11. November 2018, 17:44 Uhr | Lesezeit: 5 Minuten
«Erdgeschichte, Natur, Mensch und Kultur erleben» – das ist das Motto des Unesco Geoparks Bergstraße-Odenwald. Dabei spielen Ranger eine entscheidende Rolle.
Wilfried Schneider bringt Kindern an Bächen und im Wald die Natur nahe, bastelt und experimentiert mit ihnen und stellt Bio-Honig her. „Kinder auf dem Land kennen ihre Umgebung heute auch nicht mehr, sie sind auch nicht mehr so draußen“, berichtet der Rentner aus Walldürn.
Im Grunde seien die Kinder aber nicht anders als früher: „Das Interesse kommt wieder, man muss es nur wecken.“ Vielen fehle einfach Anleitung. Der 66-Jährige ist einer von 27 Rangern im Unesco Geopark Bergstraße-Odenwald.
Der Geopark erstreckt sich über drei Bundesländer
Ihr rund 3500 Quadratkilometer großes Einsatzgebiet verteilt sich auf drei Bundesländer – denn der Geopark umfasst Gebiete von Hessen, Baden-Württemberg und Bayern. Es verläuft zwischen dem Unesco-Welterbe Grube Messel, dem Rheintal über den Odenwald bis zum Neckartal. „Der Begriff Ranger hat anderswo eine andere Bedeutung, wir hier sind eher wie Lehrer in der Umweltbildung“, sagt Rangerin Frauke Heise-Rabes aus Heidelberg.
Die 56 Jahre alte Kräuterspezialistin ist schon seit 2005 dabei. „Ich würze zu Hause nur noch mit selbstgesammelten Kräutern.“ Viele Menschen seien unsicher, welche Kräuter essbar seien und wie man sie erkenne. „Sie kaufen beispielsweise Bärlauch im Geschäft, obwohl er eigentlich hinter ihrem Haus wächst.“ Auch Kräutersalz stellt die studierte Geografin her. Sieben bis acht Einsätze als Rangerin macht Heise-Rabes noch im Jahr, dabei steht sie auch oft an Infoständen. „Es macht mir Spaß mit den Leuten zu kommunizieren, zu berichten, was der Geo-Park ist und wo er hin will.“ Als ihre eigenen Kinder noch kleiner gewesen seien, habe sie als Rangerin häufig Themenwanderungen, Führungen zu Burgen und Gewässern oder Umweltrallys für Kinder organisiert.
Mike Walker erklärt Erwachsenen auf Wanderungen die Landschaft – meist an der Bergstraße und im Felsenmeer. „Den Leuten einen neuen Blick auf die Landschaft zu geben, macht mir viel Spaß“, sagt der 58 Jahre alte Biologe und Geologe. „Weg vom Oberflächlichen und hin zu Fragen, wie: wieso wächst hier Wein und kein Wald?“ Sechs, sieben Kilometer sind die Wanderungen im Schnitt lang, „denn wir bleiben ja oft für Erklärungen stehen, manchmal gibt es auch eine Weinprobe“. Zweimal pro Monat ist der Engländer aus dem hessischen Groß-Gerau als Ranger unterwegs – schon seit 2004. „Ich bin immer noch begeistert dabei.“
Die Ausbildung zum Ranger dauert etwa sechs Monate
Die Ausbildung zum Ranger habe etwa ein halbes Jahr gedauert, immer an den Wochenenden. „Das war eine richtig gute und sehr umfassende Ausbildung. Wir haben viel gelernt über die Landschaft von richtigen Experten.“ Über den Umgang mit Kunden habe er auch viel erfahren. Die meisten Ranger haben ein natur- oder geowissenschaftliches Studium und werden vom Geo-Natupark nach Kriterien der Bundesarbeitsgemeinschaft Natur und Umwelt (BANU) ausgebildet. „Diese befähigt sie, in der gesamten Region zielgruppenspezifisch Führungen und umweltpädagogische Aktionen durchzuführen“, sagt die stellvertretende Geschäftsführerin des Geo-Naturparks, Jutta Weber, im südhessischen Lorsch.
Die vielfältigen Angebote für Kinder und Erwachsene haben die Ranger gemeinsam mit dem Geopark entwickelt. Sie bereiten in Werkstätten mit Sechs- bis Zehnjährigen auch Bärlauchpesto und Wildwiesensuppe zu oder folgen Tierspuren. Bei Führungen lernen Familien das Heidelberger Schloss aus geologischem Blickwinkel, ökologische Betriebe oder das Buntsandstein-Tafelland und das Naturschutzgebiet „Kühkopf-Knoblochsaue“ kennen. Geo-Ranger sammeln mit Familien Pilze und Wildkräuter und kochen daraus ein Menü. Bei Naturwanderungen geht es darum, wer aus Laub wie Humus macht.
Vom Büro in den Busch Warum eine Berlinerin ihre Karriere schmiss und nach Afrika zog
Im Grünen und auf dem Wasser 6 ausgefallene Ausflugstipps für das Rhein-Main-Gebiet
Kühe melken statt am Strand zu chillen Voll im Trend – zum Rackern in den Österreich-Urlaub
«Man muss sich für den Geopark begeistern
Von den 27 aktiven Rangern sind 20 Frauen und 7 Männer, wie Weber sagt. Sie seien etwa zwischen 30 und mehr als 60 Jahre alt und haben ganz unterschiedliche Berufe. Einige sind voll berufstätig, andere arbeiten freiberuflich – oder sind wie Schneider schon im Ruhestand. Wie viele Stunden sie als Ranger aktiv sind, sei daher unterschiedlich. Für einen zwei- bis dreinhalbstündigen umweltpädagogischen Einsatz gibt es 100 Euro plus Fahrtkosten, am Info-Stand 15 Euro pro Stunde. „Man muss sich schon für den Geopark und die Idee begeistern“, sagt Heise-Rabes.
Schneider hat schon vor 13 Jahren angefangen und pro Jahr etwa 30 bis 40 Einsätze, die meisten im Ferienprogramm in seinem Heimatland Baden-Württemberg und in Bayern. „Das hält fit und liegt mir.“ Da er Industrie-Desgin studiert und drei Jahrzehnte Lampen und Leuchten in einer Manufaktur entwickelt habe, bastle er besonders gerne. „Wir sehen uns als Vermittler zwischen der Natur, der Geschichte, dem geologischen Raum und dem Betrachter.“