2. Dezember 2021, 12:55 Uhr | Lesezeit: 5 Minuten
Er sieht schauerlich aus und trinkt angeblich das Blut seiner Opfer: El Chupacabra ist das wohl seltsamste und berühmteste Monster Amerikas und wurde seit seinem ersten Auftauchen Mitte der 1990er-Jahre schon auf dem ganzen Kontinent gesichtet. TRAVELBOOK auf den Spuren einer urbanen Legende.
Es ist der August 1995, als in Puerto Rico eine Legende geboren wird. Damals werden zahlreiche Fälle von toten Tieren gemeldet, denen irgendetwas offenbar das Blut ausgesaugt hat. Von geheimnisvollen Bisswunden am Hals der Tiere ist die Rede. Hauptsächlich sind die Opfer Schafe und Ziegen, aber auch Hühner, Katzen und sogar Kühe sterben.
Schnell macht die Legende von einer Art Vampir die Runde, eine vermeintliche Zeugin will das Wesen gar mit eigenen Augen gesehen haben. Ein besorgter Bürgermeister bläst zur öffentlichen Monsterjagd – die freilich erfolglos verläuft. Doch da hatte das Biest bereits einen Namen: El Chupacabra.
Warum das Wesen „Ziegensauger“ genannt wird
Dabei klingt das Wort Chupacabra in seiner deutschen Bedeutung eher lustig: Man könnte es mit „Ziegenlutscher“ übersetzen. Viel treffender ist aber „Ziegensauger“. Cabra bedeutet Ziege, chupar so viel wie saugen oder lutschen, wobei Letzteres aber nicht zutrifft, denn der Chupacabra soll seinen Opfern angeblich das Blut aussaugen.
Wie die US-Wissenschaftsseite „Live Science“ berichtet, war die Einheimische Madelyne Tolentino diejenige, die wohl mit ihrer Zeugenaussage zur angeblichen ersten Sichtung von El Chupacabra einen Hype lostrat, der bis heute unvermindert anhält. Tolentino sagte damals aus, sie habe ein Wesen mit dunklen Augen gesehen, langen Gliedmaßen und Stacheln auf dem Rücken, was natürlich viel Raum für die Fantasie lässt.
Schon die Mayas sollen das Monster beschrieben haben
Wie sich schnell herausstellte, waren Tolentinos Aussagen frei erfunden – sie hatte kurz zuvor den Sci-Fi-Thriller „Species“ gesehen und einfach das Film-Monster beschrieben. Dennoch häuften sich in der Folgezeit sowohl tote Tiere mit Bisswunden im Hals als auch die angeblichen Monstersichtungen.
Auffällig ist, dass sich neben der schnell populär gewordenen Version eines Monsters mit Stacheln auf dem Rücken auch noch eine zweite, gänzlich andere durchsetzte. Die eines wilden Hundes oder Koyoten ohne Haare, dafür aber ausgestattet mit messerscharfen Zähnen und Klauen. Die Kryptozoologie-Seite „Chupamacabre“ berichtet sogar, schon die alten Mayas hätten in ihrer Mythologie ein solches Wesen beschrieben. Dort habe es ein Monster namens Camazotz gegeben, das die Form einer Fledermaus gehabt habe. Außerdem soll es die Fähigkeit besessen haben, sich tagsüber in eine Statue zu verwandeln.
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Manche glauben an ein missglücktes NASA-Experiment
Seitdem ist El Chupacabra unter anderem in Mexiko, Chile, Nicaragua und Argentinien aufgetaucht, aber auch in diversen Bundesstaaten der USA. Eigentlich immer dann, wenn Farmtiere unter rätselhaften und ungeklärten Umständen zu Tode kamen. Manche schreiben die tödlichen Attacken auf die Tiere realen Wesen wie eben Hunden oder Koyoten zu. Doch es gibt nicht wenige, die dahinter mysteriöse Wesen vermuten – teils sogar außerirdischen Ursprungs.
El Chupacabra sei mit einem UFO auf die Erde gebracht worden, ist nur eine der populären Versionen der Monster-Mär. Er sei eine Bestie, die bei missglückten genetischen Experimenten entstanden sei. Laut der Webseite „Animal Planet“ bezichtigten chilenische Medien im Jahr 2000 gar die NASA, El Chupacabra erschaffen zu haben. Jedoch dementierte die US-Weltraumbehörde diesen Bericht. Trotzdem kursierte die Chupacabra-Legende weiter: Laut der Webseite „Kryptozoologie“ wurden allein zwischen 1995 und 2005 über 15.000 Chupacabra-„Fälle“ registriert.
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Wie präsent die Legende um das saugende Wesen bei vielen immer noch ist, zeigen tausende Einträge mit dem hashtag #elchupacabra bei Instagram. Von Karnevalskostümen über Fotos von undefinierbaren Kreaturen und ambitionierten Zeichnungen des Monsters ist alles dabei:
Eine Erklärung für das Phänomen der ausgesaugten Tiere
Fakt ist: Alle vermeintlichen Kadaver-Funde, bei denen es sich angeblich um Überreste eines Chupacabra handelte, wurden laut „Live Science“ wissenschaftlich untersucht. Meist sind es wirklich Hunde oder ähnliche Tiere, die an einer Hautkrankheit litten und deshalb keine Haare mehr hatten. Doch lässt sich erklären, dass bei vielen toten Tieren offensichtlich das Blut ausgesaugt wurde?
Der Kryptozoologe Michael Schneider hat dazu die Theorie entwickelt. Die Opfer seien gar nicht wirklich ausgesaugt, sehr wohl aber gebissen und getötet worden, woraufhin es nach dem Tod dann zur Gerinnung des Blutes gekommen sei. Folglich habe natürlich auch aus den Bisswunden kein Blut mehr austreten können.
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US-Universität veröffentlichte Arbeit zum Chupacabra
Doch nicht nur Michael Schneider, sondern auch die US-Universität von New Mexiko hat sich ganz ernsthaft mit dem Thema El Chupacabra befasst, und zwar in einer 2011 erschienenen Publikation mit dem Titel: „Tracking the Chupacabra: The Vampire Beast in Fact, Fiction, and Folklore“ (etwa: „Die Jagd nach dem Chupacabra: Die Vampir-Bestie in Fakten, Fiktion und Folklore“). Und auch wenn es bis heute nicht einen einzigen glaubhaften Beweis gegeben hat, dass El Chupacabra jemals existiert hat, so wird seine Legende wohl weiter leben – zumindest so lange es Menschen gibt, die sie hören wollen.