Das Miteinander zwischen Ureinwohnern und Gringos funktioniert in der Gegend um den Lago Atitlán meist. In der „Posada Jaibalito“ von Hans Schäfer aus Schwaben passen sogar Tortilla und Spätzle zusammen. Fast alle der zehn Mitarbeiterinnen – Mayas aus dem Dorf – können beides frisch zubereiten. Zwei Fischer teilen sich am langen Holztisch zwischen Kaffeestauden und Mangobäumen ein großes Bier. Eine Auswanderin aus Belgien bestellt Käsespätzle für weniger als drei Euro. Ein Urlauberpaar aus Hamburg probiert Maisfladen mit Käse und Bohnenmus und nickt zufrieden.
Knapp die Hälfte der 15 Millionen Guatemaltecos sind Mayas. Die meisten haben ihre Jahrhunderte alten Traditionen bewahrt. Auch Maria Pecher trägt die vielfarbige, selbst genähte und bestickte Kleidung. Sie zeigt die schlichten, sauberen Zimmer und den üppigen Garten. „Je schöner die Posada und unser Dorf Jaibalito, desto mehr Gäste kommen, und wir haben alle etwas mehr Geld in der Tasche“, sagt Maria.
Das Majestätische der Vulkane
Auf dem kurzen Weg zum Bootssteg schildert Hans Schäfer, warum er hier glücklich ist: „Die Herzlichkeit und Gelassenheit der Mayas, die Ruhe, die der See ausstrahlt, das Majestätische der Vulkane.“ Der Schwabe mit dem Rauschebart winkt, eine kleine Fähre steuert auf den Steg zu. Sie ist fast voll. Dicht an dicht sitzen Einheimische mit Körben voller Zitronen, Avocados und Tomaten, dazwischen ein Ehepaar aus den USA und zwei deutsche Studentinnen mit Rucksäcken. Heute ist Markttag in Panajachel, wo das Boot 20 Minuten später anlegt.
Es ist der Hauptort am See mit vielen Hotels, Restaurants, Bars und Galerien. Auch hier ist es, wie im ganzen Land, aus Sicht von Ausländern preisgünstig – über den Daumen: Deutschland minus 30 Prozent. Von hier steuern die Fähren fast jedes Dorf am See an. Zu den schönsten gehört San Juan La Laguna. Es litt wie andere in den vergangenen Jahren nicht selten unter verdrecktem Wasser, Unwettern und Überschwemmungen. Kinder sammeln Flaschen. Straßen und Gassen sind hier sauberer, viele Wände mit naiven Malereien verziert. Schilder an einigen schmucken Häusern künden in Spanisch und Englisch von Frauen-, Fischer- und Selbsthilfe-Initiativen. Galerien, Webereien, Restaurants, Pensionen und Anbauer organischen Kaffees werben um Besucher.
„Wir sind hier glücklich“
Nicht glücklich sind die Dörfler über die häufige Verschmutzung an vielen Ufern, wo ungeklärt dreckige Brühe ins Wasser lauft. Etliche Kläranlagen wurden durch Unwetter zerstört. Auch eine Algenpest an manchen Seeabschnitten bereitete schon Sorgen. Das ärgert auch den Fischer Miguel Toc. „Dann leiden auch die Fische und natürlich unsere Familien.“ Besonders während der Algenplage kaufen Hotels und Restaurants weniger aus dem See. Zum Glück sei es in den vergangenen zwei Jahren wieder besser geworden, sagt Toc.
Lebhaft geht es in San Pedro Laguna zu: Hier sind vor allem Backpacker und Langzeiturlauber anzutreffen. Zum lockeren Programm zählen Ausreiten, Faulenzen, Mahlzeiten wie Müsli und Grillfisch, Spanisch lernen in einer der kleinen, sehr preiswerten Schulen, Sonnenbaden und Disco-Nächte unterm Sternenzelt – mit oder ohne Joint.
Spektakulär ist der Blick von einer der Villen, die an Hängen und Kliffs gebaut wurden. Clemens Luhmann aus Osnabrück genießt mit seiner Familie das Panorama von einer Terrasse am Berg. „Vom Hobbymaler wurde ich am Atitlán zum Künstler, verkaufe Bilder, habe zahlreiche Ausstellungen. Der See inspiriert mich. Wir sind hier glücklich“, sagt der Arzt. Er schaut auf seine Frau Jenny, die aus Nicaragua stammt, seine beiden Söhne, dann auf die mächtigen Vulkane auf der anderen Seite des 18 Kilometer langen Kratersees.
Aldous Huxley schrieb vom „schönsten See der Welt“
Dort grüßen Tolimán, San Pedro und Atitlán. Auch der Forscher Alexander von Humboldt, später der Revolutionär Che Guevara, Regisseur Werner Herzog und Schauspieler Klaus Kinski haben diesen Blick schon genossen. Der britische Schriftsteller Aldous Huxley schrieb vom „schönsten See der Welt“.
Auch nahe der Kolonialstadt Antigua ist ein Vulkan der Höhepunkt. Die Spitze des 3760 Meter hohen Volcán de Agua zeigt sich gerade ohne Wolken, der Himmel strahlt blau. Touristen zücken ihre Kameras. Der breite Santa Catalina Steinbogen über einer Gasse ist der perfekte Bilderrahmen.
Ein gewaltiges Erdbeben zerstörte 1773 die einstige Hauptstadt von Guatemala. Etliche Palast- und Kirchenruinen sind durch schwere Stützbalken gesichert, manche Stadtteile wiederaufgebaut. Einstöckige Kolonialhäuser zieren Holzportale und Schmiedeeisen. In Innenhöfen plätschern Brunnen, gedeihen exotische Blüten. „Ich bin immer tief bewegt, wenn ich durch die Gassen schlendere“, sagt Christa Methmann aus Flensburg. Sie ist Geschäftsfrau, gelegentlich Reiseführerin und lebt seit sieben Jahren hier. „Es ist schön. Ich bleibe“, sagt sie.