25. Mai 2023, 19:14 Uhr | Lesezeit: 4 Minuten
Mitten im rauen Nordwesten von Kanada liegt eines der ungewöhnlichsten Naturwunder des Landes. Denn hier befindet sich, eingerahmt von Bergen, die Dünenlandschaft Carcross Desert. Oft wird sie auch als die kleinste Wüste der Welt bezeichnet. Das stimmt allerdings nicht so ganz.
Das Gebiet Yukon im Nordwesten Kanadas ist ein rauer, dünn besiedelter Ort, geprägt von Bergen und Gletschern. Aber es gibt dort auch ein einmaliges Naturphänomen, das man hier so nicht erwarten würde. Nämlich eine Dünenlandschaft namens Carcross Desert, benannt nach dem nächstliegenden Ort. Und es ist ein skurriler Superlativ, der mittlerweile dafür sorgt, dass das ganze Jahr über Touristen kommen. Denn die Carcross Desert wird in den Medien immer wieder als die kleinste Wüste der Welt bezeichnet.
Laut „BBC“ ist die Carcross Desert wirklich klein, auf einer Fläche von gerade einmal 2,5 Quadratkilometern misst sie an ihrer breitesten Stelle 600 Meter: eher ein riesiger Sandkasten als eine echte Wüste, könnten böse Zungen wohl behaupten. Und tatsächlich ist die Ansammlung von Dünen definitionsgemäß keine Wüste, jedenfalls nicht so wie zum Beispiel die Sahara. Denn dafür ist Carcross Desert zu „nass“ – soll heißen, es regnet hier zu viel, als dass der Ort geologisch als echte Wüste anzuerkennen wäre.
Keine „echte“ Wüste
Demnach fallen in als trockenen Wüsten definierten Gebieten jährlich nur bis zu 250 Millimeter Regen. Halb-trockene Wüsten dagegen, und zu denen gehört die Carcross Desert, empfangen pro Jahr bis zu 500 Millimeter Niederschlag. Das ist zwar immer noch sehr wenig, aber demnach wäre der Ort sozusagen nur eine Wüste „zweiter Klasse“. Die Lage des Ortes im Regenschatten der ihn umgebenden Berge sorgt allerdings dafür, dass es hier genau wie in der Wüste Gobi oder der Atacama fast keine Vegetation gibt.
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„Echte“ Wüste hin oder her: Wie entstand überhaupt dieser ziemlich ungewöhnliche Ort? Die Antwort darauf liegt ungefähr 10.000 Jahre zurück, am Ende der letzten Eiszeit. Damals zogen sich die mächtigen, kilometerdicken Gletscher, die das Yukon-Territorium bedeckten, langsam zurück. An ihre Stelle traten riesige Seen, doch irgendwann trockneten auch diese wieder aus. Das Sediment, das sich in der Zwischenzeit am Grund dieser Seen abgelagert hatte, wurde nun vom Wind fortgetragen. Im Fall der Carcross Desert passierte das so lange, bis sich an dem Ort die wüstenartige Dünenlandschaft gebildet hatte, die wir heute kennen.
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Paradies für die Natur und Erholungssuchende
Der meteorologischen Seite „Weather“ zufolge lag dort, wo sich heute die Carcross Desert erstreckt, einst ein See namens Watson Lake. Noch heute trägt der Watson River, der durch das Gebiet fließt, gewaltige Mengen Sand und Sediment in den nahen See Bennet Lake. Dieses wiederum wird von starken Winden an Land und damit in die (Halb)Wüste gedrückt, die dadurch immer noch wächst und stetig umgeformt wird. Und es ist genau dieses Naturwunder, das mittlerweile immer mehr Touristen anlockt.
Denn Carcross Desert ist heute auch ein beliebtes Naherholungsgebiet – für Einheimische wie Besucher. Die kommen im Sommer mit ihren Quads und Sandboards auf die Dünen, im Winter dann auch mit Schlitten, Ski und/oder Schneeschuhen. Und nicht nur für Menschen ist die „kleinste Wüste der Welt“ ein Paradies, sondern auch für die Natur.
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So leben in der Carcross Desert nicht nur wilde Schafe, Hirsche und Bergziegen, sondern auch seltene Insektenarten. Von denen sind vermutlich noch nicht einmal alle entdeckt. Pflanzen wie die Yukon-Lupine und die Baikal-Segge wachsen an den Rändern der Wüste und verhindern eine erhöhte Erosion der Dünen. Und auch auf dem Portal Tripadvisor zeigen sich die User beeindruckt von der „kleinsten Wüste der Welt“. „Ein schöner Ort. Was für eine wunderbare Landschaft“, schreibt einer. Ein zweiter fügt hinzu: „Ich habe noch nie etwas Vergleichbares gesehen.“ Ein dritter ergänzt: „Der Sand ist wunderbar weich, also zieh die Schuhe aus und genieß eine kleine Wanderung.“