27. April 2022, 6:19 Uhr | Lesezeit: 5 Minuten
Die Angst vor Quallen kann die Freude am Baden trüben. Und das nicht ohne Grund: Einige der Tiere sind so giftig, dass wegen ihnen ganze Strände abgesperrt werden müssen. Der Kontakt mit ihren Toxinen kann fatale Folgen haben. TRAVELBOOK hat mit einem Experten gesprochen.
Sie sind faszinierende Tiere und schön anzuschauen. Dabei sollte man es aber tunlichst belassen, denn selbst mit ungefährlichen Quallen kann der Hautkontakt zumindest sehr wehtun. Bei den giftigen ist er schlimmstenfalls tödlich.
Übersicht
Alle Quallen sind giftig – und manche ganz besonders
TRAVELBOOK hat mit Herrn Prof. Dr. Andreas Schmidt-Rhaesa gesprochen, Mitarbeiter im Centrum für Naturkunde an der Uni Hamburg. Er ist außerdem Mitverfasser des kürzlich erschienenen Quallenatlasses „World Atlas of Jellyfish“. Wie er uns aufklärt, ist die Unterscheidung zwischen nicht-giftigen und giftigen Quallen nicht korrekt. Tatsächlich enthielten alle Quallen Gift – nicht immer sei dieses aber auch für den Menschen gefährlich.
Bei Quallen handele es sich um Nesseltiere. „Diese Gruppe von Tieren verfügt über sogenannte Nesselkapseln, und die können als Reaktion auf einen Reiz explodieren“, so der Experte. So ein Reiz wäre es etwa, wenn man eine Qualle berührt. Durch die so bewirkte Explosion wird der Deckel der Nesselkapsel abgesprengt, die Nesselfäden fahren heraus und bringen das Quallengift mit einer sogenannten Harpune in die Haut.
Warum Quallen ihre Toxine entwickeln
Dass Quallen überhaupt Gift entwickeln, hat zwei Gründe: Verteidigung und Beutefang. Folglich hängt es auch von der Ernährung einer Qualle ab, ob sie starkes Gift benötigen oder nicht. Als ein wesentlicher Bestandteil des Ökosystems essen Quallen beispielsweise Plankton – dafür benötigen sie natürlich kein stark wirksames Gift. Einige Arten jedoch, beispielsweise aus der Gruppe der Würfelquallen, haben es auf größere Beute wie kleine Fische abgesehen. Hier ist ein starkes Gift für den Beutefang von Vorteil. Und dieses kann auch für den Menschen bei ungewolltem Kontakt fatal sein.
Seewespe
Die Seewespe zählt zu den giftigsten Nesseltieren der Welt. Sie ist laut Prof. Dr. Andreas Schmidt-Rhaesa in einigen tropischen Gewässern unterwegs, und hier gern in Ufernähe. Jährlich werden bis zu 70 Todesfälle von Menschen verzeichnet, die beim Schwimmen (z. B. an der Nord- oder Ostküste Australiens) in Kontakt mit ihr kamen.
Der Schirm der Seewespe wird ungefähr 30 Zentimeter groß. Und jeder „Ecke“ ihres würfelförmigen Körpers entspringen bis zu drei Meter lange Tentakel, in denen die giftigen Nesselzellen der Qualle sitzen. Bei ihrem Gift handelt es sich um ein Neurotoxin, das lähmend auf die Muskulatur ihres Opfers wirkt. Beutefische und -krebse können sich in der Folge nicht mehr wehren oder wegbewegen, sie werden in aller Ruhe verspeist. Menschen soll der Kontakt mit ihren Nesseln extreme Schmerzen bereiten, ihr hochwirksames Gift brennt regelrecht ein Muster in die Haut ihrer Opfer ein. Und je nachdem, an welcher Körperstelle das Nervengift wirkt, kann es (mitunter in Minuten) den Tod bringen.
Portugiesische Galeere
Die Portugiesische Galeere wird immer mal an atlantischen Küsten angespült, berichtet uns Schmidt-Rhaesa, „beispielsweise in Portugal.“ Aber auch im Mittelmeer: Im April 2021 wurde die Portugiesische Galeere mehrfach auf Mallorca gesichtet.
Im Sprachgebrauch zwar als Qualle bekannt, handelt es sich bei der Portugiesischen Galeere um Kolonien einzelner kleinen Polypen, die gemeinsam eine Art Glasglocke auf dem Wasseroberfläche bilden. Unter der Wasseroberfläche schwimmen ihre bis zu 50 Meter (!) langen Tentakel, deren Gift bei Kontakt als rote, schmerzende Striemen auf der Haut verbleiben. Im schlimmsten Fall löst es bei Betroffenen einen allergischen Schock aus, der unbehandelt tödlich enden kann.
Irukandji-Qualle
Sie ist eine besonders kleine Vertreterin der Würfelquallen – im ausgewachsenen Zustand erreicht sie kaum drei Zentimeter. Und doch bleibt der Kontakt mit einer giftigen Irukandji-Qualle nicht ohne Folgen. So können die daumengroßen Wassertiere beim Menschen das Irukandji-Syndrom auslösen, welches sich mit zunächst diffusen Symptomen wie starken Kopf-, Rücken-, Bauch- und Brustschmerzen bemerkbar macht. Weiterhin kann es starke Übelkeit mit Erbrechen und schlimmstenfalls ein lebensgefährliches Lungenödem nach sich ziehen.
Menschen mit einer generell stabilen gesundheitlichen Verfassung sollten das Irukandji-Syndrom überleben. Vorher steht ihnen aber ein ziemlicher Leidensweg bevor: Eine große Zahl der Betroffenen muss im Krankenhaus behandelt werden, einige von ihnen benötigen Opiate, um ihre starken Schmerzen ertragen zu können.
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Gelbe Haarqualle
Bereits ihr Schirmdurchmesser ist mit rund einem Meter bemerkenswert – während die Tentakel der Gelben Haarqualle bis zu unglaublichen 37 Meter lang werden. Die Qualle kommt auch vermehrt bei uns in Europa vor: Man trifft sie etwa ab dem Spätsommer in der Nordsee und in der westlichen Ostsee sowie in Atlantik und im Ärmelkanal.
Die Gelbe Haarqualle, manchmal Große Löwenmähne genannt, geht umgangssprachlich auch unter dem Namen ihrer Gattung durch: „Feuerqualle“. Der Hautkontakt mit ihr ist sehr unangenehm und hinterlässt eine Art Verbrennung, die noch lange schmerzen kann – „wie ein starker Sonnenbrand“, so Quallen-Experte Schmidt-Rhaesa. Tödlich ende eine solche Verletzung aber nur selten.
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Kompassqualle
Die Kompassqualle ist eine Kannibalin: Neben z. B. Fischen stehen auch andere Quallen auf ihrem Speiseplan. Ihre Nessel- und Klebekapseln lähmen die Beute und halten sie fest, bevor sie blitzschnell und mit einem Mal verschlungen wird.
Bei Menschen verursacht der Hautkontakt mit den spiralförmigen Tentakeln starke Irritationen, manchmal auch allergische Reaktionen. Heikel: Die Tiere, die ohnehin schon vergleichsweise groß sind (bis zu 45 Zentimeter Durchmesser), treiben gern im Rudel umher, sodass man ihnen nur schwer ausweichen kann.