verrückt sein. Noch verrückter ist es, diesen Traum auch in die Tat umzusetzen. Lutz Eichholz hat es gewagt – und gewonnen. Der Weg dorthin war weit und hart, unterwegs gab es Rückschläge. Und einmal hätte er die Tour fast abbrechen müssen.
Der gebürtige Duisburger beherrscht das Einrad wie kaum ein anderer. Seine Laufbahn begann 1996, da war Lutz gerade 10. Inzwischen ist er in seiner Disziplin vierfacher Weltmeister und sechsfacher Guinnessbuch-Weltrekordhalter. Eichholz ist bereits durch den Wüstensand der Sahara gefahren und hat die Alpen überquert. Die Dolomiten, in denen er das Bergeinradfahren regelmäßig trainiert, reichten ihm irgendwann nicht mehr aus. Der Extremsportler wollte noch höher hinaus. Sein Ziel: ein neuer Weltrekord.
„Seit Jahren träume ich davon zu testen, wie sehr meine Balance von den extremen Umständen auf sehr hohen Bergen beeinträchtigt wird und ob es trotzdem möglich ist, eine Abfahrt zu machen“, sagt Lutz Eichholz im Gespräch mit TRAVELBOOK. Für ihn als Flachlandbewohner sei das etwas sehr Besonderes. Der „extrem hohe Berg“, den Eichholz sich für sein Vorhaben aussuchte, ist der Damavand, der mit 5671 Metern höchste Berg des Iran. „Der Damavand ragt aus seiner direkten Umgebung höher hinaus als der Mount Everest, was ihn sehr markant macht und eine flugzeugähnliche Aussicht bietet“, sagt der Sportler über seine Wahl.
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Niemals zuvor war jemand einen so hohen Berg mit dem Einrad hinabgefahren. Wochenlang trainierte Eichholz für sein Vorhaben, bestieg zum Testen einen 4000-Meter-Berg in Malaysia und steigerte seine Technik und Ausdauer beim Training in den Alpen. Im September 2014 war es so weit: Mit einem Guide, zwei Freunden und einem Kameramann machte Eichholz sich auf den Weg zum Gipfel des Damavand.
Fast wäre er nicht oben angekommen
Der Aufstieg ist schwierig, das Wetter extrem wechselhaft. Die Temperaturen schwanken zwischen 40 Grad am Tag und Minus 7 in der Nacht. Gleich am ersten Tag rutscht der Kameramann auf losem Gestein aus und bricht sich den Fuß. Kurzzeitig überlegt Eichholz, ob er das ganze Projekt abbrechen soll. Doch der Rest der Truppe läuft weiter, filmt selbst. Einer seiner Freunde verträgt die Höhe nicht und kehrt um. Und auch Eichholz selbst kämpft: „Ab 4000 Meter konnte ich kaum noch laufen und war mir sicher, dass ich in dem Zustand keinen Meter Rad fahren kann.“
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Ein Sturz hätte fatale Folgen
Als das Team endlich den Gipfel erreicht, sind alle Zweifel verflogen. „Ich merkte sehr schnell, dass einer Abfahrt nach den vielen Rückschlägen des Aufstiegs nicht mehr viel im Wege stand. Das machte mich unvorstellbar froh.“ Lutz Eichholz ist seinem großen Traum ganz nah. Doch dann kommt ein erneuter Rückschlag: Beim ersten Testen des Geländes mit dem Einrad rutscht der 28-Jährige weg. „Ich bin fast kopfüber in ein Steinfeld geflogen. Noch in der Luft habe ich gedacht, dass es einfach nicht sein kann, dass ich hier einen schweren Sturz habe.“ Im letzten Moment schafft Eichholz noch, sich abzurollen und so schlimmere Verletzungen zu verhindern.
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Ein ernsthafter Sturz in dieser Höhe hätte fatale Folgen gehabt. „Es gibt im Iran keine Hubschrauber, die einen zur Not vom Berg fliegen können, und bei Verletzungen hätte ich irgendwie selbst wieder herunterkommen müssen.“ Trotzdem gibt er auch jetzt nicht auf – und stürzt sich, im wahrsten Sinne des Wortes, in das bisher größte Abenteuer seines Lebens.