13. April 2022, 11:50 Uhr | Lesezeit: 3 Minuten
Eigentlich dürfte es ihn gar nicht geben: den einsamsten Baum der Welt. Dennoch findet man ihn auf der abgelegenen, subantarktischen Insel Campbell Island im südlichen Pazifischen Ozean. Sein nächster Verwandter ist Hunderte Kilometer entfernt. Doch wie kam der einsame Baum überhaupt an seinen Platz?
Der einsamste Baum der Welt ist eine Sitka-Fichte namens „Ranfurly Tree“. Diese Bäume sind die größten in der Gattung der Fichten und normalerweise in Nordamerika beheimatet. Sie sind nach der Stadt Sitka in Alaska benannt und sogar der offizielle Staatsbaum des US-Bundesstaats. Wie also kommt einer dieser Bäume auf die subantarktische Campbell-Insel – die im wahrsten Sinne am anderen Ende der Welt liegt?
Campbell Island gehört, obwohl es ziemlich abgelegen ist, offiziell zu Neuseeland. Dort wiederum lebte vor über einem Jahrhundert Uchter Knox, der Earl von Ranfurly, der gleichzeitig auch der 15. Gouverneur Neuseelands war. Er pflanzte die Sitka-Fichte vermutlich zwischen 1901 und 1907 im Camp Cove auf Campbell Island.
Heute steht der auch „Ranfurly Tree“ genannte Baum sogar als der einsamste Baum der Welt im Guinness-buch der Rekorde. Der nächste bekannte Baum ist mehr als 200 Kilometer entfernt auf den nordöstlich gelegenen Auckland Islands.
Auf den ersten Blick mag er zwar gar nicht so einsam wirken, sieht man doch genug hochwachsendes Grün drumherum. Fakt ist aber, dass es sich hierbei nicht um Bäume handelt, sondern um Heidekrautgewächse, Riesengräser und sonstige Sträucher. Der Amateur-Fotograf Jospeh Roberts hat auf Instagram eine Aufnahme des Baums veröffentlicht.
Mittlerweile wird der einsamste Baum immer mehr zum Unikum, denn er entwickelt sich ganz anders als seine Artgenossen. Während Sitka-Fichten normalerweise schmal in die Höhe wachsen, ist der „Ranfurly-Tree“ klein und gedrungen und gleicht eher einem großen Busch als einer Fichte.
Vermutlich liegt das an dem besonderen Klima auf Campbell Island. Die Insel liegt zwischen dem 50. und 60. Breitengrad. Die Region wird wegen der dort herrschenden Klimabedingungen auch die „Rasenden Fünfziger“ genannt, 330 Regentage und Starkwind an 100 Tagen im Jahr sind hier normal. Doch trotz der harschen Wetterbedingungen scheint es dem Baum gutzugehen: Wissenschaftler fanden heraus, dass er fünf bis zehn Mal so schnell wächst wie andere Sitka-Fichten.
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Auch der „Arbre du Ténéré“ war ziemlich einsam
Bis in die 1970er-Jahre hinein gab es übrigens einen Baum, der noch viel einsamer war. Der „Arbre du Ténéré“ (dt.: Baum von Ténéré) war fast 400 Kilometer vom nächsten Baum entfernt und stand in der Ténéré-Wüste in der südlichen Sahara. Ursprünglich war er wohl Teil einer Baumgruppe, die jedoch über die Jahre verschwand, bis er als einziger übrig blieb.
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Jahrzehnte lang diente er Reisenden durch die Wüste als Orientierungspunkt. Doch in den 1970er-Jahren wurde der Baum von einem Autofahrer gerammt und beschädigt. Seitdem ist der „Ranfurly Tree“ der Rekordhalter.