26. Februar 2020, 2:19 Uhr | Lesezeit: 6 Minuten
Eismassen, die mehrere Kilometer hoch sind. Es ist kalt, bitterkalt. Bis zu minus 98 Grad kann es werden, die niedrigste jemals gemessene Temperatur auf der Erde. Die Antarktis scheint ein lebensfeindlicher Ort zu sein und alleine deshalb bisher von Menschen weitgehend verschont. Doch ist das immer noch so? TRAVELBOOK hat sich die Eiswüste Antarktis in einer neuen Serie genauer angeschaut. Teil 1: Ist die Antarktis wirklich der letzte unberührte Ort der Welt?
Auf einer Weltkarte ist die Antarktis zunächst einmal vor allem ein weißer Streifen am unteren Ende. Nichts deutet auf ihre wahre Größe hin. Denn tatsächlich handelt es sich bei ihr, im Gegensatz zu ihrem nördlichen Pendant, der Arktis, nicht nur um gigantische Eisschollen, sondern auch um Landmassen unter dem Eis. Sie ist also ein richtiger Kontinent, genannt Antarktika. Dieser wird aufgeteilt in die Westantarktis und die Ostantarktis – und ist gigantisch. Mit circa 14.000.000 Quadratkilometern ist der Kontinent so groß wie Europa und Grönland zusammen. Alleine die Ostantarktis ist größer als Australien.
Gehört die Antarktis zu einem Staat?
„Wir bezeichnen alles südlich des 60. Breitengrads als Antarktis“, erklärt Dr. Stefan Hain vom Alfred-Wegener-Institut in Bremen auf TRAVELBOOK-Nachfrage. Auf dieses Gebiet bezieht sich der sogenannte Antarktisvertrag von 1959. Er ist so etwas wie die Verfassung der Antarktis und legt fest, wie man die Region, die zu keinem Staat der Erde gehört, friedlich nutzen kann und wer dort forschen darf. Dabei wurde zum Beispiel festgelegt, dass keine Rohstoffe wie etwa Kohle oder Öl gefördert werden dürfen und dass niemand Militär dort stationieren darf. Durch diese Regeln ist die Antarktis heute das größte Naturschutzgebiet der Welt.
Lebt jemand in der Antarktis?
Doch diese Regeln müssen auch eingehalten werden. Dafür gibt es ein „Secretary of the Antarctic Treaty“ und jedes Jahr eine Konferenz, zu der alle Unterzeichnerstaaten des Vertrags kommen – das Antarctic Treaty Consultive Meeting, kurz ATCM. „Dann wird darüber gesprochen, wie die aktuellen Maßnahmen und Regelungen in der Antarktis funktionieren und ob es Bedarf für neue gibt“, sagt Dr. Stefan Hain. Doch wen betreffen diese Regeln überhaupt?
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Im Gegensatz zu den meisten Orten auf der Welt wurde die Antarktis nie besiedelt. Zwar leben dort, je nach Jahreszeit, 1000 bis 4000 Menschen. Das sind jedoch Forscher. Wo wohnen die? In Forschungsstationen. Mehr als 80 gibt es, die meisten werden von Argentinien, Australien und Russland betrieben. Gesucht wird nach neuen Erkenntnissen in den Bereichen Geophysik, Meteorologie und Luftchemie. Doch nach wenigen Monaten verlässt jeder Forscher wieder den eisigen Kontinent. Kein Wunder, schließlich ist die Antarktis alles andere als lebensfreundlich.
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Wie kalt wird es in der Antarktis?
Die Durchschnittstemperatur in der Antarktis liegt bei minus 55 Grad Celsius. Zum Vergleich: Die Durchschnittstemperatur in Deutschland liegt etwa bei 10 Grad Celsius. Tatsächlich ist es dort so eisig, dass man extrem darauf achten muss, dass keine Körperteile er- oder abfrieren. Das weiß auch Dr. Hain. Als er das erste Mal in der Antarktis war, trug er bei einer der Expeditionen eine Sonnenbrille. „Nach kurzer Zeit wies mich ein Kollege darauf hin, dass ich sie schnell absetzen solle – das Metall hatte schon für leichte Erfrierungen in meinem Gesicht gesorgt. So etwas kann ganz übel ausgehen.“
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Doch selbst wenn man sich für die Kälte wappnet, ist man immer noch nicht sicher. Denn oft stürmt es in der Antarktis. Und Stürme erreichen hier nicht selten Geschwindigkeiten von bis zu 200 Kilometer pro Stunde – das entspricht der höchsten Windstärke und der höchsten Orkan-Stärke. Alles in allem scheint die Antarktis keine Umgebung zu sein, in der man gerne Urlaub machen möchte. Oder?
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Wie viele Touristen reisen in die Antarktis?
Vorab: Wer in die Antarktis reist, sieht zwar viel Eis und Schnee, erkundet aber mitnichten den gesamten Kontinent. Gigantische Regionen, wie das Marie-Byrd-Land in der Westantarktis, und quasi die gesamte Ostantarktis können gar nicht von Urlaubern besucht werden. Es gibt niemanden, der die Urlauber hierhin führen würde. Die Touren, die gemacht werden, kratzen lediglich an der nord-westlichsten Spitze, der antarktischen Halbinsel. Doch trotz dieser Begrenzung erfreuen sich die Fahrten aktuell so großer Beliebtheit wie noch nie.
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Tatsächlich kamen alleine in der Saison 2018/2019 mehr als 56.000 Besucher in die Antarktis. Das sind doppelt so viele wie noch in der Saison 2014/2015. Die Tendenz: steigend. Das teilte im vergangenen Jahr die IAATO mit, die International Association of Antarctic Tour Operators. Auch sie selbst zeigt, wie groß das Interesse für Antarktisreisen mittlerweile ist: Bei ihrer Gründung 1991 bestand sie aus 7 Reiseveranstaltern, die bis dato Touren in die Region anboten. Heute sind es mehr als 100. Darunter sind viele Kreuzfahrtunternehmen, denn ein Großteil der Touristen reist mit dem Schiff an. Eines von ihnen: Die nach dem Antarktis-Entdecker benannte „Roald Amundsen“. Sie ist das erste Schiff, das im ewigen Eis getauft wurde.
„Es wurde für das Eis gebaut, im Eis wird es die meiste Zeit seines Lebens verbringen und im Eis wird es seine Aufgaben erfüllen“, soll Amundsen einst über sein eigenes Schiff gesagt haben. Heute, fast 100 Jahre später, scheint es mit der Taufe des nach ihm benannten Schiffs fast so, als wäre es nun offiziell: Der Tourismus gehört zur Antarktis. Doch wie genau läuft eine Reise in die Antarktis eigentlich ab? Wie viel kostet sie? Und welche Regeln gibt es – und welche Gefahren? Das lesen Sie in Teil 2 unserer Serie: „Abenteuer Antarktis“.