19. Januar 2024, 17:43 Uhr | Lesezeit: 12 Minuten
Zu jeder Zeit die Sachen zusammen packen zu können, unabhängig von Flugzeiten und anderen Menschen zu sein und fremde Hotelzimmer gegen ein heimeliges Zuhause-Gefühl und eine Umgebung aus Natur eintauschen – mit dem eigenen Wohnmobil auf Reise gehen hat seine Reize. Nicht nur für junge Menschen; spätestens seit der Pandemie gibt es auch immer mehr Senioren, die Fans des mobilen Reisens sind. So wie Detlef Ponath. Der heute 71-Jährige kaufte sich letztes Jahr ein Wohnmobil und hat uns im Interview verraten, wieso er erst jetzt das Reisen im Wohnmobil für sich entdeckt hat und was dabei den Reiz für ihn ausmacht.
Zu Beginn des Lebens gibt es jede Menge erste Male: die Einschulung, die erste große Liebe, der erste Job. Umso schöner ist es, wenn man auch später im Leben noch neue Erfahrungen macht. So wie der Hamburger Detlef Ponath. 2022 ging es nach mehr als 30 Jahren zum ersten Mal wieder mit seiner Frau und ihrem Hund im eigenen Wohnmobil auf Reisen. Und es gefiel sehr! TRAVELBOOK hat mit ihm über die Vorteile des Urlaubs im Wohnmobil als Rentner, Pflichten als Eigentümer und Reiseziele gesprochen.
TRAVELBOOK: Du hast dir mit 71 Jahren ein eigenes Wohnmobil gekauft. Warst du schon immer gern im Wohnmobil unterwegs?
Detlef Ponath: „Nein, eigentlich hatten der Urlaub im Wohnmobil und ich eine sehr lange Pause. Das erste Mal habe ich im Wohnmobil Urlaub gemacht, als meine Frau und ich 1986 Eltern einer Tochter wurden. Für einen Urlaub mit Baby ist so ein Wohnmobil ideal; alle sind auf engem Raum zusammen und können sich weiter gut aneinander gewöhnen und als Familie zusammenwachsen. Wir waren damals auch noch häufig surfen und ich hatte mein Surfbrett dabei. Das ist für mich überhaupt der größte Vorteil am Urlaub im Wohnmobil: Man kann zu Hause alles direkt in den Wagen laden und hat so alles dabei. Deshalb heißt es ja ‘Wohn mobil‘ – man wohnt und ist trotzdem beweglich. Mit einem Baby ist das besonders von Vorteil, weil man bei anderer Urlaubsform sicher ständig deutlich mehr zu schleppen hat an Windeln, Gläschen und so weiter.“
Waren Wohnmobile 1986 auch schon so gefragt wie heute nach Corona und dem neuen Boom?
„Ich würde sagen, dass das auf andere Art damals so etwas wie ein ‘Trend‘ war, nach den 68-ern mit Woodstock und dem Bulli-Hype der Hippie-Generation. Der Urlaub im Wohnmobil wurde damals einfach eine neue akzeptierte Form des Urlaubs, vor allem als Familienurlaub, aber auch für sportliche, unabhängige Menschen und für andere reisefreudige oder ‘Reisewütige‘. Besonders unter Surfern, Kanufahrern und anderen Wassersportlern waren Womos damals sehr gefragt. Da hat man ja auch immer eine Menge Gepäck bei sich mit den Brettern, Segeln und so. Und wenn in einer Beziehung oder der Familie nicht alle Spaß am Wassersport haben, findet da jeder sein eigenes: Ein Part ist dann auf dem Wasser, der andere chillt, kocht oder geht die Gegend zu Fuß erkunden.“
Wieso hat es dann so lange gedauert, bis du wieder das Reisen im Wohnmobil für dich entdeckt hast?
„Nach dem ersten Winter war das Baby dann ‘groß‘ genug, dass wir alle als Familie Flugurlaub machen konnten und wir waren dann erst mal auf auf Sardinien, Mallorca, Ibiza, in Frankreich und auf dem italienischen Festland. Als dann später unsere zweite Tochter geboren wurde, sind wir gerne per Pkw oder Flieger viel nach Südeuropa gereist und haben dort im Hotel, in Ferienanlagen oder -häusern Urlaub gemacht. Das hat sich irgendwie einfach so ergeben – vielleicht auch, weil es irgendwie unkompliziert war und das passte, weil ich in dem Alter ja auch durch zunehmende berufliche Aktivitäten und Zeitdruck mit weniger Freizeit ausgestattet war und die knappe Zeit für Urlaub an anderen Orten optimieren musste.
Wie kam es dazu, dass du den Urlaub im Wohnmobil neu für dich entdeckt hast?
„Vor ein paar Jahren, noch vor Corona und der Pandemie, redeten in meinem Bekanntenkreis plötzlich alle über Campen und Wohnmobile. Ein Freund hat sich noch vor der Pandemie ein Wohnmobil gekauft und war sehr intensiv damit unterwegs – später sogar mal damit sieben Wochen am Stück gen Nordkap. Das fand ich toll und überlegte auch, mit einem Wohnmobil Urlaub zu machen. Hinzu kam, dass meine Frau im Sommer 2022 beim Joggen gestürzt war, sich das Ellenbogengelenk gebrochen hatte und operiert werden musste. Der gebuchte Hotelurlaub am Gardasee musste wegen einer dringend durchzuführenden Operation kurzfristig abgesagt werden. Um die Genesung nach der erfolgreichen Operation zu beschleunigen und um sich etwas zu gönnen, haben wir uns spontan bei einem Hamburger Wohnmobil-Verleiher ein Wohnmobil geliehen und machten ein paar Tage Kurzurlaub auf Fehmarn zwischen den Physio-Terminen meiner Frau. Und es war echt super – auch die spontane Möglichkeit, Urlaub zu machen mit der wirklich tollen Unabhängigkeit! Die Begeisterung war so groß, dass wir uns kurze Zeit danach, nach meinem 70. Geburtstag, ein Wohnmobil zulegten. Mit dem fuhren wir dann natürlich als erstes auch nach Fehmarn.“
Wie sah der erste Urlaub nach eurer Wohnmobil-Pause aus?
„Das Packen des Wohnmobils war die erste Umstellung. Wir waren es nach so vielen Jahren im Hotel und Ferienhaus nicht gar nicht gewohnt, eigenes Equipment für die Küche oder zum Saubermachen der Wohneinheit mitzunehmen. Der Vorteil ist allerdings: Wenn etwas fehlt, kann man es im Supermarkt schnell besorgen. Das Fahren, danach wird man ja oft gefragt, ging aber damals noch genauso easy wie damals in 1986, das verlernt man ja nicht wenn man so ein paar Grundregeln des Fahrens mit langen Fahrzeugen einhält.“
Wie lange hast du dann nach einem eigenen Wohnmobil gesucht?
„Ungefähr ein halbes Jahr, und zwar vom Hamburger Westen fast bis Bremen bis nach Osten nach Ratzeburg oder sogar nach Rostock. Ich habe im Internet gesucht. Je nachdem, ob die Wohnmobile voll- oder teilintegriert sind, kostete so ein Wohnmobil seinerzeit schon schnell 65.000 bis zu 90.000 Euro oder mehr, je nach Ausstattung. Bei so einem Preis überlegt man dann schon mal ein wenig länger. Inzwischen ist der Einstiegspreis bei vergleichbaren Wohnmobilen wie unserem durch weiter hohe Nachfrage und Inflation sogar noch gestiegen.“
Ist Urlaub im Wohnmobil insgesamt dann nicht doch ganz schön teuer?
„Naja, ‘billig‘ ist sicher anders. Aber das ist ja relativ und die Kosten sind schon auch in gewisser Weise zumindest zum Teil skalierbar. Benzinkosten hat man ja auch, wenn man mit dem Pkw in den Urlaub fährt. Was Übernachtungskosten betrifft, kann man für 50 Euro die Nacht in der Hauptsaison in tollen Lagen auf schönen Campingplätzen mit gepflegten sanitären Einrichtungen stehen, oft sogar auch mit Pool zusätzlich zur nahen Strandlage direkt hinter der Düne. Zu dem Preis gibt es vermutlich kein Hotel, aber man kann ja sogar völlig gebührenfrei/kostenlos in der Natur auf entsprechenden vorgesehenen Plätzen übernachten. Wenn man diese Ersparnis auf ein paar Jahre hochrechnet, geht das mit dem Kosten schon und dann bleibt ja auch ein Restwert des Wohnmobils. Bei entsprechender Pflege des Wohnmobils war der Verkaufswert eines gebrauchten Wohnmobils in der Vergangenheit sogar vereinzelt höher als der ursprüngliche Neupreis. Weiteres Sparpotenzial bietet auch die sogenannte Halbjahreszulassung, um Kosten für die Autoversicherung zu sparen, da das ‘Winter-Womo‘ für die meisten weniger verlockend ist.“
Wohin ging die erste Reise im eigenen Wohnmobil?
„In der allerersten Nacht haben wir nur 15 Kilometer entfernt von zu Hause verbracht, um erst mal zu testen, wie wir klarkommen. Man muss bei so einem Urlaub ja mehr vorbereiten, als wenn man sich in den Flieger setzt. Der Frischwassertank und der Boiler für die Heizung muss gefüllt werden, man muss gefüllte Gasflaschen haben, damit der Gasherd, die Heizung, manchmal auch der Kühlschrank betrieben werden können und last but not least muss das Auto verkehrsgerecht vorbereitet werden, z.B. Elektrik checken, Reifendruck überprüfen, ggf. Öl auffüllen, volltanken…. und all sowas eben. Aber das hat super gut geklappt und nach der ersten tollen Nacht, es hatte geregnet und der auf das Dach trommelnde Regen hat uns gut schlafen lassen, sind wir weiter nach Fehmarn gefahren.“
Wo wart ihr als Rentner mit dem Wohnmobil schon unterwegs?
„Wir waren danach auf Usedom und eigentlich auf allen dänischen Ostseeinseln. Da gibt es ja neben den bekannten Inseln wie Fünen, Seeland, Mön und so auch sehr viele kleine Inseln, deren Namen ich gar nicht mehr genau weiß, über die man oft auch nur kurz fährt, wenn man von einer größeren zur nächsten größeren Insel fährt. Übrigens, weil man ja mit dem Wohnmobil auch generell langsamer fährt, ist das ausgesprochen erholsam – viel stressfreier als mit dem Pkw. Und man sieht dadurch ja einfach auch beim Fahren bereits deutlich mehr von der Welt um einen herum.“
Hast du manchmal Angst, dass beim Reisen etwas passieren könnte?
„Nein, Angst habe ich eigentlich nicht. An einem Auto kann natürlich immer etwas kaputtgehen, aber da muss man halt den ADAC bemühen und wenn an den Wohnteilen etwas kaputtgehen würde, muss man halt irgendwie improvisieren. Was das eigentliche Fahren betrifft, habe ich das Gefühl, dass ich insgesamt umsichtiger und deutlich defensiver fahre, seitdem ich mit dem Wohnmobil unterwegs bin und mögliche Unfallrisiken dadurch wahrscheinlich geringer sind. Was mögliche Ängste vor Überfällen betrifft, wie man es ja gelegentlich von Reisenden hört, haben wir so etwas bei den Reisen durch Dänemark nie erlebt. Aber egal was, für alle möglichen Ungeplantheiten ist es aber sowieso toll, dass meine Frau neben mir sitzt, falls mal irgendwas passiert.“
Was ist für dich der Vorteil am Urlaub im Wohnmobil?
„Es ist natürlich mehr Eigenverantwortung, als wenn man einfach in ein Flugzeug steigt. Der Vorteil ist aber: Man bleibt komplett flexibel. Es ist eigentlich egal ob man um 10 Uhr oder 12 Uhr losfährt, oder wenn es im Westen stark regnet, fährt man halt gen Osten. Mir macht das Spaß, dass man so unabhängig ist. Und unser Hund kann auch dabei sein und fühlt sich nicht ausgestoßen.
Spielt das Alter beim Reisen im Wohnmobil eine Rolle?
„Alter spielt sicher bei vielen Dingen eine Rolle. Aber ich finde, keine besondere beim Reisen mit Wohnmobil. Ob man da 70 ist oder nicht, wenn man seine alltäglichen Dinge auch sonst hinkriegt, ist doch das Alter egal – auch wenn mit 70 Jahren vieles nicht mehr ganz so schnell geht wie mit 35 und man insgesamt vorsichtiger, sprich langsamer, ist.“
Hast du den Kauf deines Wohnmobils auch schon mal bereut?
„Nein. Manchmal denke ich allerdings, dass z.B. ein großer Bulli vielleicht praktischer sein könnte, weil man sich damit auch in den Städten besser bewegen kann. Dafür hat man dann drinnen einfach weniger Platz. Im Großen und Ganzen bin ich aber mit sehr glücklich mit der Entscheidung.“
Wo wollt ihr mit dem Wohnmobil noch hin?
„Was heißt da ’noch‘? Wir legen doch erst los! Im Moment tasten wir uns noch langsam heran, an diese neue, schöne Art, Urlaub zu machen. Ich würde nächstes Jahr gern mal vier Wochen plus am Stück unterwegs sein. Schön fände ich Frankreich, die Bretagne und Bordeaux, weiter nach Spanien und am Mittelmeer lang durch die Alpen zurück. Wenn meiner Frau das zu viel sein sollte, kann sie ja auch unterwegs abbrechen oder später hinzukommen. Mal schauen.“
Was muss man bei einem solchen Trip beachten?
„Generell wenn man im Wohnmobil reist, sollte man auch immer wissen oder planen, wie man von den Stellplätzen zu den schönen Locations in der Nähe des Stellplatzes kommt. Entweder hat man die Fahrräder dabei oder es befindet sich eine Station des ÖPNV in der Nähe. Darauf sollte man schon achten, wenn man nach den Stell- oder Campingplätzen guckt. Wenn man ein großes Auto hat, ist es schon gut zu wissen, wie man sich vor Ort bewegt; man kann ja mit einem großen Wohnmobil nicht einfach in Bordeaux am Straßenrand parken.“
Wie muss man sich sonst um ein Wohnmobil kümmern?
„Naja, ein bisschen was tun muss man schon. Zum Winter muss das Womo winterfest gemacht werden, wenn man im Winter damit nicht fährt. Dazu sind z.B. die Gasflaschen von der Leitung abzuschließen, die Wasserbehälter mit Zu- und Abwasser sind zu leeren, der Kühlschrank muss gesäubert werden und geöffnet werden, Schränke sollten geöffnet werden, Polster und Matratzen sind zwischenzulagern, damit nichts schimmelt. Und wenn man im Winter gar nicht damit fährt, müssen auch die Versorger- und die Starter-Batterie ausgebaut oder gelegentlich geladen werden.“
Wo stellt man so ein Wohnmobil unter?
„Unser Wagen steht aktuell für die Wintermonate bei einem Händler – da kann ich auch die Batterien laden und in den anderen Monaten, sofern wir da nicht verreist sind, steht der Wagen bei einem Bauern auf einer Wiese neben dem Hof.“
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Was würdest du anderen Rentnern raten, die ebenfalls überlegen, sich ein Wohnmobil anzuschaffen?
„Ich würde sagen, dass das Reisen mit Wohnmobil an sich schon sehr schön ist – was aber noch viel toller ist, ist die Erfahrung, in dem neuen Lebensabschnitt noch mal etwas Neues zu machen. Man sieht bei Reisen mit dem Womo auch Dinge, die man anders gar nicht zu Gesicht bekommt. Ob man sich selbst ein Wohnmobil kauft, bleibt natürlich auch immer eine finanzielle Frage. Aber etwas Neues erleben kann man ja sicher auch ohne Wohnmobil und was für den einen der Urlaub im Wohnmobil ist, ist für den anderen vielleicht ein Trip und eine Teilnahme an einer Oldtimer-Parade mit einem alten VW Käfer-Cabrio oder eine Wanderung über die Alpen. Neues zu entdecken macht doch einfach immer Spaß, zu jeder Zeit im Leben. Und wenn man als Rentner zu etwas Lust hat und was man sich irgendwie leisten kann und gönnen will, dann gilt doch ‘einfach machen‘.